Auch ein Meister des neuen Heimatfilms: Erik Grun beschreibt Niederbayern – Am Dienstag in Bayreuth Kampf dem Kommerz: Gruns Filme

Von Michael Weiser
Filme auf eigenes Risiko: Der Indie-Filmer Erik Grun. Foto: Grun/red Foto: red

Geld heimst er nicht ein mit seiner Kunst, aber mehr und mehr Anerkennung: Der Regensburger Erik Grun genießt dank seiner über hundert Filme aus seiner bayerischen Wahlheimat Kultstatus. Geld? Ihnm egal. "Ich hab einen an der Klatsche", sagt er über sich selbst. Am Dienstag, 10. März, sind er und seine Filme in Bayreuth zu erleben.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Erik Grun hat gute Aussichten, irgendwann mal selbst in einem Spielfilm aufzutauchen. Als eine Art von Held, wie man sie vielleicht in einer Großstadt wie Berlin erwartet, aber nicht in einer mittelgroßen bayerischen Stadt: schnoddrig, mit leichten thüringischen Anklängen, idealistisch, uneitel und kommerzfrei. Ohne Aussicht auf durchschlagenden Erfolg, aber stets gut aufgelegt und unverdrossen.

Man könnte auch sagen, Grun sei durchgeknallt, aber auf genau die Art und Weise, dass man sich gerne auf ein paar Bier mit ihm zusammensetzen würde. Um unter anderem die Frage zu klären, wie genau er zu einem Filmemacher wurde. Oder besser: nicht zu einem, sondern zu dem Filmemacher schlechthin in Regensburg. Grun hält einen Rekord. Grun hat weit über hundert Spielfilme gedreht. Und einige von ihnen zeigt er am kommenden Dienstag in Bayreuth.

"Schreibe auf die Menschen zu"

„Ich bin nicht qualitativ der beste Filmemacher, aber ganz sicher quantitativ“, sagt er und lacht nur ganz leise, denn eigentlich ist das nur halb als Witz gemeint. Grund ist tatsächlich der produktivste aller Filmer. Ohne dass er deswegen Müll ablieferte. Im Gegenteil: Viele seiner Figuren beschreibt er zugleich komisch, treffend und liebevoll. Das machen ihm auch bei großen Sendern nicht so viele Regisseure oder Drehbuchschreiber nach. Viel erlebt habe er, viel gelesen und durch seine Arbeit am Krankenhaus viel gelernt über die Menschen. „Ich bin eher ein Drehbuchschreiber, der auf die Menschen zuschreibt“, sagt er.

Der gebürtige Thüringer kam nach der Wende nach Bayern und ließ sich in Regensburg nieder. Die alte Stadt war damals schon nicht mehr so sagenhaft heruntergekommen wie in den 70er Jahren, aber noch weit vom Chic heutiger Zeiten entfernt. „Heute ist Regensburg schon fast so was wie ein Vorort von München“, sagt Grun und meint damit die hohen Mieten, die schicken Menschen und die teuren Bars, die manch alte Kneipe im Gassengewirr rund um den Dom verdrängt haben. Grun ist mit seiner Kamera einer der Chronisten des Wandels gewesen, er hat noch in Kneipen gedreht, die kurz danach dichtmachen mussten. „Gegen das Geld kommst du halt nicht an“, sagt er. Resigniert wirkt er übrigens nicht.

Die meisten seiner Filme kommen mit einem Budget von 1000, vielleicht 1500 Euro aus. Das Geld geht für Brotzeiten und Getränke drauf, aber auch für Sprit und „die Leute, die davon leben müssen“. Das Geld stammt von Grun selber. Er ist Krankenpfleger, lebt vor einem neuen Film „zwei, drei Monate am Existenzminimum“ und hat dann wieder genug Geld beisammen, um seine Geschichten zu erzählen. „Ich habe mittlerweile einen sehr teuren BMW in meine Filme gesteckt“, sagt er. „Ich hab’ eben einen an der Klatsche.“

Viele seiner Filme sind nur wenige Minuten lang. In Bayreuth zeigt er einige von diesen kurzen Streifen, aber auch einen richtigen Spielfilm: „Bayerisch Verbrechen“, eine irrwitzige Milieustudie aus dem Bayerischen Wald, über drei Brüder, die sich als Kleinkriminelle über Wasser halten. Der Film zog beachtliches Publikum in Regensburger Kinos. Grun ist mittlerweile eben Kult, auch in anderen Städten hat er Fans. Und bleibt nicht mehr auf den Kosten sitzen. „Seit ungefähr fünf Jahren spielen die Filme ihre Kosten ein. Sonst hätte ich auch schon den Mut verloren“, sagt er.

Seinem Kameramann zahlt er etwas, die Schauspieler aber gehen eher leer aus. „Denen kann ich ja auch noch erzählen, dass ich sie groß rausbringe“, sagt er. Und auch das meint er nicht nur witzig. Immerhin spielt einer seiner Akteure nun bei „Dahoam ist Dahoam“ mit. Und dann Julia Koschitz: Sie wurde nach Grun zum Star. „Die war eine seltene Mischung“, sagt Grun, „bildhübsch und wahnsinnig talentiert“.

Er selber, so meint er, wird „immer unten“ bleiben. „Ich habe mich damit abgefunden, dass ich nie eine Chance haben werde, einen bezahlten Film zu machen.“ Kürzlich rief ein Sender bei ihm an, es ging um einen seiner längeren Filme. Tolle Story, meinten die Fernsehleute, könnte man doch neu drehen, mit einen richtigen Etat. Aber auch mit neuen Hauptdarstellern. „Da habe ich nein gesagt“, sagt Grun.

Mag sein, dass er nicht gegen das Geld ankommt. Aber offenbar auch das Geld nicht gegen ihn.

INFO: Erik Grun gastiert am kommenden Dienstag, 10. März, in der Sübkültür im Forum Phoinix. Gezeigt werden „Bayerisch Verbrechen“ sowie sechs preisgekrönte Kurzfilme. Beginn ist um 20 Uhr.