130 Jahre Reißverschluss Ein Aufreißer feiert Geburtstag

Markus Brauer

Jeder kennt ihn. Er ist einfach zu bedienen und klemmt immer im falschen Augenblick: Vor 130 Jahren wurde der Reißverschluss erfunden. Die Geschichte einer genialen Erfindung, die den Alltag revolutioniert hat, in acht Verschlüssen.

 
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Das berühmteste Reißverschluss-Plattencover der Welt: 1971 erschien „Sticky Fingers“, das neunte Studioalbum der legendären britischen Rockband „The Rolling Stones“. Foto: Imago/Cover Imag/s

Das umständliche Binden der Schnürsenkel an seinen Schuhen soll Whitcomb Leonard Judson so genervt haben, dass er nach einer Alternative suchte – und vor 130 Jahren den Reißverschluss erfand. So richtig funktionierte die Idee aber erst nach seinem Tod.

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Geschichte einer genialen Erfindung, die den Alltag revolutioniert hat, in acht Verschlüssen:

1. Der richtige Dreh

Zwei Metallketten in Schuhe eingenäht, mit einem Schieber verbunden – fertig ist der Reißverschluss. Foto: Imago/Westend/61

Etliche Tüftler versuchten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts an einer einfachen Verschlussmethode für Schuhe und Kleidungsstücke. Der US-Fabrikant Elias Howe war der erste, der 1851 einen ununterbrochenen Kleiderverschluss patentieren ließ. Seine Erfindung war allerdings zu sperrig und hatte keinen praktischen Nutzen.

Erst Withcomb Leonard Judson fand 1890 den richtigen Dreh. Weil der etwas übergewichtige Handlungsreisende und Multi-Erfinder aus Chicago des Schnürsenkelbindens überdrüssig war, kam er auf die Idee, zwei Metallketten in Schuhe einzunähen, und sie mit einem Schieber zu verbinden.

2. Der passende Verschluss

So geht’s richtig – ohne Klemmen und Ösen. Foto: Imago/Panthermedi/a

Am 29. August 1893 meldete Judson seinen auf Haken und Ösen basierenden Verschluss, den er „Clasp locker“ – Klemmöffner für Schuhe – nannte, zum Patent an.

Im selben Jahr präsentierte er seine Erfindung auf der Weltausstellung in Chicago der Öffentlichkeit. Dieses Datum gilt als offizieller Geburtstag des Reißverschlusses. Doch trotz aller funktionalen Vorzüge – die große Resonanz auf Judsons „Clasp locker“ blieb fürs Erste aus.

3. Die erste Fabrik

Unentbehrlicher Helfer für jede Schneiderin und jeden Schneider. Foto: Imago//Imagebroker

Ein Jahr später eröffnete Judson im Ort Hoboken bei New York die „Walker Universal Fastener Company“ – die erste Reißverschluss-Fabrik der Welt. Doch auch diesmal blieb der Erfolg aus. Sein Verschluss war noch nicht ausgereift, klemmte häufig und ging meistens nicht wieder auf.

4. Die biegsamen Stoffstreifen

Zwei biegsame Stoffstreifen, an deren Seiten je eine Reihe Zähnchen aus Metall – erst das ist ein Reißverschluss. Foto: Imago//Yay Images

Erst zwei Jahrzehnte später kam der endgültige Durchbruch. Der aus Schweden stammende US-Ingenieur Gideon Sundbäck verbesserte Judsons Erfindung und gab dem Reißverschluss sein bis heute nahezu unverändertes Aussehen: zwei biegsame Stoffstreifen, an deren Seiten je eine Reihe Zähnchen aus Metall – später dann aus Kunststoff – von einem Keil aneinandergepresst und verhakt werden.

Das schon sprichwörtlich gewordene Reißverschluss-System war endgültig geboren. Im Jahr 1917 ließ Sundbäck seinen „Separable Fastener“ in den USA patentieren.

5. Das originelle Verfahren

Ohne Rippen und Rillen geht beim Reißverschluss gar nichts. Foto: Imago//Zoonar

Im Jahr 1923 kaufte der Schweizer Industrielle Martin Othmar Winterhalter das US-Patent von Sundbäck. Er perfektionierte dessen aus Kügelchen und Klemmbacken bestehenden Verschluss und ersetzte sie durch die noch heute üblichen Rippen und Rillen – daher auch der Name seiner Firma RiRi.

Nachdem ihm die maschinelle Produktion gelungen war, gründete Winterhalter 1924 erst in Halle an der Saale und drei Jahre später in Wuppertal eine Fabrik für Reißverschlüsse.

1929 schließlich erfand er das Druckgießverfahren zur Herstellung gespritzter Ketten aus Kunststoff und Metall. Der Reißverschluss konnte nun in die Massenproduktion gehen.

6. Der funktionelle Zipper

Krampen im Spritzgussverfahren machten den Reißverschluss erst zur Massenware. Foto: Imago//Imagebroker

Ein normaler Reißverschluss besteht aus gut einem Dutzend Teilen. Und so funktioniert der sogenannte Zipper: An zwei Stoffstreifen werden im Spritzgussverfahren jeweils eine Reihe feiner Zähne (Krampen) aus Messing, Aluminium oder Kunststoff angebracht. Mithilfe des Schiebemechanismus werden die Zähne ineinander verhakt und wieder gelöst.

7. Der alltägliche Helfer

Wunderwerke mit kleinen Häkchen. Foto: Imago//Panthermedia

Reißverschlüsse sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Sie werden in Hosen, Jacken, Bettwäsche, Schuhe, Koffer und Zelten eingenäht. Von dem Wunderwerk mit den kleinen Häkchen gibt es heute eine unübersehbare Fülle an Sortimenten, Farben, Schiebern und Funktionsweisen.

8. Der globale Markt

Der kleine Reißverschluss ist heute ein Gigant auf dem globalem Bekleidungsmarkt. Foto: Imago/Zoonar

Anfangs waren es kleine Stückzahlen, doch der Siegeszug des praktischen Verschlusses war nicht mehr aufzuhalten. Allein in Deutschland werden heute nach Schätzungen von Experten rund 70 Millionen Meter Reißverschlüsse pro Jahr produziert.

Die beiden Hauptproduzenten in dem rund zwölf Milliarden Euro schweren Markt stammen aus Asien, wo am meisten Zipper verkauft werden: Die Unternehmen YKK aus Japan und SBS aus China teilen sich in heftiger Konkurrenz mehr als die Hälfte des globalen Reißverschluss-Marktes auf, wie das Magazin „Business of Fashion“ berichtet.