KURIER-Interview mit dem Teamchef der Deutschen Nationalmannschaft der Köche, die am 11. Februar bei der KURIER-Gala der Köche antritt Ronny Pietzner, der Klinsmann der deutschen Köche

bayreuthVon Gert-Dieter MeierDiese Deutsche Nationalmannschaft ist ganz anders. Ihr Teamchef heißt nicht „Klinsi”, sondern Ronny Pietzner. Sie tragen ums Standbein keine kurzen Hosen, dafür ums Haupthaar eine große Mütze. Bei ihnen dauert die Partie nicht etwa nur 90 Minuten, sondern deutlich länger. Und es gibt keine Platzverweise. Dafür aber Leckereien am laufenden Bande. Am Samstag, 11. Februar, tritt die Deutsche Nationalmannschaft der Köche bei der KURIER-Gala der Köche und damit erstmals in Bayreuth an. Der KURIER sprach mit Teammanager Ronny Pietzner über die Aufgaben des kulinarischen Spitzentams.

 
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BAYREUTH   

Von Gert-Dieter Meier

Diese Deutsche Nationalmannschaft ist ganz anders. Ihr Teamchef heißt nicht „Klinsi”, sondern Ronny Pietzner. Sie tragen ums Standbein keine kurzen Hosen, dafür ums Haupthaar eine große Mütze. Bei ihnen dauert die Partie nicht etwa nur 90 Minuten, sondern deutlich länger. Und es gibt keine Platzverweise. Dafür aber Leckereien am laufenden Bande. Am Samstag, 11. Februar, tritt die Deutsche Nationalmannschaft der Köche bei der KURIER-Gala der Köche und damit erstmals in Bayreuth an. Der KURIER sprach mit Teammanager Ronny Pietzner über die Aufgaben des kulinarischen Spitzentams.

KURIER: Manch einer wusste bis dato wohl überhaupt nicht, dass es eine Deutsche Nationalmannschaft der Köche gibt. Was hat man sich denn darunter vorzustellen, Herr Pietzner?

Pietzner: Diese Nationalmannschaft gibt es schon seit bald 40 Jahren. Es ist eine Institution des Verbandes der Köche Deutschlands, dem Dachverband aller Köche. Wir sind in gewisser Hinsicht Vorreiter für die „weiße Gilde”, die Kochgilde. Was uns mit großem Stolz erfüllt. Das Nationalteam setzt sich aus etwa zehn Personen zusammen. Daneben gibt es einen Teammanager, einen Teamkapität und Spezialisten für die verschiedenen Positionen, etwa den süßen oder den salzigen Bereich. Das eigentliche Ziel dieser Mannschaft aber ist es, die Köchegilde im In- und Ausland zu vertreten.

KURIER: Und Sie sind sozusagen der Klinsmann der Köche?

Pietzner: Genau, ich bin Teamchef. Nur leider nicht ganz so gut honoriert wie mein großer Kollege. Bei uns nämlich geht alles ehrenamtlich. Alle, die bei diesem Projekt mitmachen, tun dies in ihrer Freizeit, im Urlaub, neben dem eigentlichen Job.

KURIER: Und was genau sind Ihre Aufgaben?

Pietzner: Ich muss dafür sorgen, dass die Mannschaft möglichst stark aufgestellt ist, gut trainiert, sich fit hält für die Herausforderungen im In- und Ausland.

KURIER: Ihr Team besteht aus Praktikern, also aus Leuten, die zu Hause auch am eigenen Herd stehen?

Pietzner: Ja, alles sind Praktiker. Die im täglichen Leben als Koch, Konditor oder Patissier arbeiten. Junge Praktiker unser Altersdurchschnitt liegt bei gerade mal 25 Jahren. Und damit nur geringfügig über der Altersgrenze für die Jugendnationalmannschaft, die bei 23 Jahren liegt. Worüber wir uns sehr freuen: Wir haben einen amtierenden Olympiasieger aus dem Bereich Patisserie/Konditorei in unseren Reihen, einen Berufsweltmeister.

KURIER: Nun weiß man im Fußball, dass ein Spiel in der Regel 90 Minuten dauert. Wie lange dauern denn Ihre Partien? Wie sehen die Einsätze Ihres Teams aus?

Pietzner: Zunächst einmal laufen wir nicht um die Kochtöpfe, um warm zu werden. Wir haben ein Ausstellungssegment „kalte Küche”. Das heißt: Wir stellen bei verschiedenen Anlässen ein Büfett zur Show. Diese Büfetts stehen meist unter einem speziellen Thema und dazu gehört auch die entsprechende Dekoration. Das Motto ist: „Warm gedacht, kalt ausgestellt.” Will heißen: Essen wird dort chemisiert, mit Gelantine überzogen und ausgestellt. Das kann von Fingerfood bis zum Fünf-Gänge-Menü reichen. Sinn und Zeck soll es sein, Köchen aber auch der Industrie zu zeigen, wie man Speisen heute aufbereitet und wohin gastronomische Trends gehen. Diese ausgestellten Produkte werden dann von einer Jury bewertet. Neben dieser „Kür” gibt es auch noch die Pflicht: Dabei gilt es, für bis zu 120 Personen innerhalb von vier Stunden ein Drei-Gang-Menü auf höchstem Niveau zuzubereiten. Da bewegen wir uns durchaus auf Sterne-Niveau. Vier Stunden mit fünf Mann in der Küche das ist schon ein enormer Leistungsdruck für das Team.

KURIER: Sie treten ja auch bei internationalen Wettbewerben an. Wo steht denn die Nationalmannschaft heute? Pietzner: Wir hatten Anfang des Jahres ein Weltcup-Kochen in Glasgow damals haben wir drei Mal Gold und ein mal Silber geholt. Bei der WM der Köche vor ein paar Wochen in Basel sind wir Vizeweltmeister in der „warmen Küche” geworden. Insgesamt ist unser Team unter den zehn besten Mannschaften der Welt auf Platz fünf gelandet. Nächstes Jahr im April treten wir in Singapur an. Bevor dann, im November, die WM 2006 in Luxemburg über die Bühne geht mit 30 Nationen am Start.

KURIER: War Deutschland schon mal Weltmeister? Pietzner: Ja, vor einigen Jahren ist das mal gelungen. Die beste Platzierung unserer Mannschaft, die ja erst seit gut sechs Monaten in der jetzigen Formation zusammen ist, war der zweite Platz in Basel. Das ist angesichts des hohen Abstimmungsbedarfs der einzelnen Kollegen eine sehr gute Leistung.

KURIER: Gibt es für Sie auch Trainingslager? Wie bereiten sich vor?

Pietzner: Wir haben ein bis zwei Trainingseinheiten pro Monat. Und touren dafür kreuz und quer durch die deutschen Lande. Sehr oft werden daraus auch öffentliche Termine.

KURIER: Kommen wir doch mal zur KURIER-Gala der Köche. Da sind Sie und das Team ja erstmals präsent. Für Sie eine ideale Vorbereitung?

Pietzner: Wir werden den Aufenthalt in Bayreuth auch für Trainingseinheiten nutzen. Und auch in den Austausch mit den Kollegen treten. Das Dessertbüfett, das wir in Bayreuth zubereiten wollen, wird aber nicht „Trainingseinheit” sein. Sondern das ist Ernstfall. Wir wollen die Gala vielmehr nutzen, um uns in Bayreuth zu präsentieren. Wollen werben für den Verband der Köche Deutschlands. Und zeigen, was für ein toller Beruf das ist. Anders gesagt: Für uns ist es auch ein stückweit Öffentlichkeitsarbeit. Wir sind eine Nationalmannschaft zum Anfassen. Wir wollen mit Leuten reden und vor allem auch mit den Kollegen fachsimpeln. Wir werden auch den Verein der Köche Bayreuths mit seinem Vorsitzenden Bernd Kordina einbeziehen, gemeinsam das Büfett zubereiten. Und darauf freuen wir uns.

KURIER: Die Voraussetzungen für Köche haben sich ja grundlegend verändert. In vielen Küchen wird ja heute längst „Convenience Food” zubereitet will heißen: Es kommen nicht mehr nur frische Produkte auf den Tisch, sondern häufig auch Fertigware. Wie stehen Sie dazu?

Pietzner: Wir sind in einer Umbruchzeit in der Gastronomie genauso wie in der Politik. Viele beäugen den Umstand, dass Köche verstärkt auf den „Industriefaktor” und Convenience-Produkte setzen, sehr kritisch. Wir sind ein Nationalteam. Und wir sind uns des Glückes bewusst, alles frisch kochen zu dürfen. Wir wissen aber auch dass es heute nicht mehr in allen Teilen der Gastronomie möglich ist, alles frisch zu kochen. Auch aus Kostengründen. Ich sehe es als unsere Aufgabe an, dass wir uns mit allen Themen auseinander setzen.

 KURIER: Ist Koch noch ein Traumberuf? Ist es noch begehrenswert, dieses Metier zu erlernen?

Pietzner: Ich halte es für wichtig, dass die junge Menschen Spaß an dem Beruf haben, den sie erlernen wollen. Und Ziele entwickeln, die sie ansteuern wollen. Der Beruf des Kochs bietet vor allem viele Perspektiven. Man kann ins Ausland gehen, sich in vielen Bereichen der Gastronomie versuchen, hat sehr gute Aufstiegsmöglichkeiten. Und kann auch schon in jungen Jahren in eine Führungsposition kommen. Ja, Koch kann ein Traumberuf sein. Muss es aber nicht.

KURIER: Es ist auf der anderen Seite kein ganz einfacher Job. Schließlich muss man häufig viele Stunden lang richtig ranklotzen. Ohne Leidenschaft und Einsatzbereitschaft kommt man da wohl nicht sonderlich weit?

Pietzner: Leidenschaft muss man mitbringen, ja. Und sich mit der Gastronomie beschäftigen. Auf der anderen Seite sollten aber auch die Ausbildungsbetriebe alles daran setzen, den Lehrlingen den Beruf so schmackhaft wie möglich zu machen. Diese Bereitschaft, das muss man offen sagen, ist nicht in allen Ausbildungsbetrieben besonders stark ausgeprägt.

KURIER: Das war ein Appell an die Ausbildungsbetriebe: Fordert euren Nachwuchs aber fördert ihn auch! Und der Appell an die Auszubildenden?

Pietzner: Sie sollten egal, in welchem Bereich sie eingesetzt sind unbedingt über den Tellerrand hinausschauen; sich fortbilden und kreativ sein. Nach der eigentlichen Lehre geht's ja erst richtig los. Weil man dann die Chance hat, herumzureisen, sich und viele Sparten auszuprobieren. Bei einem Koch ist ja auch üblich, häufig die Restaurants zu wechseln. Im Sinne der eigenen Horizonterweiterung.

KURIER: Das Bild des Kochs in der Öffentlichkeit hat sich ziemlich gewandelt. Früher waren das die gestrengen, Ehrfurcht einflößenden Chefs à la Bocuse. Heute kommt auch schon mal ein Tim Mälzer oder ein Jamie Oliver daher, die zumindest via TV ein ganz anderes Koch-Bild vermitteln. Beo\-bachten Sie das mit Freude oder eher mit Sorge?

Pietzner: Das ist natürlich Show und zugeschnitten allein auf den Endverbraucher. Das, was die Jungs machen, ist sicherlich toll und findet fast jeder gut. Auf der anderen Seite entspricht dieses Bild, was da über das Fernsehen kommt, nicht wirklich dem Bild des Kochberufs. Ich jedenfalls kenne kaum einen Koch, der in Jeans herumläuft und ohne Kochjacke. Unterm Strich aber ist dieser Kochboom für unseren Berufsstand sicher förderlich.

KURIER: Wie finanziert sich die Nationalmannschaft der Köche?

Pietzner: Wir sind in hohem Maße auf Sponsoren angewiesen Sponsoren aus der Gastronomie und Industrie. Und natürlich unterstützt uns auch der Verband.

KURIER: Welchen Führungsstil pflegen Sie als Teamchef? Sind Sie eher der gestrenge Typ oder vielleicht der kooperative?

Pietzner: Das ist bei Klinsmann nicht anders als bei mir: Wenn alles geklappt hat, kriegt er Ruhm und Ehre. Wenn nicht, ist er der Buhmann. Welchen Führungsstil ich pflege? Das können natürlich die Jungs am besten beurteilen. Allerdings: Wenn es um Wettbewerbe geht, dann geht es durchaus streng zu. Zwar arbeiten wir alle ehrenamtlich, aber letztendlich sind wir die Deutsche Nationalmannschaft. Und haben somit Vorbildfunktion für junge Köche. Deshalb sind Disziplin, Ordnung, Sauberkeit sehr wichtige Kriterien für unsere Arbeit. Auf der anderen Seite muss die Arbeit auch Spaß machen. Der hört allerdings dann auf, wenn es um die Fragen geht, die einen Wettbewerb entscheiden können Geschmack, Anrichten, Planung. Wenn es die Situation erfordert, wechsle ich natürlich die Rolle vom Chef zum Kollegen. Lege schon mal eine Roulade auf oder richte ein Törtchen an. Ich weiß ja, worum es da geht schließlich habe ich selber vier Jahre in der Mannschaft gekocht.

KURIER: Nun setzen Sie als Teamchef auch noch in einem ganz anderen Bereich Zeichen. Indem Sie Ihren guten Namen für eine Porzellanlinie hergeben. Die heißt „ConFinesse” und wurde in Zusammenarbeit mit dem in Himmelkron ansässigen Gastronomiefachhandelsunternehmen Zieher entwickelt. Neuland für Sie?

Pietzner: Völliges Neuland, ja! Wir haben zunächst mit der Firma Zieher den Markt analysiert. Trends ausfindig gemacht, Lücken entdeckt. Wobei eines für uns immer im Vordergrund stand: Wir wollten eine sehr sachliche Form mit klaren Linien kreieren. Die vor allem eines bewirken soll: Dass die Produkte darauf möglichst gut zur Geltung kommen. Wobei diese Entwicklungsarbeit durchaus hart war. Einen Tag lang wurde nur gezeichnet, dann ausgiebig gefeilt. Bis das Konzept stand. Es hat letztlich fast ein Jahr gedauert von der Idee bis zur konkreten Umsetzung. Und jetzt stehen die Teller und Tassen in den Vitrinen. Ein schönes Gefühl…

Mehr über den Verband der Köche Deutschlands e.V. im Internet unter www.vkd.com.

Die KURIER-Gala der Köche am 11. Februar in der Stadthalle ist ausverkauft. Der Reinerlös der Gala kommt den Projekten „Kinderhaus Bayreuth” und „Skulpturenmeile Bayreuth” zugute.

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