Artisten vor fast leerem Zelt: Kein Interesse am Zirkus Roncalli: "Bayreuth war der Horror"

Von Ulrike Sommerer
Vorstellungen vor leeren Rängen: Der Großteil der Plätze im Zirkuszelt blieb bei den Vorstellungen im Zirkus Roncalli leer. Für die Zirkusleute war das eine bittere Erfahrung. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Ob sie wiederkommen? Pascal Raviol, Sprecher des Zirkus Roncalli, der bis Sonntag auf dem Bayreuther Volksfestplatz gastierte, kann es nicht sagen. Denn die Bilanz, die die Artisten nach rund zwei Wochen Bayreuth ziehen, ist ernüchternd. "Bayreuth war der Horror."

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

1500 Plätze gibt es im Roncalli-Zirkuszelt. Bei den Vorstellungen in der Stadt blieben die meisten davon leer. 100 Besucher, vielleicht einmal 300. Mehr waren es nicht, sagt Raviol. An manchen Tagen waren mehr Akteure im Zirkuszelt, als Zuschauer. Für den Zirkus ein Draufzahlgeschäft. Denn ein Tag Zirkus koste zwischen 30 000 und 35 000 Euro, rechnet Raviol vor.

Raviol versteht die Bayreuther nicht. Er hat während der Zeit in Bayreuth verfolgt, wie die Menschen hier über die Stadthalle diskutieren. „Aber das ist doch nur eine Hülle für Kultur“, niemand interessiere sich hier offensichtlich für kulturellen Inhalt. Jetzt komme Roncalli, ein Zirkus mit einem großen Namen, nach Bayreuth, „und keiner nimmt das wahr“. Raviol: „Es war ein Fiasko.“

In anderen Städten mache man ganz andere Erfahrungen. In Köln oder Wien waren die Vorstellungen des Zirkus’ Wochen vorher ausverkauft. Teilweise stünden vor den Vorstellungen Menschen mit „Suche-Karte-Schild“ vor dem Zelt.

Suche-Karte-Schilder kennt man in Bayreuth auch. Raviol weiß das. Und bemüht auch gleich Richard Wagner: . Hier wie dort: Ein hölzerner Raum für Kunst. Hier wie dort: Ein einmaliges Erlebnis mit einem großen Orchester. Hier wie dort: Verrückte Künstler. Doch während bei den Festspielen die Nachfrage groß ist, bei Roncalli war sie es nicht. Dabei seien die Zirkusleute herzlich aufgenommen worden, sagt Raviol. Die Menschen, die in eine Vorstellung kamen, wenn sie denn kamen, seien verzaubert gewesen, mit den Anwohnern des Volksfestplatzes habe man guten Kontakt bekommen. „Wir haben hier wirklich eine Herzlichkeit gespürt. Aber offensichtlich hat Zirkus in Bayreuth einen schlechten Ruf.“

Die BMTG (Bayreuth Marketing und Tourismus GmbH), zuständig für den Volksfestplatz in Bayreuth, erreichen jedes Jahr mehrere Anfragen von Zirkusleuten, die gerne nach Bayreuth kommen wollen. Alle Anfragen werden geprüft, sagt Jan Kempgens, ein bis zwei Gastspiele pro Jahr werden dann vertraglich festgezurrt. Es ist also nicht so, dass hundertausende Zirkusvorstellungen die Bayreuther zirkusmüde gemacht haben könnten. „Nächstes Jahr“, sagt Kempgens, „kommt maximal ein Zirkus“ auf den Volksfestplatz der Stadt.

Die Kartenpreise (zwischen 15 und 45 Euro) macht Raviol auch nicht dafür verantwortlich, dass es nur wenige Zuschauer ins Zirkuszelt zog. Der Preis sei für das, was man geboten bekomme, gerechtfertigt, verteidigt er die Preiskalkulation. „Hier riskiert jeder seinen Kragen für Sie.“ Möglicherweise wüssten das die Menschen, möglicherweise auch speziell die Bayreuther, nur nicht mehr zu schätzen. „Heute lacht man ja im Fernsehen bei Deutschland-sucht-den-Superstar über jeden, der eine Rolle vorwärts kann.“ Wer ins Kino gehe, zahle ja auch vergleichsweise viel. „Aber wenn es um Familienunterhaltung geht, guckt man dann plötzlich aufs Geld.“ Man müsse, meint Raviol, wieder Lust auf live bekommen. Lust auf den Duft nach Zirkus, den Duft nach fremder Welt, Lust auf Begegnung mit Menschen.

Ob Roncalli nach Bayreuth zurück kommt, kann Raviol nicht sagen. Vielleicht, meint er, habe man sich in Bayreuth erst Lorbeeren verdienen müssen. Zumindest sei Bayreuth eine ganz schwierige Erfahrung gewesen.

Am Sonntag lief die letzte Vorstellung und Roncalli brach seine Zelte in Bayreuth ab, in der Hoffnung auf ein besseres Publikum in Regensburg.

Bilder