Wie selbstverständlich hat diesmal der tschechische Botschafter Tomáš Jan Podivínský vor den Vertriebenen gesprochen. Vor wenigen Jahren wäre das noch undenkbar gewesen, sagte er. Auf Deutsch erinnerte er daran, dass es viel Mut und Kraft gekostet habe, das früher extrem gespannte Verhältnis zwischen Sudetendeutschen und Tschechen zu verbessern. Besonders würdigte er den ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der auf Prag zugegangen sei. “So konnten Brücken über die tiefen Täler des Misstrauens gebaut werden”, sagte Podivínský, und meinte: “Ich bin felsenfest überzeugt: Es liegt eine gute gemeinsame Zeit vor uns.” Für Bernd Posselt, den Vorsitzenden der Sudetendeutschen, war es eine "kleine Sensation", dass der Botschafter anwesend war; denn, "der Botschafter vertritt den Staat. Das ist ein weiterer Schritt auf unserem Weg der Verständigung".
 
Der Schirmherr der Sudetendeutschen, Ministerpräsident Markus Söder, lobte seinen Vorgänger Horst Seehofer seinerseits für dessen Mut, das Verhältnis zu Tschechien auf neue Füße gestellt zu haben. Söder sagte in Regensburg: “Ich mache mir Sorgen um Europa, weil immer mehr das Ego des Einzelnen in den Vordergrund tritt.” Der Grundgedanke des Friedens dürfe nicht aus Sattheit einfach aufgegeben werden. Zu bedenken sei, dass eine halbe Milliarde Europäer die Chance hätten, das Tor zur Welt zu öffnen; das könnten Einzelstaaten allein nicht schaffen. “Ein Europa der Spalter, Hetzer und Nationalisten möchte ich nicht”, sagte Söder, der seine Rede mit dem Dank an das Versöhnungswerk der Sudetendeutschen beendete: “Ein herzliches Vergelt’s Gott für Ihre Leistung.”
 
Mario Hierhager, der Bundesvorsitzende der Sudetendeutschen Jugend, verwies auf die “Fridays for Future”- Bewegung, und meinte, die Jugend zeige ihr kämpferisches Gesicht. Sie wolle nicht zusehen, wie Ewiggestrige ihr Heil in Rezepten des 19. Jahrhunderts suchten, das unendlich viel Leid über Europa gebracht habe.” Hierhager betonte, anspielend auf AfD-Chef Alexander Gauland: “Es ist eben unsre Zukunft, die lassen wir uns nicht versauen von Tweed-Sakko und Hunde-Krawatte tragenden Personen. Es ist nicht deren Zukunft; denn sie haben keine.” Hierhager gratulierte Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, die den diesjährigen Europäischen Karlspreis der Sudetendeutschen erhalten hat, für deren Versöhnungswerk.
 
In Regensburg wurden Versöhnung und Verständigung immer wieder beschworen - in dieser Zeit, in der Menschen “von den Dämonen des Nationalismus gegeißelt werden”, wie Posselt sagte. Nationalisten hätten sich im Augenblick zusammengetan, um das zu zerstören, was an Völkerverständigung aufgebaut worden sei. Posselt, ehemaliger Europaabgeordneter, sprach sich gegen einen übermächtigen Zentralismus aus und zitierte ein Wort des früheren tschechischen Staatschefs Vaclav Havel: “Europa muss eine Heimat der Heimaten werden” –  von unten nach oben errichtet, mit einem gemeinsamen demokratischen Dach.
 
Posselt hofft, als Nachrücker wieder ins Europaparlament einzuziehen, falls Manfred Weber als Nachfolger von Jean-Claude Juncker neuer EU-Kommissionspräsident wird. Europa drohe auseinanderzufallen in einen östlichen und einen westlichen Teil, warnte Posselt. Das könne passieren, “wenn wir die Mitte verlieren, deswegen brauchen wir ein starkes Mitteleuropa als Motor und Klammer”. Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer sagte im Pontifikalamt vor den Sudetendeutschen: “Die Seele Europas ist das Christentum.” Die Pilgerwege seien “die Pulsadern des christlichen Europas”.