Wunderwerk Körper Was gegen Frieren wirklich hilft

Sandra Markert
Hier wird schon mal viel richtig gemacht in puncto Kälteschutz: Kopf bedeckt, Hals geschützt – und heißer Tee. Foto: imago/photothek/Ute Grabowsky

Experten verraten, ob man sich an kältere Raumtemperaturen gewöhnt, ob es sinnvoll ist, sich Winterspeck anzufuttern, und warum es Männer beim Energiesparen leichter haben als Frauen.

 
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Der menschliche Körper ist ein wahres Wunderwerk, wenn es darum geht, sich an veränderte Außenbedingungen anzupassen. Beim Schwitzen und Frieren tritt das besonders zutage.

Warum frieren Menschen überhaupt?

Menschen müssen ihre Körpertemperatur bei etwa 37 Grad halten, damit der Energiestoffwechsel funktioniert und das Gehirn sowie die inneren Organe gut versorgt werden. „Außerhalb dieser Körpertemperatur fallen die Zellfunktionen irgendwann aus. Das möchte der Körper verhindern. Also reagiert er mit einer Kälteantwort“, sagt Thomas Korff vom Institut für Physiologie und Pathophysiologie der Universität Heidelberg. Die Kälteantwort versucht zu verhindern, dass der Körper mehr Wärme verliert, als er produzieren kann – durch Frieren.

Wie funktioniert Frieren?

Überall in der Haut verteilt gibt es Wärme- und Kältesensoren. Diese melden dem Gehirn die Körpertemperatur. Bei Kälte veranlasst es, dass die Durchblutung der Haut heruntergefahren wird. „Denn wenn die Haut nicht mehr so warm ist, dann geht auch weniger Körperwärme verloren“, sagt Gernot Kuhnen vom Physiologischen Institut der Universität Gießen. Beobachten lässt sich das im Winter gut an den Händen, die durch die geringere Durchblutung eine hellere Farbe bekommen. „Unbewusst verändern wir auch unser Verhalten. Wir stecken die Hände in die Taschen oder ziehen die Beine und die Schultern an. Durch solche Kauerhaltungen wird die Oberfläche kleiner, und wir geben weniger Wärme ab“, sagt Thomas Korff.

Warum werden die Hände und Füße besonders kalt, wenn man friert?

Das Nervensystem sorgt bei Kälte dafür, dass sich die Blutgefäße in den Armen und Beinen zusammenziehen und weniger warmes Blut durch sie gepumpt wird – so bleibt die Körpermitte mit den lebenswichtigen Organen warm. Schon ab einer Raumtemperatur von 19 Grad Celsius kann es sein, dass sich die Muskeln in den Fingern so versteifen.

Warum frieren Frauen schneller als?

Männer haben von Natur aus eine dickere Haut, mehr Muskelmasse, und ihr Stoffwechsel erzeugt auch mehr Wärme. Bei Frauen kommt hinzu, dass die sogenannte Zentralisierungsfähigkeit der Wärme stärker ausgeprägt ist. Das warme Blut wird also früher Richtung Körpermitte gepumpt, was zu kalten Händen und Füßen führt. „Man mutmaßt, dass das mit der Schwangerschaft und der Blutversorgung für den Nachwuchs zu tun hat“, sagt Thomas Korff.

Tiere futtern sich für den Winter Speck an. Funktioniert das bei Menschen auch?

„Das Unterhautfettgewebe hat auch beim Menschen eine isolierende Wirkung“, sagt Ernährungsexperte David Fäh, der an der Berner Fachhochschule lehrt. Dieses sogenannte braune Fett bildet sich aber vor allem dadurch, dass Menschen sich regelmäßig draußen in der Kälte bewegen. Der klassische Winterspeck beim Menschen dagegen wird Speicherfett genannt, welches sich an Bauch, Beinen und Po ablagert.

Gibt es andere Strategien, um sich an kältere Temperaturen zu gewöhnen?

„Ja, man kann das Kältereaktionsempfinden durchaus trainieren“, sagt Gernot Kuhnen. Klassiker sind Saunagänge mit Abkühlung oder Wechselduschen. Dabei lernen die Gefäße, sich schnell enger und weiter zu stellen – eine Fähigkeit, die dem Körper hilft, sich an veränderte Temperaturen anzupassen. „Dadurch friert man dann weniger schnell“, sagt Kuhnen. Menschen die viel an der frischen Luft arbeiten, bilden mit der Zeit zudem mehr Unterhautfettgewebe aus und haben einen höheren Grundumsatz.

Kann man sich durch warme Getränke aufwärmen?

„Die Körpertemperatur lässt sich dadurch nicht wirklich erhöhen“, sagt Thomas Korff. Der Grund: Eine Tasse Tee enthält 200 Milliliter Flüssigkeit, die etwa 50 bis 60 Grad warm ist. Diese Menge kann nicht ausreichen, um das gesamte Körpervolumen auf 37 Grad zu erwärmen.

Hat eine Erkältung etwas mit Kälte zu tun?

„19 Grad in Räumen sind gewöhnungsbedürftig, gesundheitlich aber unproblematisch“, sagt Gernot Kuhnen. Was allerdings stimmt: Bei Kälte wird die Körperperipherie weniger stark durchblutet, deshalb verbreiten sich auch die Immunzellen in diesem Körperbereich nicht mehr so stark.

Kleider machen Wärme

Kälterezeptoren
Über 30 000 Kälterezeptoren – und nur 3000 Wärmerezeptoren – befinden sich auf der Hautoberfläche verteilt. Diese winzigen Sensoren sorgen dafür, dass der Körper auf warme und kalte Umgebungsbedingungen reagieren kann. Besonders viele Kälterezeptoren gibt es im Gesicht rund um Nase und Mund sowie im Bereich um Hals und Nacken. Ein warmer Schal hilft deshalb dabei, weniger zu frieren. Insbesondere bei Kleinkindern leistet eine Mütze zusätzlich gute Dienste. Ihr Kopf ist im Vergleich zum restlichen Körper anteilsmäßig noch größer, weshalb sie überdurchschnittlich viel Wärme über den Kopf verlieren.

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