Im Januar schwächte sich der Preisauftrieb zwar erneut ab, dennoch lagen die Verbraucherpreise im Währungsraum einer ersten Schätzung der Statistikbehörde Eurostat zufolge um 8,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. In Europas größter Volkswirtschaft Deutschland lag die Inflationsrate im Dezember bei 8,6 Prozent. Vor allem Energie und Lebensmittel heizen die Teuerung an. Die Januarzahlen für Deutschland werden für die kommende Woche erwartet.
Die EZB geht nach ihrer jüngsten Prognose davon aus, dass die Teuerungsrate im Euroraum erst 2025 wieder nah an ihre Zielmarke herankommen wird. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbrauchern, denn sie können sich für einen Euro dann weniger leisten.
Volkswirte sowie Vertreter von Bankenverbänden und Industrie in Deutschland lobten am Donnerstag den Kurs der Notenbank. Die Situation sehe nur auf den ersten Blick für Unternehmen und Bürger entspannter aus, ordnete der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammer, Achim Dercks, ein: "Tatsächlich steigt die Kerninflation weiter an, die Inflationsrate ist also nur wegen leicht nachlassender Energiepreise zurückgegangen. Der Kampf gegen die Inflation ist also noch lange nicht gewonnen." Die Kerninflation ist die Rate ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel.
Nächste Sitzung im März
Die EZB brauche "einen langen Atem", meint die Hauptgeschäftsführerin des Bankenverbandes VÖB, Iris Bethge-Krauß. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer hält einen Einlagensatz von rund vier Prozent für nötig, um die Inflation langfristig wieder auf zwei Prozent zu drücken.
Bei der nächsten Sitzung am 16. März will der EZB-Rat ausloten, wie es nach der Serie von Zinserhöhungen weitergeht. Ein Faktor: Höhere Zinsen sind zugleich eine Bürde für die Wirtschaft, etwa weil sich Kredite verteuern. "Die Geldpolitik wird bei ihren Entscheidungen im zweiten Halbjahr berücksichtigen müssen, dass weitere Zinserhöhungen eine dämpfende Wirkung auf Investitions- und Konsumentscheidungen und damit auf die Konjunktur haben", gab der Chefvolkswirt des Bankenverbandes BVR, Andreas Bley, zu bedenken.
Seit Monaten machen dem Währungsraum der inzwischen 20 Länder die Folgen des Ukraine-Krieges und der starke Anstieg der Energiepreise zu schaffen. Dass der befürchtete Wirtschaftsabschwung bislang mild ausfiel, spielt der EZB in die Karten. "Der aufkeimende Konjunkturoptimismus und die jüngst besseren Wirtschaftsdaten erleichtern es der EZB, Kurs zu halten", erläuterte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, der früher selbst Mitglied im EZB-Direktorium war. "Eine robustere Wirtschaft wird die nächsten Zinserhöhungen besser verkraften."
Auch andere große Notenbanken stemmen sich gegen Inflation: Die US-Notenbank Fed hob am Mittwoch zum achten Mal in Folge den Leitzins an, dieses Mal um 0,25 Punkte in eine Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent. Die britische Notenbank beschloss am Donnerstag die zehnte Zinserhöhung seit Ende 2021 und hob ihren Leitzins um weitere 0,5 Punkte auf 4,0 Prozent an.