Abschied: Bye-bye Obamas

Archivfoto: Olivier Douliery/dpa Foto: red

Das letzte Staatsbankett im Weißen Haus fasste eigentlich alles zusammen. Michelle Obama im bodenlangen Kleid von Atelier Versace, wie aus flüssigem Metall.

 
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An ihrer Seite der strahlende Präsident, als wäre er hineingegossen in seinen Smoking. «Reiner Hollywood-Glamour», seufzte die «Washington Post». Wenn die Familie Obama nun allmählich die Koffer packt, heißt es Abschied nehmen vom berühmtestem Power-Paar der Welt.

Michelle und Barack Obama waren das eingelöste Versprechen, dass Eleganz und Würde nicht mit der Übernahme einer so gewaltigen Funktion verschwinden müssen. Die Vorstellung eines Donald Trump im Weißen Haus ermöglicht, sich noch einmal klar zu machen, welchen Raum dieses Paar eingenommen hat. Und wie es ihn ausfüllte.

Man mag Obamas Nahost-Politik kritisieren, den Drohneneinsatz entsetzlich finden, seine Gesundheitsreform unvollkommen und die Versäumnisse in der Einwanderungspolitik folgenreich. Trotzdem: «Der Mann verkörpert schlicht "cool"», schreibt die israelische «Haaretz». Und führt als Beweis, zum Beispiel, die präsidialen Playlisten an.

In diesen Listen hat Obama mehrfach seinen Musikgeschmack bei Spotify hinterlegt. Viel schwarze Musik und Jazz. Keine Klassik, kein Country. Für einen 55-Jährigen viel Hip Hop, aber auch reichlich Nina Simone oder Aretha Franklin. Aus dem Weißen Haus war zu hören, das sei schon alles fein austariert, gehe es doch auch bei Playlisten um eine Botschaft - und immer ums Vermächtnis.

Karaoke mit Michelle Obama

Kann man sich das vorstellen: Donald Trump mit Jerry Seinfeld im Auto, locker plaudernd wie Barack Obama? Hillary Clinton oder Melania Trump beim «Carpool-Karaoke» wie Michelle Obama? Unfassbar lässig kreuzte die neben James Corden durch den Garten des Weißen Hauses, textsicher Stevie Wonder schmetternd, und rappen kann sie auch.

«Wer auch immer die Wahl gewinnt: Ich glaube fest, dass wir zum letzten mal eine First Family wie diese haben werden», schreibt eine Anhängerin. Und ein anderer: «All das macht Michelle ja nicht zu einem besseren oder schlechteren Menschen.» Aber: «Ich habe einfach einen anderen Bezug zu ihr.»

Dieser engere Bezug ist es, aus dem sich viel von der kulturellen Anziehungskraft der Obamas speist. Weil der mächtigste Mann der Welt den Rapper Kendrick Lamar zitieren kann, erntet er Kommentare wie diesen: «Der Präsident der Vereinigten Staaten hört Musik, die ich auf meinem iPod habe. Die First Lady und ich hatten dieses Jahr den gleichen Lieblingssong! Diesen Satz werde ich voraussichtlich nie mehr im Leben sagen können.» Ronald Reagan mochte Country und Western, die Bush-Präsidenten ebenso.

"First Bumps"

«Alle Politik jetzt mal beiseite - die Obamas haben ein tiefverwurzeltes Verständnis von der modernen amerikanischen Kultur und von den Dingen, die uns Spaß machen», meint ein Anhänger bei «Medium». Die Obamas öffneten das Weiße Haus für Rapper und Jazz, tanzten mit dem Star-Wars-Roboter R2D2 vor dem Kamin, feierten diese Woche fröhlich Halloween mit Kindern. Der Präsident mag Serien wie «Game of Thrones» und «Breaking Bad», auch die regelmäßige Veröffentlichung des sommerlichen Leseprogramms darf nicht fehlen.

«Wie man wirklich cool ist? Indem Du wirklich bei Dir bist. Acht Jahre lang hatten wir eine First Family, die genau das gemacht hat», hinterlässt ein wehmütiger Begleiter. Magazine schrieben, man werde schon allein die «Fist Bumps» des Paars vermissen, den Gruß, der mit zwei leicht zusammenstoßenden Fäusten ausgeführt wird.

Ein Buch nannte Michelle schon 2011 «The White House Queen». Es gibt Fotogalerien mit ihren besten Kleidern. Sie trug Azzedine Alaia und Gaultier ebenso gerne wie sie amerikanische Designer unterstützte, Jason Wu oder Narciso Rodriguez. Die «Huffington Post» fand Michelle «hinreißend und schlicht für diese Rolle bestimmt». Den Bällen Washingtons, zum Beispiel beim White House Correspondents Dinner, werden ihr Glanz und seine Reden fehlen.

Der Selfie-Präsident. Ihre sportlichen Oberarme, ihr Workout. Sprints mit Bo, dem portugiesischen Wasserhund, durchs Weiße Haus. Ein tanzender, ein singender Präsident - aber des Morgens mit sehr schlechtem Atem, glaubt man seiner Frau. Die First Family, die den Hubschrauber Marine One verlässt, mit Sonnenbrillen und Weekendern, die Arme um Sasha und Malia gelegt. Pete Souzas oft ikonische Fotos der Obamas.

Selbstironisch und cool

Das wirkte alles menschlich und nah und anfassbar, wenn diese Zugänglichkeit auch wohlsortiert war, sorgfältig orchestriert von der Machtmaschine Weißes Haus auch über die sozialen Medien.

Bei zahlreichen Late Night Talkern war der Präsident zu Gast, ließ sich von Zach Galifianakis hoch nehmen, gab sich selbstironisch und cool. Dabei ist sein Verhältnis zu den Medien gar nicht so glänzend.

Ihren Töchtern versuchten die Obamas soviel Normalität wie möglich zu erhalten. Das ist nach Lage der Dinge komplex, wenn man eine Supermacht regiert. Man erfuhr aber, dass Vater Barack, wenn immer möglich, um 18.30 Uhr mit der Familie zu Abend esse.

Nach dem 20. Januar 2017 wird die dann ehemals berühmteste Familie der Welt in Washington bleiben, im guten Stadtteil Kalorama, bis Sasha 2018 die High School beendet hat. Vielen war es eine Freude, acht Jahre lang zuzusehen, wie auch Stil und Geschmack eine Präsidentschaft prägen können.

dpa

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