Online-Atlas der wandernden Huftiere startet Tiere auf Hufen um die Welt

Markus Brauer/

Gnus, Zebras, Antilopen: Tiere wie diese wandern jedes Jahr Tausende Kilometer. Doch der Mensch durchschneidet ihre Lebensräume. Eine neue Online-Karte soll helfen, die Tiere zu schützen.

 
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Tausende Gnus laufen im Serengeti Park. Foto: dpa/Gioia Forster

Die Vereinten Nationen haben neue Online-Karten veröffentlicht, welche die Migrationswege von Huftieren weltweit zeigen, um so beim Schutz dieser Arten zu helfen. Es sei die erste interaktive Migrationskarte von Hufsäugetieren wie Zebras, Gnus und Antilopen, die zu verschiedenen Zeiten im Jahr regelmäßig große Entfernungen zurücklegen, teilt das Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten (CMS) in Bonn mit. Das CMS ist ein Biodiversitätsvertrag der Vereinten Nationen.

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Praktische Hilfe bei der Planung von Naturschutzmaßnahmen

Für den „Atlas der Huftiermigration“ habe ein internationales Team aus mehr als 80 Wissenschaftlern Trackingdaten analysiert. Der Atlas soll Regierungen, Naturschutz-Gruppen und der Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht werden.

„Um besser zu verstehen, was wir für ihre Erhaltung und Lenkung tun müssen, ist es wichtig, die Routen zu kennen, die Tiere für ihre Wanderungen nutzen“, sagt Amy Fraenkel, CMS-Geschäftsführerin. Der Atlas soll bei der Planung von Naturschutzmaßnahmen helfen und gleichzeitig auf die Bedürfnisse der Gemeinden vor Ort eingehen.

Wanderungen zu saisonalen Lebensräumen

Über 18 000 Kilometer – eine halbe Erdumrundung – legte eine einzelne Gazelle nachweislich über einen Zeitraum von fünf Jahren in der mongolischen Steppe zurück. Damit ist das Tier kein Einzelfall: Wanderbewegungen sind charakteristisch für viele Huftierarten – besonders in Lebensräumen mit ausgeprägter Saisonalität.

„Weltweit signalisieren die wechselnden Jahreszeiten tausenden von Huftieren – von argentinischen Guanakos über Alpensteinböcke bis hin zu nordamerikanischen Karibus –, Berge, Wüsten und Gewässer zu durchqueren, um ihre saisonalen Lebensräume zu erreichen“, unterstreicht Thomas Müller vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt (SBiK-F).

Vielen wandernden Tierarten geht es schlecht

Ob Rentiere in Nordamerika, Alpensteinböcke, mongolische Wildesel oder argentinische Guanakos, die zur Familie der Kamele zählen: Huftiere auf der ganzen Welt wandern über weite Strecken, um Nahrung zu finden, dem rauen Wetter zu entkommen oder ihre Jungen großzuziehen. „Die Sicherstellung ihrer Migrationsfähigkeit ist für ihr Überleben von entscheidender Bedeutung“, erklärt das CMS-Sekretariat.

Der erste Bericht zum Zustand wandernder Arten, der von den Vereinten Nationen im Februar veröffentlicht worden war, hatte gezeigt: Vielen wandernden Tierarten geht es schlecht.

  • Demnach nimmt der Bestand von 44 Prozent dieser Spezies ab.
  • 22 Prozent sind vom Aussterben bedroht, größtenteils sind die Gründe auf den Menschen zurückzuführen. Dazu gehörten die Veränderung von Lebensräumen durch Zäune, Straßen und Eisenbahnen, übermäßige Ausbeutung durch Wilderei und der Klimawandel.

Karte soll erweitert werden

„Dieser Atlas stellt einen wichtigen Meilenstein für den weltweiten Naturschutz dar, und wir glauben, dass die Migrationskarten ein greifbares und wirksames Instrument sein werden, um den Verlust der Huftierwanderungen auf der Welt einzudämmen“, betont Matthew Kauffman, Wildtierbiologe beim U. S. Geological Survey (USGS), dem US-Amt für Bodenforschung.

Die interaktiven Karten decken den Angaben zufolge derzeit 20 Tierarten ab, vom Serengeti-Gnu über den Afrikanischen Elefanten bis hin zur Saiga-Antilope der zentralasiatischen Steppe. Sie sollen in Zukunft um weitere Korridorkarten und Karten von bisher nicht vertretenen Arten erweitert werden.

Ökologischer Wendepunkt erreicht

„Wir haben einen ökologischen Wendepunkt erreicht, an dem es dringender denn je ist, über fundierte Daten zu verfügen, um genau zu bestimmen, wohin Naturschutzbemühungen gelenkt werden müssen, die den größten Einfluss auf wandernde Wildtiere haben können, sagt Grant Hopcraft, Naturschutzökologe an der University of Glasgow.

So beherberge die zentralasiatische Region beispielsweise die größten intakten und noch miteinander verbundenen Graslandschaften weltweit. Der Atlas zeige dabei auch, wie sich ein Eisenbahnbau auf die Bewegung der Saiga-Antilope auswirkt und sie von wichtigen Winterlebensräumen abschneidet.

Wie der Atlas dem Tierschutz dienen kann

Wenn eine Wanderung im Detail kartiert wurde, können Regierungen und Interessenvertretungen nach Angaben der Forschenden Wildtierstraßenüberquerungen oder andere Schutzmaßnahmen einsetzen, um die Wanderungen der Herden zu erleichtern.

Die beteiligten Forscher betonen, dass die Karten der Wanderungen dabei helfen können, dem weltweiten Verlust von Huftierarten entgegenzuwirken. „Der Atlas kann dazu beitragen, Migrationen und ihre Variabilität unter verschiedenen Umweltbedingungen und menschlichen Einflüssen in den Wildtierlebensräumen zu erfassen und zu verstehen. Auf dieser Grundlage kann dann auch das Wildtiermanagement auf zukunftsfähige Füße gestellt werden.