Bahn: Anwohner von Gestank vertrieben

Von Moritz Kircher
Ein Agilis-Zug fährt am Haus von Dieter Plöger vorbei. Dadurch komme es immer wieder zu massiven Belästigungen durch Dieselgestank, sagt der Anwohner. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Das Haus von Dieter Plöger steht beim Bindlacher Bahnhof direkt an den Gleisen. Seit Wochen krieche Dieselgestank von den Zügen durch jede Ritze in sein Haus, sagt er. So heftig, dass er wegen Atemnot das Gebäude zeitweise verlassen müsse. Züge der Deutschen Bahn und von Agilis verkehren auf der Strecke. Beide Unternehmen können sich die Beschwerden Plögers nicht erklären.

 
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Plöger steht am Bindlacher Bahnhof und wartet auf den nächsten Zug. Nicht, weil er einsteigen will. Sein Haus steht nur wenige Meter von den Gleisen entfernt. Er möchte vorführen, was ihm seit Wochen das Leben zur Hölle mache: Dieselgestank, den die Züge nach seiner Aussage verbreiten. Zuerst rollt ein Zug der Deutschen Bahn durch. Kurz darauf hält einer von Agilis und fährt weiter.

Plöger flüchtet immer wieder vor dem Dieselgeruch

Nein, bei den beiden Zügen, die gerade hier waren, sei die Geruchsbelästigung nicht so schlimm gewesen. Aber es habe schon Tage gegeben, da habe Plöger für Stunden das Haus verlassen müssen, weil er aufgrund seiner Asthma-Erkrankung nicht mehr richtig Luft bekommen habe. "Da kommt so eine schöne Brise, die durch jede Ritze im Haus kriecht", sagt er. "Das Haus ist dann absolut unbewohnbar."

Aber was ist der Auslöser für den Dieselgestank? "Das wissen wir nicht genau", sagt Plöger. Sein Schwiegervater und eine Nachbarin bestätigen seine Wahrnehmung. "Wir können nur mutmaßen." Möglicherweise habe ihn der ein oder anderer Lokführer auf dem Kieker, weil Plöger bei der Bahn und bei Agilis kein Unbekannter ist. Beim Umbau des Bindlacher Bahnhofes hat er sich hartnäckig einen Sichtschutzwall erstritten, da die hohen Hecken, die das Haus zuvor abgeschirmt hatten, beim Ausbau weg mussten.

Betriebsleiter: "Die Lokführer haben keinerlei Einfluss auf die Abgassteuerung." 

Doch selbst wenn irgendjemand Dieter Plöger übel mitspielen wollte, es ginge nicht, sagt Matthias Mader. Der regionale Betriebsleiter von Agilis sagt: "Die Lokführer haben keinerlei Einfluss auf die Abgassteuerung." Ein Blick in den Führerstand zeigt: Es gibt einen Hebel, den der Lokführer nach vorne legen kann. Dann beschleunigt der Zug. Nimmt er den Hebel zurück, bremst das Fahrzeug. Irgendwelche Abgasventile, die aus dem Führerstand manuell geöffnet werden können, gebe es nicht, sagt Mader.

Dieter Plöger hat sich mit seiner Beschwerde an die Regierung von Oberfranken gewendet, an Bundestagsabgeordnete, an das Eisenbahnbundesamt. "Bei uns hat er sich noch nicht gemeldet", sagt Mader. Er befürchtet jedoch, dass er dem Anwohner an der Bahnstrecke auch nicht weiterhelfen kann. "Wenn es durch unsere Züge zu einer erhöhten Belastung durch Dieselgeruch kommen würde, würden wir das auch abstellen", sagt er. Er wisse aber nicht, wo er ansetzen soll.

Die Zug-Motoren entsprechen höchsten Abgasnormen

Keiner der Züge auf der Strecke sei älter als fünf Jahre. Angetrieben werden die rund 50 Tonnen schweren Agilis-Züge von zwei Sechs-Zylinder Dieselmotoren mit jeweils 367 PS. Im Prinzip dieselben Motoren, wie sie auch in modernen Reisebussen verbaut seien, sagt der Betriebsleiter. "Im Straßenverkehr würden die Motoren der Euro-6-Norm entsprechen." Das ist die aktuell gültige Abgasnorm der Europäischen Union für Neufahrzeuge.

Nach Angaben Maders erledigt Agilis zehn Prozent des Nahverkehrs auf der Schiene in Bayern. Beschwerden von Anliegern über Geruchsbelästigungen an Bahnstrecken durch Dieselgestank habe es bis dato noch nie gegeben. Und auf der Strecke bei Bindlach habe sich die Zahl und Art der eingesetzten Züge seit Jahren nicht verändert.

Auch die Deutsche Bahn hat keine Erklärung für die Beschwerden des Anwohners

Neben Agilis fahren noch Züge der Deutschen Bahn durch Bindlach. Sieben pro Tag halten. Ein Bahnsprecher kann sich die Beschwerde von Dieter Plöger ebenfalls nicht erklären. "Auch nach Rücksprache mit unserer Werkstatt in Hof können wir die Wahrnehmung des Anwohners aus Bindlach nicht erklären", sagt er. Es gebe keine Informationen über Defekte an Zügen der Bahn, die einen erhöhten Dieselgeruch bewirken könnten.

Dieter Plöger will sich weiter gegen die Geruchsbelästigung zur Wehr setzen. Über Ostern hat er dutzende Vorfälle protokolliert und nach eigenen Angaben mehrmals wegen Atemnot das Haus verlassen müssen. Er habe dann "ein furchtbares Brennen auf der Lunge", sagt er. "Der Gestank ist bestialisch."

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