Resolute Kämpferin in der Lokalpolitik: Evelyn Fernlacher. Foto: Wittek
Evelyn Farnlacher war keine brave Frau. Als Gemeinderätin musste sie in Gesees sonntags oft Ortsbegehungen machen. "Und wer kocht dann bei dir zu Hause die Klöße?", hieß es dann von den Männern. Ihr Mann verlangte nie von ihr nur am Herd zu stehen und sich um die zwei gemeinsamen Töchter zu kümmern. Wenn sie auf Terminen war, schob er den Kinderwagen durch den Ort. Die Geseeser Frauen meinten dann zu ihr: "Dein Mann ist aber ein Braver." Ihr Lieblingsspruch kommt von Heidemarie Wieczorek Zeul, SPD-Politikerin und ehemalige Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Auf die Frage, wer denn zu Hause putzt, sagte sie: "Ach wissen Sie, wenn es dreckig ist, ziehen wir um."
Im Gemeinderat hat sich Farnlacher nicht den Mund verbieten lassen. "Wenn ich etwas von dem Thema verstehe, dann halte ich nicht die Klappe", sagt Farnlacher. Seit ein paar Jahren hat Gesees eine Kindertagesstätte. Farnlacher hat dafür fünf Jahre gekämpft. "Frauen brauchen Kinderkrippen. Sonst gehen sie studieren und dann bleiben sie daheim", sagt Farnlacher. Gegen die Kindertagesstätte gab es am Anfang Vorbehalte aus der Geseeser Bevölkerung. "Brauchen wir das überhaupt?", hieß es damals. Die Geseeser waren es gewohnt, dass sich die Großeltern kümmerten oder die Frau zu Hause blieb. Mittlerweile gibt es Wartelisten, um einen Platz zu bekommen.
Vor 50 Jahren ist die 70-Jährige in die SPD eingetreten. Sie zeigt ihr blaues Mitgliedsbuch, dass die Größe eines Passes hat. Ihr Vater, der eine kleine Firma in Burgebrach bei Bamberg hatte, war in der SPD und sehr politisch. "Wir haben uns immer über die kleinen Leute unterhalten", sagt Farnlacher. Trotz seiner Selbständigkeit sei er Mitglied in der Gewerkschaft gewesen. Farnlacher arbeitete zunächst im öffentlichen Dienst in Bamberg, wo sie ihren Mann kennenlernt. Ihr Mann wurde wenig später nach Bayreuth versetzt. In Gesees bauten sie ihr Haus.
Mit einem Bekleidungsgeschäft machte sie sich selbständig
Als die Kinder groß waren führte Farnlacher ein Geschäft für Damenkleidung in Übergrößen. Zuerst mit einer einer Freundin in der Sophienstraße in Bareuth, später zehn Jahre alleine im Rotmain-Center. "Ich war immer dick", sagt sie. Ihre Kundinnen überzeugte sie, mehr Hosen zu tragen. "Viele haben sich das nicht getraut, dabei steht es ihnen", sagt sie. Im vergangenen Jahr hatte Farnlacher ziemlich abgenommen. Grund: Sie erlitt einen Herzinfarkt. "Plötzlich wurde mir schwarz vor Augen", sagt sie. Drei Wochen verbrachte sie in der Reha. Ans Aufgeben dachte sie nicht. "Mein Leben hat mir gefallen und ich wollte es wieder zurück", sagt Farnlacher.
Im Gemeinderat ist sie seit der vergangenen Kommunalwahl nicht mehr. "Die jungen Leute sollen ran", sagt sie. Sie ist noch Seniorenbeauftragte. Jeden dritten Mittwoch im Monat gibt es den Seniorenclub den sie mit 40 Jahren ins Leben gerufen hat. "Für Senioren wurde nichts getan. Es gab keine Bänke, keine Treffpunkte", sagt Farnlacher. Jedes Jahr fällt der Seniorenclub auf den Buß- und Bettag. Der Pfarrer fand das gar nicht lustig. Farnlacher war wieder nicht brav. Den Termin hat sie nicht verschoben.
Im Landkreis Bayreuth gibt es drei Bürgermeisterinnen, aber 30 Bürgermeister. Es liegt nicht nur an der schlechten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Die Frauen stehen sich oft selbst im Weg. Einen ausführlichen Bericht dazu lesen Sier hier
Eine Studie des Bundesfamilienministeriums zeigt, dass es immer noch zu wenig Frauen in der Kommunalpolitik gibt. Die Studie listet Erfolgsfaktoren für den Einstieg und Aufstieg aus. Eine Kurzversion dieser Studie gibt es bei uns hier zum Download.
Dieser Artikel wurde zuerst im Februar 2015 veröffentlicht.