Musical „Sissi“ in der Bayreuther Stadthalle: Kitsch, schlichte Reime und Pappmaché-Rehe Bonbonsüße Kaiserjahre - Musical "Sissi" in der Stadthalle

Cathrin Mund

BAYREUTH. Die Filmtrilogie um Sissi ist Kult. Sogar in China: Millionen Chinesen kennen die österreichischen Historienfilme mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm in der Rolle des Kaiserpaares Sissi und Franz Joseph. In der Bayreuther Stadthalle gab es nun das Musical „Sissi“ zu sehen.

 
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Mit einer Handlung, die wenig Überraschendes bieten kann: Die Wittelsbacher-Prinzessin Elisabeth, genannt „Sissi“ – eigentlich „Sisi“ –, ist zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Helene von Possenhofen nach Ischgl unterwegs. Dort soll Helene Kaiser Franz Joseph treffen und heiraten. Sissi hat keine Ahnung von der Abmachung und begegnet dem jungen Kaiser zufällig beim Spaziergang ...

Romy bleibt die wahre Sissi

In Ischgl setzt die Handlung des Musicals ein. Es erzählt vom Leben der jungen Kaiserin Elisabeth (Karolina Pasierbska) am Wiener Hof. Sie ist geplagt von Heimweh nach „ihrem schönen Bayern“ und kämpft ständig mit der dominanten Schwiegermutter Sophie. Große Gefühle – doch über den Abnabelungsprozess der bayerischen Prinzessin entwickelt sich das Stück kaum hinaus.

Das Kaiserpaar lässt keinen Zweifel an der großen Liebe. Die Duette von Karolina Pasierbska und Martin Sommerlatte als Franz Joseph entwickeln sich zu Hymnen an die Allmacht der Gefühle. Der Gefühlsrausch tröstet aber nicht über die schlichten Paarreime hinweg: „Ich habe Heimweh nach dem Starnberger See, wenn ich ihn nicht seh, dann tut mir mein Herz so weh.“ Ein wenig nervt auch das musikalische Einerlei aus Wiener Opernball und Operettenstück, das nur selten durch Stücke wie den Ungarischen Tanz von Johannes Brahms oder den Donauwalzer von Johann Strauss aufgebrochen wird.

Die Charaktere überzeichnen in Mimik und Gestik. Erzherzogin Sophie (Edith Leyrer) wird so eher zu einer Parodie des Schwiegermutterdrachens. Der Versuch von Martin Sommerlatte und Karolina Pasierbska, sich der charakteristischen Sprache von Romy Schneider und Karlheinz Böhm anzunähern, scheitert. Mitgefühl für Sissis Schicksal mag nicht so richtig aufkommen.

Kaum synchroner Gesang vom Band

Auch stimmlich bleiben Wünsche offen. Die Stimmen des Chores wirken dumpf und verschwinden im Klang des Orchesters. Zudem kommen sie vom Band, wie man an den kaum synchronisierten Mundbewegungen der Sänger-Darsteller erkennt. Karolina Pasierbska kann sich in den Duetten schwerlich gegen Martin Sommerlatte durchsetzen. Es wurde augenscheinlich mehr Wert auf das Aussehen der Hauptdarstellerin gelegt, die Romy Schneider wie aus dem Gesicht geschnitten ist, als auf ihre Stimme.

Die Szenerie ist an die bekannten Filmbilder angelehnt. Franz Josephs Schreibtisch findet sich genauso wie die Waldszenen, in denen Sissi ihrem Vater ihre Zweifel über die Hochzeit anvertraut. Gefüllt werden die Bilder durch Requisiten wie das Pappmaché-Rehlein, das Sissi und ihre Schwester Helene eifrig streicheln. Beim Stück „I hab di von Herzen gern“ driften Darsteller und Kulisse endgültig in Neuschwanstein-Romantik und Kuckucksuhrenkitsch ab. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass das Musical im Auftrag eines chinesischen Musikkonzerns geschrieben wurde. Vor allem in Shanghai und Peking war es erfolgreich.

Kopien sind selten so gut wie das Original. Mit der Filmtrilogie wurde das Leben der jungen Kaiserin Elisabeth allerdings nahezu unschlagbar inszeniert. Und Romy Schneider war und bleibt die wahre Sissi.