Ist das gerecht? Ein Widerspruch zum vielgepriesenen Leistungsprinzip ist es auf jeden Fall, findet Grabka: „Bei gleicher Ausbildung, dem gleichen Job, der gleichen erbrachten Leistung hat der eine etwas, was der andere im Laufe seines Lebens nie erreichen wird.“
Der Wirtschaftswissenschaftler über Nicht-Erben
Und die Ungleichheit schreibt sich fort: Ein Nicht-Erbe wird zum Beispiel weiter zur Miete wohnen. „In einer Großstadt - und wenn wie in Berlin der Mietendeckel fällt - ist damit ein immer größer werdender Teil des Einkommens weg“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler.
Nicht-Erben tun sich außerdem schwerer, in Geschäftsideen zu investieren, fürs Alter oder schlechte Zeiten zu sparen: „Das birgt die Gefahr einer Verfestigung von Ungleichheit in der Gesellschaft“, sagt Grabka. Er sieht darin soziale Sprengkraft.
Braucht es höhere Erbschaftssteuern?
Dennoch findet Klaus Morgenstern vom Deutschen Institut für Altersvorsorge sehr hohe Erbschaftssteuern, wie sie der französische Starökonom Thomas Piketty fordert, ungerecht: „Wie gerecht ist es denn, das wegzunehmen, was die Nachkriegsgeneration aufgebaut hat, damit es den Kindern besser geht?“ Die Möglichkeit, den Lieben viel zu vererben, motiviere auch - „zum Beispiel mit einer guten Idee, ein Risiko einzugehen“, sagt Morgenstern.
Markus Grabka hält die derzeitigen Freibeträge aber für unangemessen hoch - und als leistungsloses Vermögen eben auch für ungerecht. Es müssten auch für Nicht-Erben Möglichkeiten geschaffen werden, Vermögen aufzubauen - was in Niedrigzinszeiten immer schwieriger werde. „Das ist noch wichtiger, als nur auf eine Reichensteuer zu schauen“, findet er.
Es gehe nicht um Sozialneid
In der Debatte ums Erben werden die Gefühle der Nicht-Erben oft als Sozialneid abgetan. Das ist ungerecht, sagt der Soziologe Rudolf Stumberger, der gerade zu der sozialen Gruppe der Nicht-Erben ein Buch veröffentlicht hat. Es sei es vor allem ein Gefühl der Hilflosigkeit, wenn Menschen mit eigentlich gleicher Ausgangssituation auf einmal unterschiedliche Chancen bekommen, findet der Privatdozent der Uni Frankfurt am Main.