Thema Fußball-WM: Das Geschäft mit der Sehnsucht

Von Achim Muth

Zwei Spiele noch, dann wird auch diese Fußball-Weltmeisterschaft Geschichte sein. Es war eine schöne WM und Brasilien ein würdiger Gastgeber, der die eine oder andere kleine Unzulänglichkeit mit Herzlichkeit wettmachte. Unabhängig vom sportlichen Ausgang und abseits der Frage, ob Deutschland oder Argentinien Weltmeister werden wird, zeigte dieses vierwöchige Spektakel auch: Der Fußball ist mehr denn je ein globales Ereignis.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Er ist wohl der größte gemeinsame Nenner einer kompliziert gewordenen Welt, abgesehen vielleicht von der Sehnsucht nach Frieden, Gesundheit, Liebe.

Nach der Werbung weiterlesen

Warum das so ist? Vielleicht ist es gerade die Einfachheit des Fußballspiels, die es über alle anderen Konkurrenten hievt. Jeder kann mitreden, jeder redet mit – und hinterher hat es jeder besser gewusst. Der Fußball verbindet alle.

Der Erfolg ist aber auch das Ergebnis einer perfekten Inszenierung des Weltverbandes Fifa. Bei der zu Ende gehenden Weltmeisterschaft hat die Fifa rund 3,3 Milliarden Euro eingenommen, nach Abzug der Kosten bleibt den Herrschern des Fußballs ein Gewinn von 1,62 Milliarden Euro. Rund zwei Milliarden aus den Einnahmen kamen aus dem Erlös der Fernsehrechte. Dafür haben die Sender ein Produkt erhalten, das offenbar seinesgleichen sucht.

In Deutschland haben die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF rund 150 Millionen Euro für die Übertragungsrechte an die Fifa bezahlt und sind in Brasilien gleich mit Kompaniestärke angerückt. Es mag zu Recht Diskussionen geben, ob seichte Interviews am Swimmingpool sein müssen, aber der Erfolg gibt den Anstalten recht: Die Quoten waren sensationell, das Halbfinale Deutschland gegen Brasilien erzielte mit 32,5 Millionen Zuschauern und einem Marktanteil von 87,8 Prozent einen TV-Rekord in der deutschen Geschichte.

Einen weiteren Milliardenbetrag erhält die Fifa von Sponsoren, die diese größte Bühne der Welt anschließend ungehemmt nutzen dürfen. Und auch abseits der offiziellen Sponsoren scheint es keinen Konzern, keine Firma, keinen Mittelständler mehr zu geben, der nicht von der WM zu profitieren versucht. Der Bäcker um die Ecke backt Fußballbrötchen, und Adidas verkauft rund acht Millionen Trikots, davon allein zwei Millionen deutsche – 30 Prozent mehr als bei der Heim-WM 2006. In diesen Tagen möchte eben jeder ein bisschen Müller sein.

Der Fußball erfüllt Sehnsüchte. Er bietet die Flucht aus dem Alltag ohne schlechtes Gewissen, weil es ja jeder tut. Aber es gibt Wichtigeres als dieses Spiel, das sollte jedem bewusst sein: Am Montag ist diese Weltmeisterschaft vorbei, aber das Leben geht weiter.