Aussage des Jägers lässt Ankläger bedingten Tötungsvorsatz annehmen Jägerprozess: Gericht lehnt Verweisung ans Schwurgericht ab

Von Manfred Scherer

Kurz vor der Mittagspause im Jägerprozess hatte Staatsanwalt Michael Herbst beantragt, den Fall an das Schwurgericht in Hof zu verweisen. Dieses Gericht sei zuständig für die Prüfung, ob im Fall des tödlichen Schusses auf einen Fußgänger nicht ein Verbrechen des Totschlags vorliegt. Doch das Schöffengericht hat die Verweisung des Fall ans Schwurgericht abgelehnt. Kurier-Reporter Manfred Scherer berichtet aus dem Gerichtssaal.

 
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Wie berichtet, ist der 54-jährige Jäger wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Am 8. September 2012 hatte der Mann um 4.45 Uhr von seinem Hochsitz an der deutsch-tschechischen Grenze bei Schönwald einen 26-jährigen Fußgänger erschossen.

Jäger entschuldigt sich bei Angehörigen

Vor Gericht entschuldigte sich der angeklagte Jäger am Dienstagvormittag sichtlich bewegt bei den Angehörigen des Opfers. Die öffentliche Aufmerksamkeit, die der Fall erregt, ist für den Angeklagten sehr belastend. Die vergangenen zweieinhalb Jahre nannte er "die schlimmsten meines Lebens".

Er beschrieb den Jagdunfall am 8. September 2012 gegen 4.45 Uhr: Er saß auf einem Hochsitz und lauerte auf Schwarzwild. Durch das Zielfernrohr seines Gewehrs sah er eine Bewegung, einen "hellen Schatten", ähnlich wie das Sommerfell einer Wildsau. Weil ihm die Bewegung aber "komisch" vorkam, habe er die  Waffe gesenkt, um zu sichern. Dabei habe sich ein Schuss gelöst: "Das ist für mich bis heute nicht erklärlich", sagte der 54-Jährige.

Auf Nachfrage des Staatsanwalts sagte er mehrfach, er habe von seinem Hochsitz nach unten geblickt und sich vergewissert, ob da unten jemand sei. Er habe niemanden gesehen. Tatsächlich befand sich dort aber der 26-Jährige, der steil von schräg oben tödlich in die Brust getroffen wurde. 

Polizisten: Jäger versuchte, das Opfer wiederzubeleben

Ausgesagt haben vor Gericht auch die Polizeibeamten, die am Tatort gewesen waren.  Der Angeklagte habe damals zunächst angegeben, den Fußgänger mit einem Keiler  verwechselt und geschossen zu haben. Der Jäger stand sichtlich unter Schock, versuchte den 26-Jährigen mit  Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben, obwohl er schon tot war.

Waffengutachter: Der Auslöser der Waffe wurde gedrückt

Nachdem ein Waffengutachter des Landeskriminalamtes erklärt hatte, die Waffe sei technisch einwandfrei gewesen und habe habe nur durch Drücken des Auslösers abgefeuert werden können, stellte der Staatsanwalt seinen Antrag, den Fall ans Landgericht zu verweisen. Denn die ursprüngliche Aussage des Jägers, es habe sich um einen Unfall gehandelt, habe dieser vor Gericht selbst modifiziert.

Für den Ankläger stellt sich der Fall nunmehr so dar: Durch die neue Darstellung des Angeklagten sei zu prüfen, ob die Grenze von der fahrlässigen Tat zu einer zumindest mit bedingtem Vorsatz begangenen Tat in Frage komme. Der Jäger habe dann durch sein Handeln den möglichen Tod eines nicht genau erkannten Lebewesens in Kauf genommen.

Was suchte der Fußgänger dort?

Warum der Fußgänger damals im Maisfeld unterwegs war ist eine der Fragen, die in dem Prozess beantwortet werden sollen. Das Opfer hatte Metamphetamin im Blut, also zuvor Crystal Speed konsumiert. Das habe die Untersuchung der Leiche ergeben, sagte der Vorsitzende Richter.

Die damalige Verlobte des Opfers bestätigte: Der junge Mann war früher drogensüchtig gewesen. Wenn er Crystal eingenommen hatte, hatte er einen Hang dazu, in den Wald zu gehen und an erhöhten Punkten, etwa auf Hochsitzen, noch eine "Line" zu ziehen.

Am Nachmittag entschied das Gericht, den Fall nicht, wie vom Staatsanwalt gefordert, an das Schwurgericht in Hof zu verweisen. Laut Richter Claus-Peter Riedelbauch gibt es nicht genügend Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Tötungsdelikt.

Für den Prozess sind drei Verhandlungstage angesetzt.

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