Abschied Safari verlässt das Krankenhaus

red
Sieben Monate wurde Safari im Klinikum behandelt, jetzt verließ er das Krankenhaus in Richtung Rehazentrum. Nicht nur Physiotherapeutin Kathrin verdrückte beim Abschied ein paar Tränen. Foto: red Foto: Magdalena Dziajlo

BAYREUTH. Das Klinikum verabschiedet den Massai-Jungen in Richtung Reha – Jetzt beginnt das Training.

 
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Für Safari beginnt ein neues Kapitel. Nach über einem halben Jahr Klinikaufenthalt mit zahlreichen Operationen hat er am Freitag das Klinikum Bayreuth verlassen, lässt die Zeit der Operationen damit hinter sich. In den kommenden sechs Wochen wird er im Mediclin Rehazentrum am Roten Hügel weiter an seinem großen Ziel arbeiten: wieder laufen zu können.
In den vergangenen sieben Monaten spielte sich Safaris Leben in einem Zimmer auf der Station 43 der Kinderklinik am Klinikum Bayreuth ab. Sieben Monate, in denen er den Ärzten und Pflegekräften ans Herz gewachsen ist. Jetzt sind sie alle zusammengekommen, um sich von dem kleinen Kämpfer zu verabschieden. Als er sich in seinem Rollstuhl noch einmal umdreht, schaut er auf eine Reihe Gesichter und winkender Hände zurück – bevor der Blick wieder nach vorne geht.

„Safari war schon ein besonderer Patient“, sagt Regina Stehr, die stellvertretende Leiterin von Station 43 der Kinderklinik am Klinikum, in der Safari seit September gepflegt wurde. Sie könne noch nicht so richtig loslassen. „Wir waren sein Zuhause, seine Familie, die Schwestern und Mamas“, sagt Regina. Und sie nennt ein paar Namen, stellvertretend für das gesamte Team: Sophia, Christine, Andrea, Janine, Ilona und Physiotherapeutin Kathrin.

Die Mutter, die Schwester. Schon der Vergleich zeigt, wie nahe ihnen das Schicksal des Massai-Jungen geht. Sie alle beschreiben Safari als sehr offen, wissbegierig und talentiert. Die vergangenen Monate hat er genutzt, um Deutsch zu lernen, um rechnen und schreiben zu üben. Vor allem aber, um wieder auf die Beine zu kommen. Denn: Wieder alleine laufen zu können und Fußball zu spielen, das sind seine Ziele, sagt er. Dafür kämpft er und ist in den vergangenen Monaten nicht nur einmal bis über die Schmerzgrenze gegangen, um Fortschritte zu machen.
„Die Operationen, die wir durchgeführt haben, waren alles andere als ein Spaziergang“, sagt Privatdozent Dr. Jürgen Dolderer, Chefarzt der Klinik für Plastische, Rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie am Klinikum. Er war es, der den jungen Massai im September zur Behandlung nach Bayreuth geholt hatte. Der eine realistische Chance gesehen hat, ihm in Deutschland zu helfen. Eine Chance, die es in Tansania nicht gegeben hätte.

Viele Operationen waren notwendig, um die Wunden, die rund 70 Prozent von Safaris Haut ausmachten, zu decken und dabei die Beweglichkeit zu erhalten oder wiederherzustellen. Selbst ein Verbandswechsel wäre anfangs ohne Narkose zu schmerzhaft gewesen. Eine der größten Herausforderungen aber waren die beiden Kniegelenke: „Wir wollten Safari die Kniegelenke erhalten, um ihm das Laufen mit Prothesen zu ermöglichen. Dafür mussten die beiden Stümpfe beweglich und belastbar sein, die Kniekehlen mit großen Lappenplastiken wieder beweglich gemacht werden. Wir hatten aber kaum unversehrte Haut, auf die wir zurückgreifen konnten“, sagt Dolderer. Geglückt ist es dennoch.

Inzwischen hat die Firma Reha-Team Safari mit Prothesen versorgt, auf denen er bereits selbstbewusst steht, lernt, sie als Teil seines Körpers zu nutzen und einige Schritte selbstständig zu gehen. Seine Knie bewegt er dabei völlig normal.

Jetzt hat er das nächste Ziel im Blick: Laufen. Sechs Wochen Reha liegen vor ihm. Die Zeit will er nutzen, um sein Gleichgewicht zu trainieren, die Belastbarkeit zu erhöhen und um zu laufen. Dolderer ist zuversichtlich. „Er wird das machen, da bin ich mir sicher.“

Auch wenn Safari das Klinikum verlassen hat und die Zeit der Operationen hinter ihm liegt – begleiten werden ihn die Ärzte und das Pflegepersonal weiterhin. „Wir wollen natürlich wissen, wie es weitergeht. In der Reha werden wir ihn sicher besuchen, aktuell sicher mit Abstand am Fenster“, sagt Sophia. Schließlich sind es neben seinem Bruder Mbekwa, der all die Zeit an seiner Seite war, die einzigen Menschen, die er hier kennt. Daraus ist eine Verbindung entstanden, die bleibt. Und zum Abschied gab es doch noch eine Umarmung und ein paar Tränen.
Beim Spielen hatte Safari in Tanga eine am Boden liegende Starkstromleitung angefasst und dabei schwerste Verbrennungen erlitten. Die Ärzte mussten ihm beide Unterschenkel und den rechten Arm amputieren. In Tansania hätte der Junge keine Überlebenschance gehabt.

„Dass Safari leben kann, verdankt er einem unglaublichen Teamwork, für das ich mich an dieser Stelle noch einmal bedanken möchte. Bei allen Pflegekräften, Therapeuten, Mitarbeitern, der Geschäftsführung und den Ärzten hier im Haus, die uns unterstützt haben. Aber auch bei all den Partnern, die die Behandlung möglich gemacht haben“, sagt Dolderer. Dazu gehören neben dem Kreisverband Bayreuth des Bayerischen Roten Kreuzes, dem Mediclin Rehazentrum Roter Hügel und dem Reha-Team Bayreuth auch Condor, der Rotary Club Bayreuth und der „Nordbayerische Kurier“. Und natürlich jeder Einzelne, der Safari mit seiner Spende unterstützt hat und es weiterhin tut. Denn der Weg ist noch weit.

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