Beim „Tannhäuser“ sitzen 50 Besucher mittendrin

Gert-Dieter Meier
 Foto: red

BAYREUTH. Zum ersten Mal in der Geschichte der Bayreuther Festspiele können bei den insgesamt sechs Aufführungen der „Tannhäuser“-Neuinszenierung von Sebastian Baumgarten, die auch die 100. Bayreuther Festspiele am 25. Juli eröffnet, jeweils 50 Zuschauer auf der Bühne Platz nehmen und die ganze Aufführung aus ungewohntem Blickwinkel erleben.

 
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Nein, die ausgewählten Zuschauer müssen nicht in die Maske, brauchen keine Kunststückchen machen und sich auch nicht besonders kleiden. Sie sollen einfach sein, was sie ohnehin sind: Zuschauer. Allein ihr Standort ist besonders, ja: aufregend. Denn nie zuvor war es möglich, aus nächster Nähe Sänger zu erleben – und dadurch Teil des Bühnengeschehens zu sein. Der Regisseur: „Diese Leute werden eine ganz andere Aufführung erleben – ohne Zentralperspektive, ohne Videos. Aber es wird ein Erlebnis werden.“

Keine Autogrammfragen während der Aufführung

Warum Baumgarten das will? Der Regisseur und Bühnenbildner Einar Schleef (1944–2001), den Baumgarten als „einzigen legitimen Nachfolger Richard Wagners“ gesehen hätte, wäre er nicht so früh gestorben, hat ihn dazu motiviert. Schleef habe immer wieder davon gesprochen, dass man die starre Längsachse zwischen Publikum und Bühne in ihrer Intensität aufbrechen müsse. Um die Distanz abzubauen zwischen Spielern und Sehern, um ein neues Spannungsfeld aufzubauen. Schleef habe zu diesem Zweck gerne einen Steg gebaut. Von der Bühne in den Zuschauerraum. Das hätte auch Baumgarten am liebsten getan – der Plan scheiterte freilich aus den verschiedensten bautechnischen Gründen. Dann ging er eben den anderen Weg: Er holt Publikum auf die Bühne. Es wird rechts und links der Bühne sitzen. Baumgarten zum Kurier: „Ich finde das toll, dass wir das hier in Bayreuth machen können.“ Obwohl allein für diese kleine Regieidee zahlreiche (versicherungstechnische) Fragen zu klären waren. Besondere Verhaltensregeln? „Natürlich sollten die Leute nicht während der Aufführung aufstehen und einen Sänger nach einem Autogramm fragen“, witzelt Baumgarten.

Karten für Bühnenplätze kostenlos

Die gute Nachricht: Die Karten für die exklusiven Bühnenplätze sind kostenlos; die schlechte: die Chancen, eine davon zu ergattern, sind vergleichsweise gering – es sei denn, man gehört dem „Team der aktiven Festspielförderer“ (Taff) an. Die Bayreuth-Mäzene sind’s, die diese Karten exklusiv vergeben. Der Taff-Vorsitzende Peter Maisel sagte auf Kurier-Nachfrage, dass man „inzwischen schon mehr Anfragen als Karten“ für diese besondere Premiere habe: „Diese Aktion kommt bei unseren Mitgliedern erwartungsgemäß sehr gut an.“ Gleichwohl nimmt Taff noch weitere Bewerbungen an. Am Ende wird wohl gelost. Maisel: „Wir sind Herrn Baumgarten und der Festspielleitung dankbar für dieses Projekt, das wir natürlich gerne unterstützen. Genau das ist es, was wir den Taff-Mitgliedern bieten wollen: besondere Einblicke.“

Foto: Kolb