Amtsgericht stellt Verfahren wegen Raubes gegen Zahlung von Geldauflage ein Liebe und Hiebe im Rotlichtmilieu

Von Peter Engelbrecht
Ums Rotlichtmilieu ging es bei einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Bayreuth. Foto: red

Einblicke in zweifelhafte Praktiken im Rotlichtmilieu gab ein Prozess vor dem Amtsgericht in Bayreuth. Angeklagt waren zwei Fälle des Raubes und der vorsätzlichen Körperverletzung, doch die Vorwürfe zweier Prostituierter gegen einen Freier erwiesen sich als nicht haltbar. Das Verfahren gegen den Mann wurde gegen Zahlung einer Geldauflage von 1200 Euro vorläufig eingestellt. 

 
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Staatsanwalt Bernhard Böxler warf einem 34-jährigen Industriemechaniker aus Bamberg massive Verfehlungen vor. Er soll im Mai 2014 in einem Bordell in Bayreuth eine junge Prostituierte aus Rumänien aufgefordert haben, ihm 250 Euro zurückzuzahlen. Doch die Frau weigerte sich. Daraufhin entriss der Mann der Frau ihr 450 Euro teures Handy "unter Einsatz nicht unerheblicher körperlicher Kraft", wie es Böxler formulierte. Die Frau habe Kratzer am Hals, am  Handrücken und am Handgelenk sowie Schmerzen erlitten. In einem zweiten Fall eine Woche später kam es in einem Bordell in Erlangen zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen dem Mann und einer anderen Prostituierten. Er wollte Sex, doch die Frau weigerte sich. Er  verlangte sein Geld zurück, die Frau sagte erneut Nein. Daraufhin habe er ihr das Handy im Wert von 350 Euro abgenommen, die Frau heftig an den Haaren gezogen und Schmerzen verursacht, hieß es in der Anklageschrift. Der Staatsanwalt warf dem Mann neben Raub und Körperverletzung auch noch den Besitz von 1,4 Gramm Marihuana vor. Er war kein unbeschriebenes Blatt: Im Bundeszentralregister, das sämtliche Vorstrafen auflistet, gab es sechs Einträge, der letzte vor zehn Jahren.

Er habe von der Bayreuther Prostituierten 700 bis 800 Euro zurückhaben wollen, das er ihr geliehen habe, erläuterte der Angeklagte auf Fragen von Richterin Kerstin Kayser. Sie habe in der Modellwohnung "das Schubsen" angefangen, er habe sie im Affekt gegen die Wand und mit dem Finger gegen den Hals gedrückt. "Ich habe keine Gewalt eingesetzt", beteuerte der Angeklagte. Zum zweiten Fall sagte der Mann, er habe der Prostituierten das Handy, das in ihrer offenen Hand lag, abgenommen, um der Geldrückforderung nach dem verweigerten Sex Nachdruck zu verleihen. An den Haaren habe er sie nicht gezogen. 

Ein Kripobeamter, der den ersten Fall bearbeitete, wunderte sich über die Verletzungen der Bayreuther Rotlichtdame, die sogar von einem "Messer am Hals" gesprochen hatte. Polizeifotos wenige Stunden nach dem Vorfall zeigten keine Anzeichen von Gewalt am Hals, zwei Tage später fotografierten die Beamten eine größere, deutlich sichtbare Schramme. Seine Kollegen hätten gemeint, so ein Verletzungsverlauf könne nicht sein. Auch die Aussagen des angeblichen Opfers bei der Polizei seien gegensätzlich zu denen auf einem Kurznachrichtendienst im Internet an den Angeklagten. Die Kriminaler vermutete, die Frau habe nicht ganz die Wahrheit gesagt. Rätselhaft auch der zweite Fall: Die Prostituierte aus Erlangen ist spurlos verschwunden,  ihr Handy liegt noch immer bei der Polizei. Dieses Verhalten stieß bei Richterin Kayser auf große Verwunderung.

Die Bayreuther Prostituierte habe dem Freier, der sie immer wieder besucht hatte, eine Beziehung vorgespielt, vermutete der Kripobeamte. Sie hätte ihre Schulden zurückzahlen können, denn sie hatte 1000 Euro im Bettkasten versteckt. Richterin Kayser meinte, das Handy sei als Pfand gedacht gewesen, "das ist nachvollziehbar".  Der Auftritt der Rumänin vor Gericht war widersprüchlich. Sie stritt ab, sich 700 bis 800 Euro von ihrem Freier geliehen zu haben. Doch ihre Nachrichten im Internet an ihn   ergaben ein anderes Bild. "Hallo Schatz, wie geht es Dir? Ich habe Probleme, kannst Du mir helfen?", schrieb sie ihm im April 2014 aus dem Urlaub in Rumänien. Sie brauche leihweise 200 Euro, 150 Euro für die Autoreparatur und 250 Euro für die Miete. Aus Überweisungsbelegen ließ sich rekonstruieren, dass der Mann insgesamt 350 Euro überwiesen hatte. Mit Einverständnis des Verteidigers und des Staatsanwaltes stellte Richterin Kayser das Verfahren vorläufig ein. Der Angeklagte, mit einem Nettomonatseinkommen von 1300 Euro, muss 1200 Euro an die Tierhilfe Franken in Betzenstein zahlen. Kayser wunderte sich: "Wer sich mit solchen Damen einlässt..."

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