Hoch hinaus Feuerwehr freut sich über Wunderwerk der Technik

Klaus Rössner

Jörg Geyer und seine Kameraden der Feuerwehr Stadtsteinach haben eine neuen Arbeitsplatz in 32 Metern Höhe. Die neue Drehleiter wird per Joystick bedient und hat noch andere technische Raffinessen zu bieten.

 
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Stadtsteinach - Längst vorbei sind die Zeiten, da die Feuerwehrleute auf Holzleitern und Kübelspritzen angewiesen waren, wenn sie ausrückten. Die Anforderungen an sie sind gerade in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen: Vielfältige Aufgaben erfordern ein hohes Fachwissen, machen aber auch eine adäquate Ausstattung unabdingbar.

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In diesem Punkt hat Stadtsteinach und der nördliche Landkreis einen Riesenschritt nach vorne gemacht: Dort ist seit kurzem eine Drehleiter stationiert, die die Schlagkraft im Löschwesen wesentlich steigert. Das Fahrzeug basiert auf einem MAN-Laster des Typs 15 290. Er hat eine Nennlast von 15 Tonnen und verfügt über eine Leistung von 290 PS. Sie bringt den Wagen auf eine Höchstgeschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde. Zur Bedienung ist eine dreiköpfige Besatzung eingeplant.

Das Fahrzeug ist seit Juni vergangenen Jahres verfügbar; wegen der Corona-Problematik wurde er allerdings erst am Samstag offiziell vorgestellt und gesegnet (siehe gesonderter Bericht). Für die Anschaffung musste eine erhebliche Summe aufgebracht werden: Rund 650 000 Euro kostet das Rettungsfahrzeug, das mit einer umfangreichen Ausstattung aufwartet. Damit verfügen die Stadtsteinacher Wehr und der nördliche Landkreis über „eines der modernsten Systeme am Markt“, wie Kommandant Manuel Steinl im Gespräch mit der Frankenpost erläutert. Der südwestliche Landkreis wird abgedeckt durch eine zweite Drehleiter, die in Thurnau stationiert ist. Somit ist im gesamten Kreis die gesetzlich vorgeschriebene Hilfsfrist von höchstens zwölf Minuten einzuhalten.

Steinl wies auf die Vorzüge des Fahrzeugs hin, das bei der Ausstattung der Stadtsteinacher Mannschaft einem Quantensprung gleichkommt und den Rettungsstandort Stadtsteinach aufwertet. Die fünfteilige Leiter kann auf einen Nennrettungshöhe von 32 Metern ausgefahren werden. Damit ist man in der Lage, Bränden mehrstöckiger Gebäude schneller Herr zu werden. „Gerade bei Dachstuhlbränden haben wir jetzt erheblich bessere Möglichkeiten.“ Hilfreich dabei ist, dass er erste Teil der Leiter auf einer Länge von 4,2 Metern abknickbar und gesondert ausfahrbar ist. Das erweitert den Aktionsradius über Dächern oder Gruben. Im Ernstfall stößt ein variabler Wasserwerfer bis zu 2400 Liter pro Minute aus.

Aber auch die Fahrzeugtechnik hat einige Gimmiks auf Lager. So ist die Hinterachse des Wagens per Luft heb- und senkbar, um kritische Rampenwinkel zu meistern, bei denen das Fahrzeug aufsitzen würde. Ein vollautomatisches Wandlergetriebe sorgt für höchstmögliche Manövrierbarkeit, was in schwierigem Terrain von großem Vorteil ist.

Neben dem klassischen Gebiet des Löschens müssen die modernen Feuerwehren immer mehr technische Hilfeleistungen bieten oder sind zur Personenrettung eingesetzt. Auch auf diesem Sektor ist das neue Fahrzeug bestens gerüstet. Es verfügt über einen wendigen Kompakt-Korb für Einsätze ein beengten Bereichen. Bis zu vier Personen (400 Kilo Tragkraft) finden darin Platz. Auf der Konstruktion kann eine Trage montiert werden, mit der Personen geborgen werden. Zudem verfügt die Wehr über eine Schleifkorb-Trage, mit der Verunglückte in einem Hängegeschirr gerettet werden.

Bei der Konstruktion des Wagens haben die Ingenieure nicht nur an Menschen gedacht: Auch die Rettung von Tieren mit bis zu 500 Kilogramm ist möglich. Das Leben der Feuerwehrleute erleichtern viele intelligente Optionen wie beispielsweise ein computergesteuertes Schachtrettungssystem. Es ermöglicht den Maschinisten, Verunglückte aus einem senkrecht abfallenden Schacht zu holen, ohne dass es zu Kollision mit der Umgebung kommt. Der sogenannte Sprungretter fängt Personen ab, die sich von einer Höhe von bis zu 16 Metern im freien Fall retten müssen. „Wir haben alle Möglichkeiten bei Tiefen – oder Höhenunfällen“, unterstreicht Steinl.

Um die Einsatzkräfte selbst vor Verletzungen zu schützen, stehen zahlreiche Systeme der passiven Sicherheit zur Verfügung. Hierfür gibt es ein umfangreiches Kamerasystem, das dem Maschinisten einen Überblick gewährt, wenn er von seinem Standort aus keine freie Sicht mehr hat auf das Geschehen. Sicherungseinrichtungen verhindern es zudem, dass beim Ausfahren der Drehleiter eventuelle Freileitungen touchiert werden: Der sogenannte Sky-Beam schwenkt dazu Scheinwerfer nach oben, um die Szenerie auch in stockdunkler Nacht zu erhellen.

Weitere Vorkehrungen verhindern das Ausfahren der Leiter, wenn sich Einsatzkräfte auf den Sprossen befinden: Andernfalls wären schwerste Verletzungen an den Gliedmaßen die Folge. „Dann stoppt der Motor, und der Maschinist muss ihn erst wieder persönlich freigeben.“

Bei dieser Fülle von Funktionen versteht es sich von selbst, dass die Maschinisten eine fundierte Ausbildung benötigen. Sie dauert eine komplette Woche. Hinzu kommt die Einweisung des Herstellers.

In den zurückliegenden Monaten hat sich die neue Drehleiter bereits die ersten Meriten verdient. 24 Mal war sie im Einsatz, sieben Personen konnten mit ihr gerettet oder geborgen werden – eine sehr gute erste Bilanz.