Pflicht verletzt oder nicht?
Anwalt Heinekamp führt außerdem die Richtlinien für Aufsichtspersonen in öffentlichen Bädern an, die von der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen herausgegeben werden. Aus diesen gehe hervor, dass von keiner Aufsicht eine „permanente Beobachtung“ erwartet werden könne. „Wo keine Pflicht besteht, kann auch keine Pflichtverletzung vorliegen“, folgert Heinekamp.
Der Bademeister habe über 35 Jahre lang seinen Dienst unfallfrei ausgeübt. An jenem Unglückstag war er „der einzige Bedienstete der Gemeinde Himmelkron im Freibad“. Er habe sich um das ganze Gelände kümmern müssen, die Technik gewartet und den Kassendienst gemacht. Beide Angeklagten hätte sofort Erste Hilfe geleistet, als sie auf Vanessa aufmerksam wurden. Die Betreuerin sei ins Wasser gesprungen, der Bademeister habe einen Notruf abgesetzt und später eine Herzdruckmassage versucht. Der Defibrilator sei auf der nassen Haut des Kindes abgerutscht. „Alle nötigen Rettungsschritte wurden unternommen. Was hätten sie noch tun sollen?“, fragt der Verteidiger.
Eltern erheben schwere Vorwürfe
Dass dabei nicht alles ordnungsgemäß zuging, nehmen aber die Eltern der ertrunkenen Achtjährigen an. Beide treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Die Mutter kämpfte mit ihrem Anwalt Gert Lowack darum, dass weiter ermittelt wird und es zu einer Anklage kommt.Das Kind war im Schwimmerbereich leblos im Wasser treibend entdeckt worden.
Heinekamp zufolge habe das Mädchen in der Schule erzählt, es könne schwimmen. Die Eltern hätten sich mit den Betreuern nie über die Schwimmfähigkeiten des Kindes unterhalten. Schwimmflügel hätten sie dem Kind nicht mitgegeben, nur Badeanzug, Handtuch und Schwimmbrille. „Es ist und bleibt ein tragischer Unfall, an dem aber weder der Bademeister noch die Betreuerin im strafrechtlichen Sinne schuld sind“, ist Heinekamp überzeugt. Daher seien die Ermittlungen zurecht zunächst von der Staatsanwaltschaft Bayreuth eingestellt worden. Auch den Eltern seien wegen geringer Schuld keine Vorwürfe gemacht worden.
Ehrenamtliche werden abgeschreckt
Nicht nachvollziehbar sei, warum die zweite Betreuerin, die sich im Wasser bei den Nichtschwimmern befand, nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Heinekamp hält es für problematisch, von ehrenamtlichen Sportgruppenleitern oder Wasserwachtmitgliedern zu verlangen, solche Unfälle generell verhindern zu können. Bei einer Verurteilung wäre das „das Aus für zahlreiche kleine Schwimmbäder mit ähnlicher Organisation“.