Wenn das Virus eingeschleppt würde: Der Leiter des Bayreuther Gesundheitsamtes über Infektionsrisiko und Alarmpläne Ebola-Fall in der Region sehr unwahrscheinlich

In fünf afrikanischen Staaten wütet derzeit das Ebola-Virus. Ein an der Seuche erkrankter wird seit Mittwoch in Hamburg behandelt. Was würde eigentlich passieren, wenn Ebola in unserer Region aufträte? Das weiß der Leiter des Gesundheitsamtes im Bayreuther Landratsamt, Dr. Klaus von Stetten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Herr von Stetten, nehmen wir an, ein Bayreuther macht in einem von Ebola betroffenen Land Urlaub und kehrt zurück. Wird er kontrolliert?

Klaus von Stetten: Ein Direktflug aus Westafrika nach Bayern ist nicht möglich. Es kann sich folglich nur um Anschlussflüge nach München, Nürnberg oder Memmingen handeln. Ein Flugpassagier aus einem der betroffenen westafrikanischen Ländern ist nicht automatisch krankheitsverdächtig.
 

Und wenn ein anderer Passagier an Bord Symptome wie Fieber zeigt?

Von Stetten: Wenn ein Verdachtsfall an Bord eines Flugzeuges aus den betroffenen Ländern Westafrikas auftritt, wird das an den Tower und die Verkehrsleitung des Ankunftsflughafens gemeldet. So wird der jeweilige medizinische Dienst bereits vor der Landung alarmiert. An den Flughäfen greifen dann Infektionsschutzmaßnahmen, die in Notfall- und Alarmplänen hinterlegt und trainiert sind. Das trifft auch auf die internationalen bayerischen Flughäfen zu. Die für die Flughäfen zuständigen Gesundheitsämter in Bayern sind gesondert eingewiesen und übernehmen im Verdachtsfall die Einsatzleitung vor Ort.
 

Reisende stehen also nicht unter Generalverdacht, gilt das auch für Flüchtlinge aus betroffenen Ländern, Nigeria zum Beispiel?

Von Stetten: Wir wissen nicht, ob es in Bayreuth Asylbewerber aus den betroffenen Regionen gibt, weil wir diese Daten nicht erhalten. Wir erhalten nur über Asylbewerber Kenntnis, die behandelt werden müssen und zu deren Behandlung besondere Fragen auftreten. Das ist auch richtig so. Eine Stigmatisierung von Asylbewerbern aus westafrikanischen Ländern sollte auf jeden Fall vermieden werden. Ich will noch einmal die Relationen zurecht rücken: Liberia, Sierra Leone und Nigeria haben zusammen rund 178 Millionen Einwohner. Es sind dort seit Ende 2013 2500 Personen an Ebola erkrankt und 1300 davon verstorben.
 

Ein Gedankenspiel: Ein Patient kommt mit Fieber und Schmerzen zum Hausarzt, er kehrte vor kurzem aus Afrika zurück. Was passiert nun?

Von Stetten: Die Inkubationszeit von Ebola  beträgt maximal 21 Tage. Das Symptom Fieber allein reicht für einen Verdacht nicht aus. Es gibt ein vom Robert-Koch-Institut erstelltes Schema, anhand dessen die Ärzte abklären, ob ein Ebola-Verdacht begründet ist.
 

Und wenn sich der Verdacht erhärtet?

Von Stetten: Dann wird der Betroffene zunächst am Ort des Aufenthalts isoliert. Der jeweils zuständige Amtsarzt legt dann mit der Task Force Infektiologie des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit fest, ob es sich um einen begründeten Verdacht handelt. Stellen die Experten das fest, erfolgt der Transport mit einem Spezial-Rettungswagen für hochansteckende lebensbedrohliche Infektionskrankheiten. Die Berufsfeuerwehr in München zum Beispiel hat einen solchen Wagen. Der Patient kommt dann in eine Sonderisolierstation eines der bayerischen Behandlungszentren, etwa ins Klinikum Schwabing.
 

Was passiert mit dem Umfeld des Patienten?

Von Stetten: Das Gesundheitsamt untersucht die Menschen in der Umgebung, sperrt zeitweise Räume und desinfiziert gegebenenfalls das Umfeld. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass eine Ansteckung nur über direkten, ungeschützten Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten von Ebola-Erkrankten möglich ist. Eine Infektion über die Atemwege, wie bei einer Grippe, ist so gut wie unmöglich.
 

Sind die Hausärzte in der Region für solche Fälle sensibilisiert?

Von Stetten: Ja, das sind sie. Alle Ärzte in der Region verfolgen die aktuellen Informationen des Robert-Koch-Institutes.
 

Ist das Klinikum in Bayreuth überhaupt für einen Ebola-Fall gewappnet?

Von Stetten: Das Klinikum Bayreuth ist bis dato kein spezielles Behandlungszentrum für Ebola-Fälle. Es ist aber sehr wohl in der Lage, Patienten mit hochansteckenden lebensbedrohlichen Erkrankungen bis zu deren Verlegung in ein spezielles Behandlungszentrum zu isolieren und adäquat zu behandeln.

Fürchten Sie sich persönlich vor einem Ebola-Fall in der Region und glauben Sie, die Mechanismen reichen aus, um im Fall der Fälle eine Verbreitung der Krankheit zu verhindern?

Von Stetten: Ich halte einen Ebola-Fall in der Region für sehr unwahrscheinlich. Sollte so ein Fall auftreten, besteht kein Grund  zur Furcht. Bei ganz banalen, hygienischen Maßnahmen droht keine Ansteckung. Die Verbreitung in den westafrikanischen Ländern ist auf mangelnde Information, mangelnde Hygienemaßnahmen und bis vor noch nicht allzu langer Zeit vor allem auf die dort üblichen rituellen Waschungen Verstorbener zurückzuführen. Deshalb bin ich sicher, dass in unserer Region, wenn überhaupt, nur wenige Einzelfälle von Ansteckungen auftreten könnten und das auch nur bei ganz ungünstiger Konstellation.
 

Als Leiter des Gesundheitsamtes kommen Sie sicher mit ansteckenden und gefährlichen Krankheiten in Berührung. Wie gehen Sie damit um?

Von Stetten: Beruflich habe ich regelmäßig mit schweren Fällen von ansteckender Lungentuberkulose zu tun, da wir diese Erkrankung überwachen und die Umgebungsuntersuchung hinsichtlich möglicher Ansteckungsfälle durchführen. Ich habe also sehr wohl Erfahrung mit ansteckenden lebensbedrohlichen Erkrankungen. Privat reise ich viel auch als Rucksack-Tourist mit meiner Frau durch die Welt. Auf solchen Reisen ist der freundschaftliche Kontakt zur einheimischen Bevölkerung von uns ausdrücklich erwünscht.

Und Sie haben trotzdem keine Angst vor schlimmen Krankheiten wie Ebola?

Von Stetten: Aids, Malaria, Dengue-Fieber und verschiedene schwere Magen-Darm-Erkrankungen sind für unvergleichbar mehr Todesfälle in Afrika, Asien und Südamerika verantwortlich als das Ebola-Virus. Letzteres ist durch das mediale Interesse jetzt in den Fokus gerückt. Jährlich sterben allein in Afrika eine Million Menschen, überwiegend  Kinder, an Malaria und weltweit 1,5 Millionen Menschen jährlich an Aids, ein großer Teil davon in Afrika. Diese Krankheiten sind also in der Relation viel bedrohlicher.


Das Gespräch führte Heike Hampl

Autor