Umweltkonferenz in Bonn Demos sollen UN-Klimaschützer beflügeln

Zehntausende junge Leute haben sich der Protestbewegung Fridays for Future angeschlossen und fordern mehr Klimaschutz. Sie haben das Thema mit Wucht auf die Agenda gedrückt. Kann eine große UN-Konferenz den Schwung nutzen?

 
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Bonn - 197 Tage verbrachte Alexander Gerst vergangenes Jahr im Weltraum. Als er danach auf die Erde zurückkehrte, fiel ihm etwas auf: Der Klimaschutz war ein viel größeres Thema geworden. "Und das ist natürlich eine sehr gute Sache", freute sich der Astronaut diesen Monat in Köln.

Die Fridays-for-Future-Demonstrationen und das insgesamt massiv gewachsene Engagement vieler junger Leute sollen nun auch eine am Montag begonnene UN-Klimakonferenz in Bonn vorantreiben.

UN-Klimachefin Patricia Espinosa zeigt sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur begeistert: Die Aktionen könnten wesentlich dazu beitragen, die Gesellschaft für die nötigen Veränderungen zu mobilisieren, sagt sie. Jugendliche auf der ganzen Welt wüssten, dass der Klimawandel die allergrößte Herausforderung überhaupt sei - "und sie sind wütend".

Der Protest werde auf den Konferenzen deutlich wahrgenommen, bestätigt Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Sie berichtet: "Vor ein paar Wochen in Heidelberg bei der Internationalen Klimakonferenz ICCA2019 zogen viele Hundert Protestierende, meist Schulkinder, stundenlang lautstark rufend und pfeifend um das Kongresszentrum, wo wir tagten. Das war nicht zu überhören und nicht zu übersehen."

Die Konferenz in Bonn mit 3000 Teilnehmern soll bis Donnerstag kommender Woche den nächsten Weltklimagipfel im Dezember in Santiago de Chile vorbereiten. Dort soll sich etwas bewegen, denn die bisherigen Zusagen aller Länder der Welt reichen bei weitem nicht aus, um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen: die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad. "Wir steuern geradewegs auf eine Erderhitzung von über drei Grad zu", warnt Michael Schäfer vom WWF.

Als einer der größten Pro-Kopf-Verschmutzer spielt Deutschland dabei eine Hauptrolle. Mit einem Anteil von rund einem Prozent an der Weltbevölkerung ist Deutschland für rund zwei Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. "Pro Kopf heißt das, dass jeder in Deutschland lebende Mensch rund doppelt so viele Emissionen jährlich verursacht wie der Durchschnitt der Menschheit", erläutert Schulze.

Die SPD-Politikerin gibt sich optimistisch: "Ich freue mich, dass die Bundesregierung sich jetzt auch dafür einsetzt, dass die EU bereits im Jahr 2050 treibhausgasneutral ist. Das war vor einigen Monaten noch umstritten, als ich meinen Entwurf für ein deutsches Klimaschutzgesetz vorgelegt hatte."

Umweltschutzorganisationen sehen Deutschland hingegen innerhalb der EU keineswegs als Antreiber, sondern eher als Bremser: Die Bundesregierung werde sowohl die nationalen als auch die europäischen Klimaziele verfehlen, kritisiert der BUND. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser fordert: "Vier Monate nachdem die Kohlekommission einen Ausstiegsplan vorgelegt hat, wollen die Menschen jetzt endlich hören, welches Kohlekraftwerk vom Netz geht. Die Demonstranten wollen wissen, wann der letzte klimaschädliche Verbrennungsmotor vom Band rollt."

Zwei Aktivisten von Fridays for Future sind am Montag sogar als Beobachter bei der Konferenz dabei: die Schülerin Maya Florinda Krieg und der Student Luca Samlidis, beide 19 und aus Bonn. Sie freuen sich über das Lob von Patricia Espinosa für ihre Bewegung: "Man merkt die globale Relevanz", meint Samlidis. "Allerdings müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass dieses Lob noch keine konkreten Handlungen verspricht." Krieg betont: "Unsere Forderungen sind Klimaneutralität bis 2035 spätestens und das Einhalten des 1,5-Grad-Ziels." Am Freitag soll in Aachen wieder demonstriert werden - mit bis zu 20.000 Teilnehmern.

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