„Massive Defizite“ bei Betrieb des Flugplatzes Stadt hält brisantes Gutachten unter Verschluss

Peter Engelbrecht
 Foto: red

BAYREUTH. Ein brisantes Gutachten über den Flugplatz Bayreuth liegt seit November 2007 in den Rathaus-Schubladen, wird offenbar unter Verschluss gehalten. „Massive Defizite“ in Sachen Betriebswirtschaft lautet der Kernsatz des Dokuments. Das Flugplatz-Management der Stadt wird heftig kritisiert.

 
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Oberbürgermeister Dr. Michael Hohl persönlich hatte am 12. Juni 2007 die CDM Consult GmbH in Nürnberg beauftragt, ein Gutachten zur künftigen Betriebs- und Betreiberstruktur des Verkehrslandesplatzes Bayreuth zu erstellen. Das 31-Seiten-Dokument liegt dem Kurier vor. Es trägt die Projektnummer 58 182 und wurde am 22. November 2007 von CDM fertiggestellt und dann ans Rathaus geschickt. Wie aus Kreisen des Stadtrates zu hören ist, wurde das Statement bislang im Gremium weder vorgestellt noch diskutiert. Ob es die Fraktionsvorsitzenden bekamen, ist unklar. Das Gutachten soll eine fünfstellige Summe gekostet haben, die Rede ist von angeblich 20 000 Euro.Hier die wichtigsten Kernaussagen des Papiers: Demnach stellt die Stadt erhebliche Zuschüsse pro Jahr für den Flughafen ein, die angesichts der prognostizierten zukünftigen Entwicklung „in dieser Größenordnung nicht mehr mehr vertretbar erscheinen“. Bayreuth sei bundesweit der einzige Flugplatz dieser Größenordnung, bei dem die Betreiberschaft durch einen kommunalen Regiebetrieb wahrgenommen werde.Auch Rödl & Partner hatte in seinem Gutachten vom Juni 2010 vorgeschlagen, die Kosten zu reduzieren. Die Verkehrsbewegungen seien in den vergangenen zehn Jahren um 29 Prozent gesunken. Rund die Hälfte der Fläche des Flugplatzes werde durch die Luftsportgemeinschaft Bayreuth für den Segelflug genutzt. Die LSG erbringe bisher weder Leistungen für die Pflege und den Betrieb des Flugplatzes noch zahle sie eine Landegebühr, rügte Rödl & Partner. Die Stadt sollte deshalb das entsprechende Areal an die LSG verpachten.CDM Consult schlägt in die gleiche Kerbe. Der Verkehrslandeplatz werde vom Sport- und Privatflugverkehr dominiert, „der nur zu einem äußerst geringen Teil kommunale Infrastrukturaufgaben für einen wirtschaftsbasierten Geschäfts- und Werksreiseverkehr wahrnimmt“, heißt es. Das Defizit wird auf jährlich mehr als 300 000 Euro beziffert.Sieben VollzeitstellenKritisiert wird auch ein hoher Personalbestand. 2007 waren auf dem Flugplatz fünf unbefristete Vollzeitstellen eingerichtet, die von der Stadt bezahlt wurden. Hinzu kamen zwei Vollzeitstellen für Flugleiter, für die der Freistaat Bayern aufkam. An dieser Situation soll sich bis heute nichts geändert haben. Zum Vergleich: Sieben Vollzeitstellen in Bayreuth stehen zwei auf dem Flugplatz Coburg gegenüber, obwohl Coburg mehr Flugbewegungen mit einem deutlich höheren Motorfluganteil verzeichnet. Würde nun eine Bewirtschaftungsvereinbarung mit der Luftsportgemeinschaft geschlossen, könnte sich die Zahl der von der Stadt bezahlten Vollzeitstellen auf zwei reduzieren, schreiben die Gutachter.„Das maßgebliche Problem“ am Flugplatz stelle die Situation mit der Luftsportgemeinschaft und dem extrem hohen Anteil des Segelflugverkehrs dar. Die Luftsportgemeinschaft sei seit den 70er Jahren „per Handschlag und Gewohnheit“ von Landegebühren befreit, so dass der Stadt ein großer Anteil an Gebühren verloren gehe. Darüber hinaus seien Segelflüge in der Gebührenordnung gar nicht erfasst. Diese sei seit dem Jahr 2000 nicht mehr angepasst worden, so dass die Gebühren – Stand Ende 2007 – noch in DM angegeben seien.Auf anderen Flugplätzen sei es gängige Praxis, dass die Luftsportgemeinschaften für die Gebührenbefreiung ehrenamtlich die Plätze und Grünanlagen pflegten sowie die Flugleitung und Abfertigung übernehmen. Doch in Bayreuth erbringe die LSG „seit Jahren nahezu keine ehrenamtlichen Tätigkeiten für den Flugplatz als Ausgleich für die Gebührenbefreiung.“ Die Berater empfehlen umgehend den Erlass einer neuen Gebührenordnung sowie den Abschluss einer regulären Vereinbarung zwischen der Luftsportgemeinschaft und der Stadt.Der städtische Pressesprecher Joachim Oppold bestätigte gestern Nachmittag die Existenz des Papiers. Einige Dinge, die darin angesprochen wurden, etwa eine neue Gebührensatzung und eine Personalreduzierung, seien „in Arbeit“, auch würden Gespräche mit der Luftsportgemeinschaft geführt. Über die Kosten des Gutachtens konnte Oppold keine Angaben machen.

Foto: Lammel/Archiv

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