Auerbacherin als „Fernsehstar“ Erinnerungen aus dem Poesiealbum

Brigitte Grüner
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Die 82 Jahre alte Erna Merkl berichtete der BR-Sendung „Wir in Bayern“ aus ihrem Leben

 
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Auerbach - „Hoffentlich komm ich nicht im Fernsehen.“ So ganz glauben konnte es Erna Merkl immer noch nicht, obwohl sie schon einige Zeit in das Mikrofon von BR-Reporter Moritz Pompl gesprochen und Kameramann Stefan Brainbauer die Szene in der Auerbacher Bachgasse festgehalten hatte.

„Ich dachte, die Herren haben eine Frage zum Storchennest“, erinnert sich die 82-Jährige. Am Pfingstsonntag war sie vormittags von den beiden BR-Mitarbeitern vor ihrem Haus angesprochen worden. Zumindest der Sprecher kam ihr durchaus bekannt vor, schließlich schaut Erna Merkl selbst gerne die Sendung „Wir in Bayern“. Das Heimatmagazin des bayerischen Fernsehens wird montags bis freitags jeweils von 16.15 bis 17.30 Uhr ausgestrahlt. Wie viele andere treue Zuschauer sitzt auch die Auerbacherin häufig vor dem Fernsehgerät. „Bei schönem Wetter allerdings eher selten“, sagt sie. Daher war ihr auch die Frage durchaus vertraut, ob sie noch ein Stück aus der Kindheit aufbewahrt habe.

In diesem Moment habe sie kurz überlegt, was sie dem BR-Team zeigen könnte, erzählt Erna Merkl. Schnell fiel ihr das Poesiealbum aus Kindertagen ein. Ihre beiden Töchter Cornelia und Gisela hatten als Kinder auch oft darin geblättert und schöne Sprüche gesucht. Auch die Enkelkinder haben das Album, das in der gleichen Kommode aufbewahrt wird wie die Gesellschaftsspiele, immer gerne angesehen. Das Poesiealbum mit dem roten Kunstledereinband atmet Geschichte. Mit Bleistift ist noch der Preis eingetragen. 2,50 Mark hat Erna Rogner damals für das Büchlein, in dem sich vor allem die Freundinnen verewigen sollten, bezahlt. Der erste Eintrag ist von 1952 und stammt von der Mutter Rosa Rogner. Der gereimte Spruch zeigt, wie christlich die Familie von jeher war. „Lerne beten und entsagen; lerne kämpfen und ertragen; lern vergessen und vergeben, dann führst du ein christlich Leben.“

„Ein Ding aus meiner Kindheit“ heißt der Beitrag der Fernsehjournalisten. Im Film sieht man auch einige Szenen aus der Auerbacher Innenstadt: Den Unteren Markt, den Marktplatz, das Stück Stadtmauer im Stadtgraben und die Zwingergasse mit dem sanierungsbedürftigen Vollhannturm. Und dann stehen Moritz Pompl und der Kameramann plötzlich in der Bachgasse. Das sei nicht abgesprochen oder vereinbart gewesen, erzählt die Auerbacherin.

Im Gespräch mit dem BR erzählt sie noch mehr aus ihrer Kindheit, von den Schreckmomenten während des Zweiten Weltkriegs. Die Mutter hatte stets gekochte Eier, Brot und Milchflaschen in einem Schulranzen aufbewahrt. Wenn Fliegeralarm war, nahm Erna den Ranzen mit in den Luftschutzkeller im Kammmacher-Haus am Unteren Markt. Oft sei man mehrere Stunden im Keller gewesen, erinnert sie sich. Die Frauen und die Kinder waren in der unteren Etage, die Frauen haben meist gebetet. Die Männer waren oben und haben besorgt Ausschau gehalten nach den feindlichen Flugzeugen.

Auch aus der Schulzeit berichtet Erna Merkl den Mitarbeitern des Bayerischen Fernsehens. Sie war in einer reinen Mädchenklasse. Die Klassenleiterin war die strenge Ordensfrau Schwester Alexia. „Da hätten wir nicht zu den Buben schauen dürfen“, sagte sie dem interessierten BR-Redakteur. Die Jungen wurden ohnehin in anderen Schulgebäuden unterrichtet.

Ihren späteren Mann Ernst lernte sie beim Silvesterball 1956 kennen. Die damals 17-Jährige hatte sich für 30 Mark ein schickes Kleid gekauft, weil sie mit der Freundin zum Ball gehen wollte. Leider wurde die Freundin krank, und die junge Frau durfte mit dem Nachbarsehepaar Rosa und Hugo Hammerschmidt ausgehen. „Alleine zum Ball war undenkbar“, erinnert sich Erna Merkl. 1958 hat sie geheiratet; dann kamen die vier Kinder Cornelia, Gisela, Günther und Christian dazu.

Als am 6. Juni der Anruf kam, dass der Beitrag am Dienstag, 8. Juni, im Fernsehen gezeigt wird, wurden die Töchter und Söhne informiert. „Andere wussten nicht Bescheid.“ Schon am Abend bekam Erna Merkl, die inzwischen die älteste in der Bachgasse geborene Auerbacherin ist, die noch im Elternhaus lebt, einen ersten Anruf von einer Freundin aus Kindertagen. Eine halbe Stunde haben sich die beiden Frauen über frühere Zeiten ausgetauscht.

infO: Der Beitrag über Auerbach, in dem auch andere Bürger kurz zu sehen sind, kann in der BR-Mediathek unter www.br.de noch aufgerufen werden.

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