Das Lager voll Glühwein
Jetzt hat Sommerer das ganze Lager voll Glühwein und weiß noch nicht, wie es weitergehen soll. Ursprünglich habe er erst weniger Glühwein abnehmen wollen, um zu sehen, wie der Christkindlesmarkt läuft. Aber der Hersteller habe nicht mehr nachproduzieren wollen, also habe er eben eine große Menge abgenommen. „Und natürlich bezahlt. Das ist totes Kapital.“ Von dem Sommerer nicht einmal weiß, wohin damit. Er hat kein Lager.
„Die erste Marktwoche ist reibungslos verlaufen“, sagt der Schausteller. Täglich sei das Ordnungsamt dagewesen oder die Polizei und es gebe einen Sicherheitsdienst. Alle hätten sich vorbildlich verhalten: „Wir wollen doch alle gesund bleiben.“ Das Signal aus der Politik sei falsch. „Es ist einfach schockierend für die ganze Branche.“
Nicht so erwartet
Im Winterdorf soll es bis Dienstag weitergehen wie gehabt: „Stand heute“, sagt Betreiber Max Vogel am Freitagnachmittag. Auch er muss sich nach der Söder-Ankündigung erst einmal sortieren. Bis zum 31. Dezember sollte das Winterdorf offen sein: Dafür wurde Ware eingekauft, Personal eingestellt.
„Insgesamt eine positive Bilanz“, zieht Vogel seit der Eröffnung am 15. Oktober. Trotz Zaun, trotz Einlasskontrollen: „Die Leute waren zufrieden und hatten Spaß.“ Allerdings habe er in den letzten Tagen durch die „Panikmache“ in den Medien schon einen leichten Besucherrückgang feststellen können.
Dass noch schärfere Maßnahmen kommen können, davon ist Max Vogel wegen der steigenden Inzidenz schon ausgegangen. „Aber dass wir ganz zu machen müssen, das habe ich nicht erwartet.“
Stadt will prüfen
In einer Pressemitteilung äußert sich Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (CSU): „Wir werden die Vorgaben der Staatsregierung, sobald sie uns vorliegen, auf die damit verbundenen Konsequenzen hin prüfen.“ Zum einem in welchem Umfang Außengastronomie dann am Markt noch möglich sei und zu anderen, ob die Möglichkeit bestehe, einige Marktbuden wie im vergangenen Jahr stehen zu lassen.
Ebersberger weist darauf hin, dass die Stadt bei der Organisation des Christkindlesmarktes bewusst auf eine Entzerrung des Marktgeschehens hingearbeitet habe. „Die Anzahl der Marktbuden fällt deutlich geringer aus, auf besondere Highlight-Veranstaltungen wurde verzichtet – kurz gesagt, es wurde auf alles verzichtet, was enges Gedränge der Besucher begünstigt“, sagt der Oberbürgermeister. Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Konzept seien gut gewesen.
Verzweifelte Händler
Das betonen auch Dagmar und Wolfgang Gebhard, die Besitzer einer Christkindlesmarkt-Bude für Socken und Kleidung. „Hier sind keine Massen wie in den Fußballstadien. Und die Leute, die da sind, sind sehr vernünftig“, sagt Wolfgang Gebhard. Das Ehepaar ist verzweifelt. „Wir haben die Ware auf Risiko geordert“, sagt der Verkäufer. Seine Frau zeigt auf die Socken. „Da liegt unser Kapital, aber davon können wir nicht abbeißen.“
Dabei habe die Stadt Bayreuth sich solche Mühe gegeben, um den durch Corona so gebeutelten Marktbeschickern mit dem um eine Woche vorgezogenen Start des Christkindlesmarktes zu helfen. „Das muss man honorieren. In Ingolstadt haben sie gleich sofort alles dichtgemacht“, betont Dagmar Gebhard. Ihr Mann ergänzt: „Die Leute haben das in der vergangenen Woche wirklich geschätzt.“ Nach der Absage 2020 seien viele explizit zu ihrem Stand gekommen, um sich neue Socken zuzulegen.
Nicht nachvollziehbar
Die Pläne der Söder-Regierung sind für das Verkäufer-Paar einfach nicht nachzuvollziehen. „Dann dürfte kein Baumarkt und kein Supermarkt mehr offen haben, in geschlossenen Räumen ist man ja noch mehr gefährdet“, sagt Wolfgang Gebhard. Dagmar denkt auch an die Besucher, für die ein Weihnachtsmarkt einfach zur Adventszeit dazugehört. „Jetzt nehmen sie uns auch noch das Letzte.“
Ein Satz, der so ähnlich am Freitagnachmittag überall zu vernehmen ist auf dem Christkindlesmarkt. Die Söder-Pläne sind Gesprächsthema. Gleichzeitig zieht es einige ganz bewusst noch einmal her. So wie Anna Reichelt, die mit ihrer Schwester und drei Kindern unterwegs ist. „Dann haben sie noch ihren Weihnachtsmarkt.“ Die Kinder fahren indes Karussell. Auf die Pläne der Regierung angesprochen, zuckt sie mit den Schultern. „Die meisten haben Masken, der Andrang ist nicht stark und wir sind außen.“
Daheim eingesperrt
Das ist auch das Argument von Eva Täuber. Die Bayreutherin ist seit fünf Jahrzehnten Chefin von Täubers Imbiss. „Ich habe kein Verständnis. Wir haben seit fast zwei Jahren nichts verdient, haben aber Unkosten.“ Weihnachtsmärkte würden dem Advent erst die besondere Lebensfreude verleihen. „Außerdem sind wird doch im Freien“, sagt auch die Budenbesitzerin. Hier unterwegs zu sein, sei besser „als daheim eingesperrt“, findet Täuber.
Kritik von der CSU
Der Vorsitzende der Bayreuther CSU-Fraktion, Stefan Specht, sprach bezüglich der Absage der Weihnachtsmärkte in Bayern von einem falschen Signal. Es sei verständlich, dass weltbekannte, große Christkindlesmärkte der Großstädte aufgrund hoher Besucherzahlen abgesagt werden müssten. Für kleinere Städte hätte man sich aber dezentrale Entscheidungen auf kommunaler Ebene gewünscht. Die Stadt Bayreuth habe und hätte alles getan, um den Christkindlesmarkt unter strengen Hygienemaßnahmen dauerhaft zu ermöglichen, heißt es in der Mitteilung der CSU Bayreuth-Mitte vom Samstag.