Ausbildung: Anlaufstelle für Flüchtlinge

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Ingrid Krauß hat sich bislang bei der IHK um das Thema Flüchtlinge und Ausbildung gekümmert. Jetzt kommt Michael Wunder dazu, der hier von Bereichsleiter Berufliche Bildung, Bernd Rehorz, (von links) in seinem neuen Amt begrüßt wird. Foto:
Andreas Harbach Foto: red

Die Zahl der Flüchtlinge, die eine Ausbildung machen, nimmt zu. Um diesen Trend zu unterstützen, hat die Industrie- und Handelskammer für Oberfranken (Bayreuth) jetzt einen Ausbildungs-Akquisiteur für Flüchtlinge eingestellt.

 
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Bei den Bemühungen, Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu bringen, hat ein Umdenken eingesetzt. Weil nicht selten die im Heimatland erworbenen Qualifikationen dann doch etwas entfernt sind von dem, was einen Beruf hierzulande ausmacht. Und weil, gerade für eine erfolgreiche Ausbildung, ordentliche Sprachkenntnisse nötig sind, um vor allem in der Berufsschule mithalten zu können. „Die Sprache ist einfach der Schlüssel“, sagt Michael Wunder, der seit kurzem für den Bereich Bayreuth-Kulmbach-Hof-Wunsiedel zuständig ist und damit Qualifizierungsberaterin Ingrid Krauß entlastet, die das Thema Flüchtlinge und Ausbildung bei der IHK bislang quasi nebenher betreut hat.

Zwei Gewinner

Wunder will Anlaufstelle für Flüchtlinge und mögliche Ausbildungsbetriebe zugleich sein. Und sicherstellen, dass beide auch zusammenpassen, wenn er sie denn zusammenbringt. „Es muss und kann nicht jeder Flüchtling eine Ausbildung machen. Lieber mehr Vorarbeit und dann Erfolg als auf Teufel komm raus eine Lehre“, laute hier die Marschroute, sagt Bernd Rehorz, der bei der IHK den Bereich Berufliche Bildung leitet. Und Michael Wunder ergänzt: „Es muss am Schluss zwei Gewinner geben: Das Unternehmen, das eine Fachkraft bekommt, und den Flüchtling, der seine Ausbildung schafft und dann einen guten Job bekommt.“ Dass das klappen kann, lässt sich laut Ingrid Krauß durch Zahlen belegen. Rund 200 Flüchtlinge absolvieren demnach im Bereich der IHK Oberfranken eine Ausbildung, die Abbrecherquote tendiere gegen Null und sei damit deutlich niedriger als bei deutschen Jugendlichen.

Einer aus Zwölf

Dazu bedarf es aber einiger Vorarbeit, weiß Stefan Günther. Der Personalleiter beim Bayreuther Autozulieferer Schlaeger hat einen jungen Eritreer eingestellt, der jetzt zum Verfahrensmechaniker ausgebildet wird. „Er macht sich toll, saugt alles wie ein Schwamm auf, und die Zensuren in der Berufsschule sind gut, auch weil er sein Deutsch sehr verbessert hat“, lobt Günther. Schlaeger hatte in einem Projekt mit der IHK mit zwölf Flüchtlingen einen Einstellungstest gemacht und sechs von ihnen ein Praktikum angeboten. Drei waren schließlich so gut, dass sie einen Vertrag über eine Einstiegsqualifizierung mit dem Ziel einer Ausbildung bekamen. Bei einem reichte das sprachliche Niveau doch nicht für die Schule, der zweite zog eine Helfertätigkeit in einem anderen Betrieb der Ausbildung vor, weil er dort mehr Geld verdient und etwas an die Familie in der Heimat schicken will.

Durchhalten

Vielen Flüchtlingen sei schwer zu vermitteln, dass sie durchhalten müssten, bis der Verdienst nach der Ausbildung steil nach oben geht, sagt IHK-Mann Wunder, während Günther meint: „Wir haben viel gelernt, was uns auch künftig helfen kann.“ Auch, dass man sich um die Flüchtlinge viel kümmern, ihnen hiesige Gepflogenheiten wie etwa Pünktlichkeit erst einmal beibringen muss. Und trotzdem betont er: „Egal, ob sie jetzt eine Ausbildung schaffen oder in einem Helferjob ihren Mann stehen – ich habe hohen Respekt vor diesen Menschen, die auf der Flucht und oft auch hier ziemlich auf sich allein gestellt sind.“ Wenn ihm Michael Wunder einen neuen Kandidaten für eine Lehre vorschlage, werde er diesem sicher eine Chance geben.

Alles abklopfen

Der Ausbildungs-Akquisiteur wird dann schon abgeklopft haben, für welche Ausbildung ein Flüchtling infrage kommt. Was hat er schon gemacht, hat er vielleicht schon Abschlüsse, wie gut ist sein Deutsch? Wobei man da schon genau hinschauen müsse. „Wenn einer sagt, er sei Bäcker, dann hat er vielleicht von seinem Vater gelernt, wie man das in seiner Heimat übliche Fladenbrot macht“, berichtet Ingrid Krauß aus ihrer Praxis als Anerkennungsberaterin. Wunder erzählt von einem Syrer, der in Damaskus studiert habe – Schwerpunkt Banken und Versicherungen. Der Durchlauf durch das IHK-Modul „check.work“ habe dann aber gezeigt, dass er sich eher für eine Ausbildung im Bereich Groß- und Außenhandel eigne. Dann aber mit großen Chancen, so Wunder: „Für ein Unternehmen, das im arabischen Raum aktiv ist, ist so ein Mitarbeiter natürlich von unschätzbarem Wert.“

Perfekt Fränkisch

Bereichsleiter Rehorz geht derweil davon aus, dass die Zahl der Flüchtlinge in Ausbildung künftig deutlich zunimmt: „Wir setzen auf die Jüngeren, die jetzt in normalen deutschsprachigen Schulklassen groß werden. Die lernen perfekt Fränkisch und haben damit die gleichen Voraussetzungen wie ihre deutschen Mitschüler.“

INFO

Ansprechpartner bei der IHK sind:

Michael Wunder, Telefon 0921/886240 oder 0151/12191945, Mail: m.wunder@bayreuth.ihk.de;

Ingrid Krauß, Telefon: 0921/886241 oder 0160/8847462, Mail: i.krauss@bayreuth.ihk.de.

Zum Thema veranstaltet die IHK zwei kostenfreie Seminare für Unternehmen – am 22. März in Bamberg und am 17. Mai in Bayreuth.

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