Wirbel um Adventsfenster TSV Brand verwendet unwissentlich Neonazi-Code

Gefährliche Parallele: 1888 ist das Gründungsjahr des TSV Brand, doch im Neonazi-Code steht 18 für den ersten (A) und achten (H) Buchstaben des Alphabets, die Abkürzung für Adolf Hitler. 88 bedeutet analog Heil Hitler. Foto: /Brigitte Gschwendtner

Rechte Symbolik am Marktredwitzer Rathaus? Geht gar nicht, kritisiert Elke Häcker­-Becker. Zu 100 Prozent­ unbeabsichtigt, versichern JU, Oberbürgermeister und TSV. Sie wollen die Zahlen entfernen.

 
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Marktredwitz - Wenn Elke Häcker-Becker die Marktredwitzer Adventsfenster betrachtet, erschrickt sie: Groß prangen am Historischen Rathaus die Zahlen 18 und 88 in einem der Fenster, das der TSV Brand auf Einladung der Jungen Union gestaltet hat.

Zahl 18 steht für Adolf Hitler

Die Zahl 18 steht im Neonazi-Code für den ersten und achten Buchstaben des Alphabets, also A und H, und damit für Adolf Hitler. Analog dazu bedeutet die Zahl 88 Heil Hitler. Diese rechte Symbolik sei inzwischen so bekannt, dass es sich verbiete, diese beiden Zahlen an einem öffentlichen Gebäude anzubringen, findet Elke Häcker-Becker. „Ausgerechnet am Historischen Rathaus. Was sollen Touristen von uns denken?“, fragt sich die Marktredwitzerin, die Mitglied in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und dem Bund der Antifaschisten ist.

„Können nichts für Gründungsjahr 1888“

Sie unterstelle dem Brander Verein keinerlei Absicht, betont Häcker-Becker. „Die können ja nichts für ihr Gründungsjahr 1888.“ Doch das Fenster des TSV sei schon seit 6. Dezember geöffnet – da hätte die unglückliche Trennung der Jahreszahl durch die Sprossen-Fenster des Historischen Rathauses schon jemanden auffallen müssen.

Ist es aber nicht.

JU „nicht für Konzeption zuständig“

Als Organisatoren der „Rawetzer Adventsfenster“ sei die JU grundsätzlich nicht für die Konzeption und Gestaltung der einzelnen Fenster verantwortlich, teilt Vorsitzender Florian Fischer mit. Diese unterliege den jeweiligen Vereinen, in diesem Fall also dem TSV Brand. „Wir bedauern sehr, dass die Jahreszahl 1888, welche das Gründungsjahr des Vereins darstellt und auch im offiziellen Vereinsnamen enthalten ist, auf dem Rathausfenster missverständlich interpretiert werden kann.“ Mit den Verantwortlichen des TSV Brand wolle man den betroffenen Teil des Fensters abhängen, teilt Fischer mit. „Wir distanzieren uns, genauso wie der TSV Brand, entschieden von jeglicher Form von Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder nationalistischem Denken.“ Mit den verschiedenen bunt gestalteten Fenstern solle die JU-Aktion ein Zeichen für gesellschaftlichen Zusammenhalt sein, in der jegliche Art von Ausgrenzung keinen Platz habe, betont der JU-Vorsitzende.

„Das ist ein blöder Zufall, das ist nicht beabsichtigt. Die jungen Leute, die das Fenster mühevoll gestaltet haben, kennen die Symbolik dieser Zahlen gar nicht“, sagt Stefan Reichel, Leiter der Abteilung Turnen beim TSV Brand. Hier werde eine hervorragende Jugendarbeit gemacht. Wer daran zweifele, könne sich auf der JU-Homepage das Video zu der Aktion ansehen, an der sich sehr viele Kinder beteiligten. Die jungen Turnerinnen wollten lediglich die Vereinsfarben gelb und schwarz sowie das Gründungsjahr 1888 in ihr Advents-Bild aufnehmen, sagt Reichel. „Im TSV Brand ist kein Platz für Nazis. Wir entschuldigen uns, falls sich jemand provoziert fühlt.“

„Blöder Zufall“

OB legt Hand für Verein ins Feuer

Auch Oberbürgermeister Oliver Weigel, der selbst aus Brand kommt, legt für den TSV seine Hand ins Feuer: „Hier gibt es mit hundertprozentiger Sicherheit in keiner Weise einen Bezug zu nationalsozialistischem Gedankengut.“ Um unglückliche Missverständnisse zu vermeiden, bat Weigel als Hausherr die JU trotzdem, das Ganze zu korrigieren. „Mir liegt daran, dass der TSV in kein komisches Licht gerückt wird, zumal Kinder und Jugendliche dieses Adventsfenster gestaltet haben.“

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