Am Montag endet die große Ausstellung im Kunstmuseum: Was brachte das Wagnis? Der Zeichner Georg Jakob Best

Von Michael Weiser

Ein guter Zeichner, gewiss, da verheißt schon das erste Bild einiges. Aber ist da noch mehr? Bayreuth konnte sich in den vergangenen Wochen mit einem vergessenen Künstler beschäftigen. Und wir ziehen Bilanz.

 
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Ein ernstes Knabengesicht unter einem Stahlhelm, mit früher Könnerschaft gezeichnet: Es ist der Zeichner selbst, der junge Georg Jakob Best, der den Betrachter anschaut. Dass da einer kindlich begeistert Krieg spielte, wie das damals, im Ersten Weltkrieg, so gewesen sei unter der deutschen Jugend: dieser These wird man nicht mehr folgen wollen, hat man die Skepsis im Blick des Knaben wahrgenommen.

Es ist 1917, Best probiert einen Helm aus, und er tut das nicht in eifriger Nachahmung. Sondern eher im Rollenspiel für den Ernstfall: Wie fühlt es sich an, wenn man in den Krieg muss? Ein zweifelnder Blick, wie gesagt, und Best sollte mit diesem Zweifel recht behalten: Diesem Krieg sollte ein noch schlimmerer folgen. Auf einem Selbstporträt aus dieser Zeit werden wir übrigens denselben Blick entdecken. Best sagt mit diesen beiden Zeichnungen viel über sein Jahrhundert.

Endspurt für eine große Ausstellung

Die Ausstellung über Georg Jakob Best im Kunstmuseum Bayreuth geht am Pfingstmontag zu Ende. Nur noch wenige Tage Gelegenheit, diesen Best kennenzulernen, dessen Nachlass die Stadt Bayreuth als Stiftung aufgenommen hat. Ein Bild kann man sich da machen, oder besser: viele Bilder. Ist schon so: Die schiere Vielfalt, allein die Anzahl von Bildern im Alten Rathaus ist verwirrend. Und so kurz vor Schluss darf man sich fragen, ob diese Ausstellung – die erste große aus dem Nachlass des gebürtigen Kaiserslauterners – ein Erfolg war. Ob sie den ganzen Aufwand, eine Monografie inklusive, wert war. Einfach gefragt: Lohnt es, sich an die Wiederentdeckung von Georg Jakob Best zu machen?

Sie war es wert, die Ausstellung. Weil sie den Nachweis führte, dass sich die weitere Beschäftigung mit Best lohnen wird. Wegen der Bilder, aber auch wegen seiner Zeitzeugenschaft. Geboren 1903, gestorben 2003, ist Georg Jakob Best ein deutscher Jahrhundertkünstler. In den Verwerfungen und Brüchen seines Lebens spiegeln sich die Verwerfungen und Brüche des 20. Jahrhunderts. Sein Leben erzählt davon, was einmal ganz selbstverständlich zum Boden der europäischen Kultur gehörte: ausgedehnte Beziehungsgeflechte zwischen Künstlern, Denkern, Förderern. Zumal vor dem Ersten Weltkrieg. Man sieht da einen Faden in einer Künstlerbiografie, man zieht vorsichtig daran – und hat auf einmal ein ganzes Gewebe in der Hand, manchmal einen ganzen Teppich.

Warum wurde Kandinsky berühmt?

Über Georg Jakob Best gab es vor einem Jahr noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag. Schüler von Paul Klee war er, das ließ sich schnell herausfinden. Und dann kam in Kleinarbeit eins zum andern. Dass er auch mit Max Beckmann Kontakt gehabt haben dürfte, einem der wichtigsten deutschen Maler. Dass seine Bilder auch im Städel in Frankfurt hingen, dass Arbeiten von ihm neben Werken Kandinskys gezeigt wurden. Und dass Best zahllose Einflüsse aufnahm und verarbeitete. Ja, man kann mit ihm auch durch die Kunstgeschichte reisen.

Warum Kandinsky berühmt blieb und der hochgelobte Best vergessen wurde? Das lag auch an den Einschnitten des 20. Jahrhunderts, am Kahlschlag durch die NS-Kulturpolitik. Ein Expressionist war er nicht, der Best, man darf ihn trotzdem zur verschollenen Generation zählen, die erst seit einigen Jahren wieder beachtet wird. (Man lernt so, nebenbei bemerkt, auch eine ganze Menge über die Mechanismen des Kunstmarktes.)

Zwölf Jahre nach seinem Tod sind Bests Leben und Werk zu Teilen noch immer Neuland. Da dranzubleiben, auf Wegen, die man erst beim Gehen bahnt, ist nicht weniger verdienstvoll, als die großen Namen, die schon kanonisierten Künstler, aus immer neuen Winkeln zu beleuchten. Bayreuth hat mit der Annahme der Stiftung Mut bewiesen. Es wird sich weiter lohnen.

INFO: "Georg Jakob Best. Bewundert–verfemt–vergessen“,bis25.Mai imKunstmuse-um, 10 bis17Uhr

 

 

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