"Sie sind ganz klar aufseiten der Union", hat mir kürzlich ein Leser via Telefon mitgeteilt. Mit "Sie" meinte er nicht mich persönlich, sondern die Redaktion in ihrer Gesamtheit. Oder/und die Zeitung. Und damit auch wieder mich. Der Grund seines Verdachtes, wir könnten parteiisch sein, lag in einem Foto begründet. Wir hatten an dem fraglichen Tag die Kanzlerin mit dem Bayerischen Ministerpräsidenten abgebildet. Ein sogenanntes Seitenfoto: Es bebildert den "Aufmacher" auf der Seite, steht damit oben und ist das größte Bild der Seite. Für den Anrufer war damit klar: "Wer ein Foto von der grinsenden Merkel mit dem Seehofer abdruckt, der ist schwarz bis auf die Knochen!", hielt er mir - und damit der Redaktion - am Telefon vor. Widerspruch wollte er gar nicht gelten lassen: "Da können Sie mir sagen, was Sie wollen!" In diesem Fall war mit "Sie" ich gemeint. Spätestens an dieser Stelle wusste ich: Meine wunderbar stichhaltigen Leseranwalts-Argumente, warum das Foto an diesem Tag an dieser Stelle steht, sind nutzlos verhallt. Dabei war ich, und das wusste der Anrufer nicht, kurz zuvor mit einem anderen, kritischen Leser konfrontiert. Der hatte unsere Zeitung als "rote Zeitung" tituliert, "bei der ganz klar die SPD das Sagen hat".