Wird das Tafelsilber verkauft? Mehr Geld für mehr Bahn - Aufsichtsrat sucht Finanzquellen

Auf der Bahn ruht große Hoffnung: Für mehr Klimaschutz sollen deutlich mehr Menschen mit Zügen zur Arbeit und in Urlaub fahren. Doch der Blick auf die Finanzen fällt zwiespältig aus.

 
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Arriva-Zug in Wales: Die profitable Tochter DB Arriva betreibt mit 53.000 Beschäftigten Busse und Regionalzüge in 14 europäischen Ländern. Foto: Peter Byrne/PA Wire Foto: dpa

Berlin - Billigere Fahrkarten, mehr Züge: Die Deutsche Bahn hat kostspielige Ziele - aber auch hohe Schulden und eine milliardenschwere Finanzlücke in diesem Jahr. An diesem Mittwoch überlegt der Aufsichtsrat, woher frisches Geld kommen kann. Und wo noch Risiken schlummern. Ein Überblick:

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FINANZLÜCKE:

Allein in diesem Jahr fehlen der Bahn knapp drei Milliarden Euro, darauf hat der Bundesrechnungshof jetzt aufmerksam gemacht. Sein Bericht für den Bundestag steht nicht auf der Tagesordnung des Aufsichtsrats, doch er dürfte bei dem Staatskonzern mehr sein als Flurgespräch. Der Gewinn sinkt, die Investitionen ins marode Netz wachsen - müssen wachsen, denn der Bund will, dass die Fahrgastzahlen deutlich steigen.

In den nächsten zehn Jahren sollen 86 Milliarden Euro in das Netz fließen, deutlich mehr als bislang. Davon sollen 24 Milliarden von der Bahn kommen. Die hat ihre Schuldenobergrenze schon erreicht, inklusive Leasingverbindlichkeiten sind es rund 25 Milliarden Euro. Was nun? Der Bund verlangt vom Aufsichtsrat klare Antworten.

TAFELSILBER-VERKAUF:

Der Vorstand will sich mehr um die Eisenbahn in Deutschland kümmern, die zuletzt nur noch 40 Prozent des Umsatzes ausmachte. Dafür soll ein Teil des Auslandsgeschäfts versilbert werden, die profitable Tochter DB Arriva. Mit 53.000 Beschäftigten betreibt sie Busse und Regionalzüge in 14 europäischen Ländern. Es ist die Rede davon, dass das drei bis vier Milliarden Euro bringen könnte. Es gibt eine Reihe von Kaufinteressenten. Wie konkret ihre Angebote sind, ist aber noch unklar. Klappt kein Komplettverkauf, soll Arriva an die Börse gehen.

Der Rechnungshof empfiehlt, dass sich die Bahn auch Gedanken darüber macht, die internationale Logistiktochter Schenker zu verkaufen - was der Vorstand bislang ablehnt. Das Management plant weitere zwei Milliarden durch sogenannte Hybrid-Anleihen an Land zu ziehen, wie es aus Aufsichtsratskreisen hieß. Die Mischform aus Anleihe und Aktie bietet eine sehr lange Laufzeit.

STUTTGART 21:

Der schwierige Milliardenbau ist regelmäßig Thema im Kontrollgremium. 8,2 Milliarden Euro waren zuletzt veranschlagt und sie werden wohl gebraucht. Dazu tragen auch steigende Baukosten bei. Der Bahnhof soll Ende 2025 fertig sein. Bei Baubeginn 2010 hatte das Kostenlimit für den unterirdischen Bahnhof und die Anschlussstrecken bei 4,5 Milliarden Euro gelegen. Der Bundesrechnungshof sieht das Risiko weiterer Belastungen.

BERATERVERTRÄGE

Kann es sich die Bahn in dieser Lage erlauben, Geld für Berater auszugeben, wenn Zweifel bestehen, ob die Gegenleistung angemessen ist? Das ist die Kernfrage, mit der die Prüfungsgesellschaft EY Beraterverträge mit Ex-Bahn-Managern aus den Jahren 2010 bis 2018 unter die Lupe genommen hat. Dem Vernehmen nach wurden in elf Fällen Verstöße gegen das Aktienrecht festgestellt. Die Prüfer werden im Aufsichtsrat Bericht erstatten.

Die Überprüfung betraf nach Bahnangaben auch Beraterverträge mit dem früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers; der CDU-Politiker ließ Anfragen zu dem Thema unbeantwortet. Wie in Aufsichtsratskreisen zu hören war, prüft der Konzern die Möglichkeit, frühere Vorstände zur Kasse zu bitten. Auch Abmahnungen oder Rügen für Verantwortliche waren zuletzt im Gespräch.