Bedingungslos hilfsbereit
Drechsel, der trotz der Tatsache, dass er ein ausgezeichneter Motorradfahrer war, einige schwere Stürze hatte, paart die Neugier und die Lust auf Geschwindigkeit mit einer bedingungslosen Hilfsbereitschaft. „Er war nicht nur immer hinter uns gestanden. Egal, was war. Hat uns geholfen, wenn wir Kummer hatten. Wenn mal die Polizei da war, weil wir als Jugendliche halt die Mopeds frisiert hatten, hat er zu uns gehalten: ,Naa, die Jungs machen doch sowos net‘, hat er gesagt. Und kaum ein anderer sei wie er stets bereit gewesen, für die Kunden nachts oder am Wochenende auszurücken, um Motorräder abzuholen oder auszuliefern. „Geschraubt hat er bis in die Nacht, oft ist er an der Werkbank eingeschlafen, aufgewacht und hat weitergeschraubt“, sagen die beiden ehemaligen Lehrlinge, die Drechsel auch unterstützt hat, wie sie auf Triumph Rennen zwischen 1996 und 2000 gefahren sind. „Lederkombi, Helm, Stiefel, das hat er gesponsert“, sagt Kolb. „Und ich erinnere mich, dass mir mal ein Motor geplatzt ist: So schnell habe ich gar nicht geschaut, hat er mir einen aus einer neuen Maschine ausgebaut und für die letzten drei Rennen geliehen“, sagt Schnörer.
Ein Tag ohne Schraubenschlüssel – ein verlorener Tag
Ein Tag ohne Schraubenschlüssel, das scheint für Drechsel tatsächlich ein verlorener Tag gewesen zu sein: „Als die Mädchen noch klein waren, haben wir zwei Wochen Tunesien gebucht gehabt“, sagt Angelika Drechsel. „Am zweiten Tag hat der Wolfgang am Bootsanleger den ersten Bootsmotor repariert. Am nächsten Tag den nächsten: Keine Ahnung, wie er sich mit den Leuten verständigt hat, aber die haben ihn immer gefunden– und er hat den ganzen Urlaub repariert, während ich mit den Mädchen am Strand war. Und als wir wieder gefahren sind, waren die Tunesier glücklich. Und der Wolfgang auch.“ Weil „für ihn alles, was brummt, eine Seele hatte“ – und deshalb wieder funktionieren musste, wie Angelika Drechsel sagt. Deshalb habe er auch immer drauf geschaut, „dass die Jungs ihre Motorräder gut behandeln“.
Immer im Sinne der Kunden
Drechsel selbst sagte im letzten Gespräch mit dem Kurier, dass er immer gedacht habe, „dass ich einmal mit dem Motorrad abtrete. Aber dass ich mir jetzt so einen Scheiß einfangen muss …“ Die unheilbare Krankheit ALS hat ihm zum Schluss die Kraft genommen, das zu tun, was er sein Leben lang am liebsten tat: schrauben und damit anderen helfen. „Das war immer sein Motto: Er wollte es im Sinne seiner Kunden so preisgünstig wie möglich und gut machen. Und schnell. Denn er ist da immer von sich ausgegangen: er hätte ja auch schnell wieder fahren wollen“, sagt Kolb.