Ozempic, Wegovy & Co.
Welche Wirkstoffe gibt es? Bisher basierten die Spritzen auf drei sehr ähnlichen Wirkstoffen. Das für Diabetes indizierte Ozempic und auch Wegovy enthalten Semaglutid. Der Unterschied: Wegovy ist deutlich höher dosiert. Eine ähnliche Substanz namens Liraglutid ist in Saxenda. Zudem gibt es Dulaglutid, das etwa im Diabetesmittel Trulicity enthalten ist. Neu ist Tirzepatid, das als Mounjaro auf dem Markt ist.
Wie wirken Ozempic, Wegovy, Mounjaro? Vereinfacht gesagt ahmen Semaglutid und Co. die Wirkung des Peptids GLP-1 nach, das für das Sättigungsgefühl wichtig ist. Die Stoffe signalisieren dem Körper, dass Insulin ausgeschüttet werden soll. Sie senken so den Blutzuckerspiegel und führen dazu, dass man sich satt fühlt. Anwender essen weniger und nehmen ab.
Tirzepatid ähnelt gleich zwei körpereigenen Peptiden: GLP-1 und zudem GIP. Es fördert ebenfalls die Freisetzung von Insulin, verbessert so die Blutzuckereinstellung und zügelt den Appetit. Da es auch die Verdauung verzögert, fühlt man sich noch länger satt. Studien haben gezeigt, dass Gewichtsverluste von mehr als 20 Prozent des Körpergewichts möglich sind – und somit bis zu zehn Prozent mehr als bei Semaglutid.
Wie nimmt man die Präparate? Bisher muss man sich die Mittel unter die Haut injizieren. Je nach Wirkstoff täglich oder einmal pro Woche in den Bauch, Oberschenkel oder Oberarm. Die Mittel sind als Fertigspritzen erhältlich, sogenannte Pens. Experten rechnen damit, dass es bald auch Tabletten geben wird, die zum Abnehmen geeignet sind. Da die Anwendung einfacher ist, wird die Nachfrage wohl weiter steigen.
Ozempic kaufen?
Was kostet die Behandlung? Für eine Monatsration kommen je nach Hersteller in Deutschland 300 bis 400 Euro zusammen. Die Mittel sind verschreibungspflichtig, die Kosten muss man selbst tragen. Obwohl Adipositas seit 2020 als Krankheit anerkannt ist, gehören Abnehmspritzen nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Private Versicherungen übernehmen sie teils – unter bestimmten Voraussetzungen.
Wer ist Zielgruppe? „Die Mittel sind für Menschen mit Adipositas gedacht“, sagt Baptist Gallwitz von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft. Konkret heißt das: Patienten mit einem BMI über 30 können die Therapie verordnet bekommen. Zusätzlich sind die Mittel auch für Menschen mit einem BMI über 27 mit Begleiterkrankungen wie Diabetes zugelassen. Zuvor müssen Betroffene aber konservative Maßnahmen wie Ernährungsberatungen durchlaufen haben.
Wer ein paar Kilo verlieren will, solle die Finger davon lassen, so der Endokrinologe Gallwitz weiter: „Wir warnen davor, Präparate wie Wegovy als Lifestylemedikamente zu nutzen.“ Die Einnahme sei ein Eingriff in den Körper – und müsse ärztlich begleitet werden. Daher gibt es die Mittel nur auf Rezept.
Abnehmspritze macht abhängig
Wie lange dauert die Therapie? Ein paar Mal spritzen – und schon ist man schlank? Von wegen! Stattdessen heißt es: einmal Spritze, immer Spritze. „Studien zeigen, dass die Präparate nur bei dauerhafter Therapie wirken“, erklärt Gallwitz. „Wer sie absetzt, nimmt wieder zu.“ Adipositas sei eine ernsthafte Krankheit: „Prävention ist aber besser, als lebenslang Medikamente zu nehmen.“
Welche Nebenwirkungen gibt es? Die Medikamente werden von Experten wie Baptist Gallwitz für Patienten mit extremem Übergewicht als gute Therapieoption eingeschätzt. Gleichwohl können Nebenwirkungen auftreten: Völlegefühl etwa, Durchfall, aber auch Verstopfung. „Häufig treten Nebenwirkungen nur begrenzt auf, vor allem zu Beginn der Therapie. Deshalb wird die Dosis langsam gesteigert“, so Gallwitz.
Ein Nebeneffekt ist, dass durch die hohe Nachfrage Produktionsengpässe entstanden sind. Diabetesmittel haben sich verknappt. Dass für Diabetiker gedachte Mittel wie Ozempic zum Abnehmen missbraucht werden, kritisiert Gallwitz: „Wer das tut, nimmt Kranken ihre lebenswichtige Arznei weg.“
Abnehmspritze oder Apfelessig, Diät, Bewegung?
Übergewicht
Vor allem in den Industrieländern nimmt Übergewicht und Fettleibigkeit rasant zu. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben an den Folgen inzwischen mehr Menschen als an Untergewicht.
Jo-Jo-Effekt
Abnehmspritzen werden nun als sogenannte Gamechanger gefeiert – sie sollen die Wende bringen. Die Mittel sind laut Studien tatsächlich effektiv. Ab einem bestimmten Punkt stagniert der Gewichtsverlust jedoch. Zudem tritt der berüchtigte Jo-Jo-Effekt ein, wenn man sie absetzt. Um dauerhaft das neue Gewicht zu halten, muss man die Medikamente für immer nehmen. Sonst nimmt man zumindest um einen Teil der abgespeckten Masse wieder zu. Die Sanfte Alternative zur Abnehmspritze ist mehr Bewegung mit Diät, möglicherweise in Verbindung mit Apfelessig.
Milliardengeschäft
Dennoch ist die Nachfrage enorm. Schätzungen zufolge hat der Markt weltweit ein jährliches Umsatzpotenzial von bis zu 140 Milliarden Dollar. Die Produktion kommt aber kaum nach. Der US-Pharmakonzern Eli Lilly etwa plant daher ein neues Werk in Alzey (Rheinland-Pfalz).