220 pro-kurdische Politiker festgenommen

Das Büro der pro-kurdischen Partei HDP in Istanbul ist nach einer Razzia verwüstet. Foto: Constanze Letsch/dpa Foto: red

Erneut gehen die türkischen Behörden hart gegen die pro-kurdische Opposition im Land vor. Mehr als 200 Politiker der Oppositionspartei HDP wurden festgenommen. Bilder von Parteibüros zeigen Verwüstung.

 
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Die türkische Polizei hat in mehreren Städten Razzien gegen die pro-kurdische Oppositionspartei HDP durchgeführt und dabei mehr als 220 Parteimitglieder festgenommen. Darunter seien Bezirksvorsitzende der Partei, sagte HDP-Sprecherin Bermali Demirdögen der Deutschen Presse-Agentur am Montag. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, den Festgenommenen werde Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK oder Mitgliedschaft in der PKK vorgeworfen. Es habe Razzien in Ankara, Istanbul, Adana, Masina sowie Mersin gegeben.

Der Parteivorsitzende von Istanbul wurde ebenfalls festgenommen, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Das Büro im Stadtteil Beyoglu wurde in der Nacht verwüstet. Bücher lagen auf dem Boden verstreut und Schmierereien wurden an die Wand gesprüht.

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu kündigte am Montag erneut einen entschlossenen Kampf gegen den Terror an. Aufgabe der Regierung sei es, «Terrororganisationen» und ihre «Marionetten» aus der Region «für immer zu eliminieren», sagte er.

Die Zahl der Toten nach dem Doppelanschlag in Istanbul vom Samstag stieg inzwischen auf 44. Darunter sind nach Regierungsangaben 36 Polizisten und 8 Zivilisten. Ob die Zahl den Selbstmordattentäter beinhaltet, war unklar.

Die türkische Führung geht seit Monaten massiv gegen die pro-kurdische Opposition im Land vor. Schon vor dem Putschversuch vom 15. Juli war die Immunität von zahlreichen HDP-Abgeordneten wegen Terrorvorwürfen aufgehoben worden. Im November dann wurden unter anderem die Parteivorsitzenden der HDP, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag, festgenommen. Sie sitzen seitdem in Untersuchungshaft.

In der Südosttürkei hat die Regierung zahlreiche Bürgermeister der kurdischen Partei DBP, dem kommunalen Ableger der HDP, abgesetzt und die Bezirke unter Zwangsverwaltung gestellt. Sie brachte damit weite Teile der mehrheitlich kurdischen Provinzen im Südosten des Landes unter ihre direkte Kontrolle.

Die beiden Bombenanschläge im Istanbuler Viertel Besiktas am Samstagabend hatten sich gegen diensthabende Polizisten gerichtet. Nach Angaben des türkischen Innenministeriums wurden die Explosionen durch eine Autobombe und einen Selbstmordattentäter ausgelöst. Die TAK, eine Splittergruppe der PKK, hat sich zu den Anschlägen bekannt. Die Regierung hatte schon kurz nach dem Anschlag die PKK hinter den Anschlägen vermutet. Unklar ist, wie groß der Einfluss der PKK auf die TAK ist.

Europäische Diplomaten legten gemeinsam mit dem Bürgermeister von Besiktas Blumen am Anschlagsort nieder. Darunter war auch der deutsche Generalkonsul Georg Birgelen. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte dem Westen immer wieder vorgeworfen, die PKK zu unterstützen.

dpa

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