Bauern in Oberfranken abhängig vom Weltagrarhandel Getreidepreis ein Börsenspiel

Von Elmar Schatz
Von links: der oberfränkische Bauernpräsident Hermann Greif, Landwirtschaftsdirektor Wilhelm Böhmer und Hans Engelbrecht, stellvertretender BBV-Kreisobmann, auf einem Getreidefeld von Engelbrecht in Lankendorf. Foto: red Foto: red

Getreide wird längst an der Börse gehandelt, die Bauern aber können mit den Preisen, die dabei herauskommen, nicht leben. Das wurde beim Erntepressegespräch des Bauernverbandes am Mittwoch auf dem Hof von Hans Engelbrecht in Lankendorf (Kreis Bayreuth) beklagt. Und eine weitere Sorge quält die Landwirte.

 
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Starkregen und Bodenerosion seien auch in Oberfranken ein immer drängenderes Problem, sagt Engelbrecht.

Der stellvertretende Bayreuther Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) hat den oberfränkischen Bauernpräsidenten Hermann Greif und Landwirtschaftsdirektor Wilhelm Böhmer zu Gast.

"Gegen die Urgewalt der Natur ist kein Kraut gewachsen", auch wenn Oberfranken nicht so schlimm getroffen wurde wie die Gegend um Simbach am Inn, sagt Greif.

Unbeständige Witterung und schlechte Preise, beklagen die Landwirte in diesem Sommer. "Nach dem sehr schwierigen vergangenen Jahr mit viel Trockenheit, ist in diesem Jahr ein leichter Schimmer der Besserung festzustellen, nicht aber die große Befreiung", sagt Greif. 

Kümmer-Korn bei Mais - Weizen mit Pilzbefall

Die Getreidepreise sind nach seinen Worten buchstäblich am Boden - und die Ernteaussichten nicht mehr so toll, wie sie sich noch im Frühjahr abgezeichnet hätten. Engelbrecht erklärt: "Im Boden hält sich viel Staunässe, der Mais hat ein flacheres Korn und beim Weizen droht (die Pilzkrankheit) Spelzenbräune. Dabei hat es wirklich gut ausgeschaut im Frühjahr."

Engelbrecht geht von einer durchschnittlichen oder eher leicht unterdurchschnittlichen Ernte in Oberfranken aus.

Gegenwärtig wird noch Wintergerste geerntet, eine typische Futterfrucht. Innerhalb Oberfrankens bestehen Vegetations-Unterschiede von zweieinhalb Wochen; während die Wintergerste im Westen bereits eingebracht ist, wird in der Region Hof/Wunsiedel noch gedroschen.

Oberfranken - das Land der Braugerste

Bei der Qualitäts-Braugerste, laut Greif die "Königin der Getreidefrüchte", ist Oberfranken in Bayern führend - mit 28 000 Hektar Anbaufläche (bayernweit rund 90 000 Hektar). Um zehn Prozent ist die Anbaufläche zurückgegangen.

Engelbrecht kann seinen Zorn auf die Mälzer kaum zügeln, die in Frankreich billige, braufähige Gerste einkauften und damit den Preis drückten, "bei uns aber den Anspruch höchster Qualität erheben". Kein Wunder, dass der Braugerstenanbau hier zurückgeht, sagt auch Greif.

Und Engelbrecht sagt grimmig: "Unsere Bauern sollten mal ein Jahr überhaupt keine Braugerste anbauen, dann sollen die Mälzer sehen, ob sie unsere Qualität brauchen." Bei nur 800 Euro Ertrag je Hektar zahle der Landwirt drauf, angesichts von Pachtpreisen und Maschinenkosten, die diesen Betrag überstiegen.

"Jetzt brauchen wir ein gescheites Erntewetter"

Weizen, Mais und Braugerste sind in Oberfranken die drei wichtigsten Getreidefrüchte, erläutert Greif. Er beklagt ebenfalls: "Wir haben heuer ein feuchtes Jahr." Doch der Grünfutter-Schnitt sei sehr gut gewesen; "die Silos sind voll", aber "jetzt brauchen wir ein gescheites, beständiges Erntewetter".

Eine Schönwetterperiode von ein oder zwei Wochen wünschten sich die Badegäste, der Bauer aber brauche sie dringend. Denn bei Roggen oder dem Futtergetreide Triticale drohe Auswuchs, wenn die Feuchtigkeit anhält.

"Braugerste und Mais passen prima in Oberfranken", sagt Greif, "wir haben nicht die Böden für hundert Doppelzentner Weizen pro Hektar wie in Niederbayern." Der Mais stehe dieses Jahr sehr unterschiedlich; "von grottenschlecht bis normal ist alles dabei". Der Maisanbau sei stabil und werde momentan nicht mehr ausgeweitet, weil keine neuen Biogasanlagen mehr gebaut werden, erklärt Böhmer.

"Raps spielt bei uns nach wie vor eine große Rolle", erklärt Greif. 40 Prozent der Frucht bestehen aus hochwertigem Öl, der Rest, der Rapskuchen, wertvolle eiweißreiche Nahrung für Kühe, werde heute besser verwertet als das Öl, sagt Greif.

Der Raps hängt am Ölpreis

"Massenfrüchte wie Raps hängen am Ölpreis", erklärt er. "Es ist nicht so, dass sich der Bauer freut, wenn er den Liter Diesel für nur einen Euro tanken kann; denn auch er leidet, weil er für seine Produkt weniger bekommt."

Der Weltmarkt macht den Landwirten nicht nur wegen der schwankenden Energiepreise Kummer, sie sind selber auf offene Märkte angewiesen. So seien die Folgen des Brexit für die deutschen Bauern noch gar nicht abzusehen, sagt Greif: "Von uns gehen Agrargüter für fünf Milliarden Euro nach Großbritannien, von dort kommen nur Güter für 2,5 Milliarden Euro zu uns."

Greif erklärt weiter: Das Russlandgeschäft, das sich vor allem mit dem Verkauf von Joghurt, Käse und Schweinefleisch sehr gut angelassen hatte, ist blockiert. Kremlchef Wladimir Putin hat das Embargo gegen Lebensmittel aus der EU um ein halbes Jahr verlängert. Das koste die deutschen Bauern Milliarden. "Polen drückt Obst, das es nicht mehr nach Russland verkaufen kann, in unseren Markt.

Die Ölförderländer der OPEC haben weniger Geld und halten sich beim Kauf teurer Nahrungsmittel zurück. "Und ein neues Problem ist die Türkei, in die vergangenes Jahr noch 2000 Rinder exportiert wurden - alles gestoppt", sagt Greif.

Früher war alles schöner, Greif erklärt: "Da sind die Bauern am Sonntagmorgen in die Kirche und anschließend zum Frühschoppen ins Wirtshaus gegangen. Heute müsse sie nach Hause gehen und sich vor den Computer setzen, weil die Bürokratie immer umfangreicher wird."

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