Azubimangel: Noten spielen keine Rolle

Von Sarah Bernhard
Jenny Brunner musste sich vor zwei Jahren noch um ihren Ausbildungsplatz bei der Bäckerei Brunner bemühen. Heute findet das Unternehmen keine Azubis mehr. Foto: Klaus Trenz Foto: red

Gelernt wie verrückt. Gehofft und gebangt. Und doch steht im Abschlusszeugnis die Vier, und doch kamen auf alle Bewerbungen nur Absagen. Doch das ist noch nicht das Ende. Denn auch jetzt gibt es im Raum Pegnitz noch freie Ausbildungsstellen für September. Die gute Nachricht: Noten sind vielen Unternehmen ziemlich egal.

 
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59 freie Lehrstellen gab es Mitte Juli laut Arbeitsagentur noch in Pegnitz.  59 Chancen auf einen Ausbildungsbeginn zum 1. September dieses Jahres. Dem gegenüber standen 50 Schüler ohne Ausbildungsplatz.

Doch auch sie haben noch eine Chance – in bestimmten Berufen: Am dringendsten suchen die Betriebe in der Region Verkäufer, Einzelhandelskaufmänner und Köche. Aber auch Hotelfachangestellte und Bäckereifachverkäuferinnen sind gefragt. Und die Unternehmen lassen sich einiges einfallen, um doch noch an geeignete Bewerber zu kommen.

Bäckerei Brunner: Bäckereifachverkäuferin

Vier Lehrlinge könnte die Bäckerei Brunner heuer einstellen, zwei in Pegnitz, zwei in Auerbach. „Aber wir hatten einfach keine Bewerbungen“, sagt Verkaufsleiterin Petra Zimmert. Deshalb würde sie sich über Interessenten auch jetzt noch freuen, auch über die mit schlechteren Zeugnissen. „Noten haben mit dem Leben oft nicht viel zu tun“, sagt sie. Weil sie darüber, ob man im Praktischen gut sei, keine Auskunft gäben.

Stattdessen zählten andere Qualifikationen: gute Deutschkenntnisse, „weil man sich in einem Verkaufsberuf artikulieren können muss“, Teamfähigkeit, ein offener Umgang mit Menschen. „Alles andere können wir beibringen.“ Dafür kooperiert Brunner zum Beispiel mit der Förderberufsschule in Grafenwöhr. „Da ist uns noch keiner durchgefallen“, sagt Zimmert.

"Absolventen bleiben heute nicht mehr konsequent bei der Sache"

Bewerben könnten sich Mittel-, aber auch Förderschüler – und selbst die, die erst im September merken, dass ihnen ihre Ausbildungsstelle nicht liegt. Das käme mittlerweile häufiger vor, „die Absolventen bleiben heute nicht mehr so konsequent bei der Sache wie früher“.

Und die Situation verschlechtere sich Jahr für Jahr weiter, sagt Zimmert. Das bestätigt auch Jenny Brunner. Als sie vor zwei Jahren ihre Ausbildung in Pegnitz begann, „musste ich mich schon noch bemühen“. Doch es habe sich gelohnt: „Was Besseres hätte mir nicht passieren können.“ Nur, dass die Ausbildungsstelle in diesem Jahr frei bleibt, findet sie etwas schade. „Es ist schon zu schaffen, aber wenn einer krank ist, wird’s stressig.“

Reha-Team: Einzelhandelskaufmann

„Wir sagen: Es wird immer schlimmer“, sagt Gernot Gebauer. Auf eine in Pegnitz ausgeschriebene Stelle als Einzelhandelskaufmann bekam der Geschäftsführer von Reha Team keinerlei Reaktionen. Weil es immer weniger Mittelschüler gebe. „Und weil in der Großindustrie besser bezahlt wird als bei uns im Handwerk.“  

Auch für Gebauer sind Noten sekundär. „Wir geben jedem eine Chance.“ Nur Lust müsse der Auszubildende haben. „Wir haben manchmal Praktikanten, die sitzen nur da und haben überhaupt kein Interesse, das hilft dann niemandem.“  

Aus der Not heraus würden die offenen Stellen jetzt vermehrt mit Quereinsteigern besetzt. „Wir hätten das nie gedacht, aber der Fachkräftemangel hat uns voll getroffen.“

Das wollen Pegnitzer Jugendliche werden

Der bei Ausbildungsanfängern beliebteste Beruf ist in Pegnitz in diesem Jahr laut der Agentur für Arbeit Industriekaufmann, dicht gefolgt von Kaufmann für Büromanagement, Industriemechaniker und Medizinischem Fachangestellten.

Seit 1. Oktober 2015 haben 244 Jugendliche aus dem Raum Pegnitz mit Hilfe der Berufsberatung nach einer Ausbildungsstelle gesucht, 29 mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz blieb mit 50 konstant. Unbesetzten Stellen gibt es heuer etwas weniger als im Vorjahr: Der Wert sank leicht von 62 auf 59 unbesetzte Stellen.