BAT: Reaktionen aus Politik und Wirtschaft

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Einem Zeitungsbericht zufolge will der BAT-Aufsichtsrat am Mittwoch eine fast vollständige Schließung des Werkes in Bayreuth beschließen. Wir haben Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft um Einschätzungen gebeten.

 
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Einem Bericht der "Welt" zufolge will der BAT-Aufsichtsrat am Mittwoch beschließen, die Zigarettenherstellung aus Bayreuth nach Osteuropa zu verlegen. Die Information wird offiziell nicht bestätigt, gilt aber als zutreffend. Der Nordbayerische Kurier hat Entscheidungsträger aus Wirtschaft und Politik um erste Stellungnahmen gebeten.

Joachim Oppold, Pressesprecher der Stadt Bayreuth:

„Der Stadt liegen aktuell keine offiziellen Informationen zur Zukunft des BAT-Standorts in Bayreuth vor. Nach unserer Kenntnis tagt der Aufsichtsrat in dieser Woche in Hamburg. Die Stadt wird sich daher zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht zu möglichen Abbauplänen äußern oder an Spekulationen beteiligen.

Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe hat in den vergangenen Monaten gemeinsam mit den Bayreuther Abgeordneten alles unternommen, um die Vorzüge des Standorts Bayreuth der Konzernleitung zu erläutern. Es hat vielfache Interventionen auf Bundes- und Landeseben geben, zahlreiche Gespräche wurden geführt. In die Gespräche ist insbesondere das Bayerische Wirtschaftsministerium eingebunden. Die Entscheidung des Aufsichtsrats bleibt nun abzuwarten.“

Anette Kramme, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Bayreuth:

„Eine offizielle Bestätigung seitens BAT steht sicherlich noch aus. Ich befürchte aber, dass die Meldungen in der überregionalen Presse stimmen. Mein Entsetzen ist riesig. Die Entscheidung bedeutet für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine große Katastrophe.

Ich habe mich in den letzten Monaten intensiv um eine zeitnahe Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie beim Bundeslandwirtschaftsminister bemüht. Auch die Kanzlerin habe ich eingeschaltet.

Jetzt wird es darum gehen, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Programm zu stricken, das allen Chancen gibt, in der Region zu bleiben. Ich stehe natürlich als Ansprechpartnerin zur Verfügung.

Auch für die Stadt und den gesamten Wirtschaftsstandort Bayreuth wird eine Werksschließung äußerst negative Auswirkungen haben und zwar vor allem in finanzieller Hinsicht. BAT ist einer der größten Gewerbesteuerzahler. Wenn diese Einnahmen wegbrechen, werden auch einige größere Projekte der Stadt wohl auf den Prüfstand gestellt werden müssen.“

Silke Launert, CSU-Bundestagsabgeordnete aus Oberfranken:

"Die Ankündigung einer Mitarbeiterversammlung Ende dieser Woche bei BAT habe ich mit Besorgnis zur Kenntnis genommen. Es ist kein Geheimnis, dass die BAT Mitte dieses Jahres Stellung beziehen will, ob sie Arbeitsplätze abbaut oder gar Teile der Produktion an andere Standorte verlagert. Mir ist bewusst, dass sich die Belegschaft große Sorgen macht. Es geht hier immerhin um zahlreiche Existenzen. Und auch für die Stadt Bayreuth steht viel auf dem Spiel.

Dennoch sind alle aufgerufen, sich nicht an Spekulationen zu beteiligen. Ich appelliere an alle Beteiligten und Verantwortlichen, einen kühlen Kopf zu bewahren und besonnen zusammenzuarbeiten. Selbstverständlich werde ich mich einbringen, wo ich nur kann."

Hartmut Koschyk, CSU-Bundestagsabgeordneter aus Bayreuth:

„Ich habe in den nächsten Tagen ein persönliches Gespräch mit den Verantwortlichen von BAT Deutschland vereinbart, um genaue Informationen über die Zukunft des BAT-Werkes  Bayreuth zu erhalten. Erst wenn ich die genauen Pläne für BAT Bayreuth kenne, werde ich mich hierzu äußern.“

Gudrun Brendel-Fischer, Stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag:

"Sollte sich die Geschäftsführung von BAT wirklich entscheiden, den Standort Bayreuth vollends zu schließen, müssen München und Berlin alles dafür tun, diesen Tiefschlag für die Region aufzufangen.

Fakt ist, dass die Standortauflösung eines privatwirtschaftlichen Unternehmens nicht zu verhindern ist, sie ist keine Entscheidung der Politik.

Aber der Ministerpräsident oder die im Wirtschaftsministerium Verantwortlichen, Ministerin Ilse Aigner und Staatssekretär Franz Pschierer, werden sich kümmern, das haben sie mir zugesagt.

In den technischen Berufen wird es für die Mitarbeiter weniger schwierig sein, eine Anschlussbeschäftigung zu erhalten. Wichtig sind Qualifizierungsprogramme für die ungelernten Beschäftigten. Die Agentur für Arbeit wird sicher eine Filiale für die BAT-Mitarbeiter einrichten, damit eine bestmögliche Betreuung stattfindet.

Der Stadt Bayreuth wird der wohl größte Steuerzahler wegbrechen. Das hat enorme Auswirkungen für den Haushalt. Auch bei den Einkommenssteueranteilen wird man es merken.

Ich bin überzeugt, dass in Bayreuth höchste Qualität produziert wird. Solche Mitarbeiter wird man nicht so schnell finden. Ich hoffe, dass insbesondere den Älteren gute Sozialverträge angeboten werden.

Manch fragwürdige Entscheidung wie die EU-Tabakprodukte-Richtlinie hat den europäischen Markt für die Tabakkonzerne uninteressant gemacht. In Konsequenz zieht sie sich aus Europa zurück."

Stefan Leible, Präsident der Universität Bayreuth:

„Wenn die BAT abzieht, ist das für Bayreuth extrem bitter. Ich glaube nicht, dass es gelingen wird, einen großen Investor zu finden, der diese Lücke schließt.

Was wir dann brauchen, ist eine Graswurzelbewegung. Viele Unternehmensgründungen, die von der Stadt, den Kammern und der Universität unterstützt werden müssen. Konkrete Schritte dahin sind der geplante Inkubator auf dem Universitätscampus, in dem aus Ideen Unternehmen werden sollen. Und das regionale Gründer- und Innovationszentrum auf dem Zapf-Gelände.“

Chronik: Die Meilensteine des BAT-Werks in Bayreuth:

Stephan Müller, Fraktionsvorsitzender der BG im Bayreuther Stadtrat:

Allem voran, sagt Stephan Müller, müsse man „festhalten, dass das ein ganz schwerer Schlag für die Mitarbeiter ist. An sie muss man zuerst denken“, sagt Müller.

Bevor er weitere Aussagen treffe, was eine mögliche Schließung für die Stadt bedeute, müsse man „erst einmal die Details kennen, wenn die vom Unternehmen bekanntgegeben werden“, sagt Müller. Er habe gehofft, dass der Bau der neuen Produktionsanlage „für fast 50 Millionen Euro“, die erst vor kurzem eingeweiht worden war, „ein Stück zur Standortsicherung für die nächsten Jahre beiträgt. Gehofft haben wir das alle.“

Thomas Hacker, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bayreuther Stadtrat:

„In dem Artikel steht eigentlich nur das, was wir schon wussten. Wenn das so am Mittwoch bestätigt wird, wäre das ein schwarzer Tag für Bayreuth.

Es scheinen unsere schlimmsten Befürchtungen wahr zu werden. Die Mitarbeiter haben gekämpft, der Betriebsrat hat wohl noch einmal Angebote gemacht. Die Stadt hat sich eingesetzt, das bayerische Wirtschaftsministerium eingeschaltet.

Die Schließung ist eine große Herausforderung für die Stadt Bayreuth. Dahinter stehen Menschen und Familien. Deshalb wäre es zu begrüßen, wenn es ein längerfristiger Prozess wäre.

Dann geht es darum, die richtigen Aktivitäten für den Wirtschaftsstandort Bayreuth zu fördern, wie das Existenzgründerzentrum.

Wegen der Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer müssen dann alle Projekte auf den Prüfstand, gerade die besonders teuren. Sprich: die große Lösung der Stadthalle. Das ist schließlich die einzige Großinvestition derzeit.“

Sabine Steininger, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayreuther Stadtrat:

„Das würde einen Einbruch bei der Gewerbesteuer bedeuten. Bei der Haushaltsaufstellung müssen wir alle Maßnahmen auf den Prüfstand stellen und uns auf die wirklich erforderlichen Projekte konzentrieren. Da darf es unter den Kollegen keine Denkverbote geben.

Zuerst muss der Finanzreferent aber in aller Ruhe eine Aufstellung der Finanzen machen, wir wissen dazu noch nichts.

Wenn sich die BAT aus Bayreuth zurückzieht, werden nicht nur BAT-Mitarbeiter treffen. Auch Zulieferer, Gastronomen und Vermieter werden Einbußen haben.

Wir als Grüne haben zum Rauchen eine ganz dezidierte Position. Die BAT stellt ein Produkt her, das der Gesundheit schadet und enorme Folgekosten für die Allgemeinheit verursacht. Auf dem Markt herrscht ein gnadenloser Preiskampf, den nur die großen Player überleben.

Für die Mitarbeiter in Bayreuth ist das eine schwierige Situation. Das ist letzten Endes aber eine Art Strukturwandel, weshalb ich den Bund und den Freistaat in der Pflicht sehe. Die Stadt sollte dies lautstark in München und Berlin einfordern, auch bei den Zuschüssen der Stadthalle.“

Thomas Bauske, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bayreuther Stadtrat:

„Eine dramatische Information für Bayreuth“, sagt Thomas Bauske, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat.

Im ersten Schritt müsse man an die Mitarbeiter denken, sagt Bauske. „Für sie ist es am schlimmsten“, wenn die Signale aus dem Unternehmen tatsächlich in Richtung einer schrittweisen Schließung der BAT in Bayreuth gehen. „Im zweiten Schritt muss man sich anschauen, was das für Bayreuth bedeutet."

Gegebenenfalls müsse man sich, vor dem Hintergrund des Haushaltskonsolidierungsauftrags der Regierung, die Investitionen der Zukunft noch einmal genauer anschauen, "ob wir uns das eine oder andere noch leisten können, wenn es so kommt und bis zu 15 Millionen Euro Gewerbesteuer wegbrechen.“

Aber dazu brauche es genauere Informationen, „wie die BAT sich das inhaltlich vorstellt“.

Bauske sagt auf Nachfrage, er habe die Schließung des Bayreuther Werks über kurz oder lang erwartet. „Die BAT in einer globalisierten Welt muss günstig produzieren. Was in einem hoch entwickelten Land wie deutschland andere Rahmenbedingungen bedeutet als in anderen Ländern. Aus dem Grund habe ich einen Schritt, der Bayreuth betrifft, befürchtet.“   

Stefan Specht, Fraktionsvorsitzender der CSU:

„Wenn es so wäre, dann wäre es grundsätzlich nicht überraschend“, sagt Stefan Specht, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Stadtrat.

„Wir sind hier die letzten Mohikaner. Mit einem Standort, der nicht konkurrenzfähig ist.“ Nicht konkurrenzfähig in Bezug auf die Produktionsbedingungen, die in anderen europäischen Ländern herrschen. „Es war eine Frage der Zeit, bis so eine Situation eintritt.“

Die Stadt habe in den vergangenen Jahren „viel gegeben und unterstützt. Aber jetzt würde es um eine Größenordnung gehen, die weder kommunal zu leisten wäre, noch zu unseren Aufgaben gehören würde“, sagt Specht und denkt dabei an wirtschaftliche Unterstützung des Unternehmen von Seiten der Stadt.

Es gehe, wenn sich die Nachrichtigen verfestigen, darum, „wie man die Lücke möglicherweise schließen kann. Ich hoffe, die Stadtverwaltung hat sich diesbezüglich Gedanken gemacht“: Die Lücke, die eine Schließung des Bayreuther Standortes reißen würde, nennt Specht „signifikant. Für die Arbeitnehmer ist das eine Katastrophe. Genauso ist es für die Stadt mit Blick auf die Gewerbesteuer katastrophal“.

Je nach dem, wie schnell der Standort geschlossen wird, müsse man „einen Kassensturz machen, um zu sehen, was dann noch geht in Bayreuth. Das gilt für die Investitionen genauso wie für die freiwilligen Leistungen und das Personal.“

Iris Jahn, Fraktionsvorsitzende des Jungen Bayreuth im Bayreuther Stadtrat:

„Das ist eine ganz schlechte Nachricht für Bayreuth und die betroffenen Familien. Ein schwarzer Tag. Die Stadt braucht einen langfristigen Plan, wie sie sich als Wirtschaftsstandort aufstellt. Darüber müssen wir uns jetzt Gedanken machen"

IHK-Präsident Heribert Trunk veröffentlichte bei Facebook ein Statement:

 

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