Grundsatzeinigung gab es bereits 2019
Über den Aufbau der Freihandelszone zwischen EU und dem Mercosur war eigentlich bereits im Sommer 2019 eine politische Grundsatzeinigung erzielt worden. Der Deal wurde dann allerdings wieder von mehreren EU-Staaten wie Frankreich, Polen oder Österreich infrage gestellt, und es gab jahrelange Nachverhandlungen.
Kritiker befürchten, dass europäische Landwirte künftig in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen werden. "Wir Bauern wurden nicht gehört. Dieses Abkommen geht einseitig zu Lasten der europäischen Bauern und schwächt unsere Betriebe massiv im Wettbewerb", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied.
Umweltschützer sind besorgt, dass das Abkommen die Regenwaldzerstörung in Südamerika befeuert wird. "Dieses Abkommen schafft wenige Gewinner, aber viele Verlierer. Zu den Profiteuren zählen Chemie-, Agrar- und Ölkonzerne, die durch Zollsenkungen auf ihre klima- und umweltschädlichen Produkte enorme Gewinne erzielen", sagte Harald Gross von der Umweltschutzorganisation Greenpeace. "Die Verliererseite ist jedoch ungleich größer: Das Klima – und damit wir alle – steht auf dem Spiel."
Die EU-Kommission und die Bundesregierung weisen die Vorwürfe hingegen als ungerechtfertigt zurück und betonen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile eindeutig überwiegen. So wird betont, dass weiter nur Produkte, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen, in die EU eingeführt werden dürften. Gleichzeitig könnten Unternehmen in der EU schätzungsweise jährlich mehrere Milliarden Euro an Zöllen sparen.
Bereits im vergangenen Jahr wurden aus der EU Waren im Wert von rund 56 Milliarden Euro in diese vier Mercosur-Ländern exportiert, in umgekehrter Richtung betrug das Exportvolumen rund 54 Milliarden Euro. Insgesamt könnten nach EU-Angaben 60.500 europäische Unternehmen von den geplanten Freihandelsvereinbarungen profitieren.
Veto-Möglichkeit könnte umgangen werden
Nach dem Abschluss der Verhandlungen müssen die Texte für das Abkommen noch juristisch geprüft und in die Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden. Dann muss die EU-Kommission eine Entscheidung darüber treffen, ob es als Ganzes oder in zwei Teile gesplittet den Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorgelegt wird. Auf jeden Fall zustimmen müsste das Europäische Parlament. Eine Entscheidung wird frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres erwartet.
Macron hält Deal für inakzeptabel - Unterstützung aus Bundestag
Dass das Abkommen umgesetzt werden kann, wenn es auch nationalen Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden muss, gilt insbesondere wegen der Bauernproteste in Frankreich als unwahrscheinlich. Das Abkommen sei in seiner jetzigen Form inakzeptabel, ließ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch am Donnerstag verlauten. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ließ mitteilen, die Voraussetzungen für das Abkommen seien derzeit nicht gegeben.
In Deutschland gibt es hingegen breite Unterstützung. Politiker von SPD, CDU/CSU und FDP signalisierten zuletzt im Bundestag Zustimmung. Auch Regierungspolitiker wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sowie Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) sind für den Abschluss des Abkommens.