Bayreuth Sitzen wie im Flugzeug

Von
Ihre Taschen aus ausrangierten Rettungswesten sind überregional bekannt, jetzt will Kerstin Rank auch aufgemöbelte Flugzeugsitze an den Kunden bringen. Die stabile Fußschiene wurde bei der Bayreuther Fraunhofer-Projektgruppe Regenerative Produktion entwickelt. Foto: Eric Waha Quelle: Unbekannt

Die Ideen scheinen Kerstin Rank nicht auszugehen. Ihre Taschen und Accessoires, die aus ausrangierten Flugzeug-Rettungswesten, Fallschirmseide oder dem Leder von Flugzeugsitzen gefertigt werden, sind mittlerweile überregional bekannt. Jetzt will die Bayreuther Unternehmerin auch noch aufgearbeitete Flugzeugsitze vertreiben und hat dafür mit den Produktionsspezialisten von Fraunhofer zusammengearbeitet.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Von Stefan Schreibelmayer

Bag to Life heißt die Marke, unter der Rank und ihr Geschäftsführer-Kollege Thomas Gardeia ihre Kollektion mit hochwertigen Upcycling-Artikeln vertreiben. Ein Konzept, für das es unter anderem im vergangenen Jahr den renommierten German Brand Award gab.

Vertrieben werden die Produkte aus Bayreuth über die Vielflieger-Bonusprogramme von Lufthansa und Swiss, Design-Fachhändler haben sie ebenso im Programm wie viele Shops an Flughäfen und in Innenstädten. Und schließlich gibt es noch den eigenen sowie andere Onlineshops.

Neue Marke

Nicht zuletzt ist das vor zehn Jahren gegründete Unternehmen namens Ehrensache Lizenz-Partner der Lufthansa und stellt für den Konzern eine Kollektion her, auf der auch der Kranich der Fluggesellschaft prangt und die sich vor allem an Businessreisende und Vielflieger richtet.

Dieses Geschäft läuft gut, das Ziel von rund 40.000 verkauften Teilen im vergangenen Jahr wurde erreicht – und das Wachstum soll weitergehen. Unter anderem mit der neuen Marke Aviation Originals, unter der jetzt die aufgearbeiteten Flugzeugsitze vertrieben werden.

Das Interesse haben Rank und Gardeia erstmals im April bei der Luftfahrtmesse Aero in Friedrichshafen getestet – und wurden positiv überrascht, weil auch große Händler gleich auf das Produkt ansprangen.

Was wohl auch daran liegt, dass Rank und Gardeia vorab den Markt sondiert und gemerkt haben, „dass dieses Feld noch nicht belegt ist. Wir wollen ja niemanden kopieren.“ Dabei denken die beiden nicht nur an luftfahrtinteressierte Kunden, die auf solchen Messen vor allem unterwegs sind: „Es gibt viele Firmen, die an besonderem Design interessiert sind. Warum soll sich eine coole Arzt- oder Rechtsanwaltspraxis nicht eine Sitzecke so einrichten?“

Rund 2000 Euro

Ab Oktober sollen die ersten Sitze für Preise um 2000 Euro ausgeliefert werden, vor allem die Bezüge können nach Kundenwünschen individuell gestaltet werden. Genäht werden diese in demselben Familienunternehmen in Bosnien, mit dem die Bayreuther auch bei der Bag-to-Life-Kollektion schon seit Jahren zusammenarbeiten.

Ansonsten aber wenden sie sich gerne an Dienstleister aus der Region. Die Musternäherin kommt als freie Mitarbeiterin aus dem Landkreis Hof, um die Aufbereitung der Flugzeugsitze kümmert sich ein befreundeter Handwerker und die Lederkollektion wird bei der Firma LC in Altenplos gefertigt.

Und dann ist da ja noch die Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Projektgruppe Regenerative Produktion in Bayreuth. „Die haben uns eine Schiene aus Aluminium extra konstruiert, die für die Standsicherheit der Sitze sorgt und sich auch mit empfindlichen Böden wie Parkett verträgt“, sagt Rank. So wie sie geliefert werden, würden die Sitze nämlich umkippen.

Diplom-Ingenieur Leonhard Finsterwald, der das Projekt bei Fraunhofer zusammen mit einer Kollegin betreute, spricht zwar von einem „kleinen Industrieauftrag“, der aber habe „viel Spaß gemacht. Weil er vom Thema her mal aus einer ganz anderen Ecke kam, war es richtig spannend. Mit designorientierten Aufträgen haben wir nicht ganz so oft zu tun.“

Innovationsgutschein

Dafür passe das Thema Upcycling perfekt. Gut vier Monate habe man immer wieder Kontakt mit Rank gehabt, bis alle Wünsche und Vorstellungen erfüllt waren. Bei Kunden wie Ehrensache ersetze die Fraunhofer-Projektgruppe quasi die in kleinen Unternehmen naturgemäß nicht vorhandene Entwicklungsabteilung.

Zumindest ein Teil der Kosten wurde über einen Innovationsgutschein der Förderinitiative Bayern Innovativ und der Industrie- und Handelskammer abgedeckt. Für die Produktion der Schiene laufen gerade Verhandlungen – mit Metallbearbeitungsunternehmen aus der Region.

Autor

Bilder