Bundeskanzlerin Merkel pflichtete Macron in einem Punkt bei: In dem beschlossenen "Reflexionsprozess" sollten auch die Beziehungen zu Russland auf den Prüfstand gestellt werden. Grundlage dafür solle die Nato-Russland-Akte von 1997 sein, die auf ein kooperatives Verhältnis mit Russland abzielt.
Von dem "Hirntod"-Disput wollten Merkel und Trump aber zum Abschluss des Gipfels nichts mehr wissen. "Das Signal war eins der Gemeinsamkeit, deshalb bin ich auch sehr zufrieden", sagte die Bundeskanzlerin bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem US-Präsidenten.
Trump begrüßte die stark steigenden Militärbudgets der europäischen Nato-Staaten: "Das ist beispiellos und wird die Nato stärker machen." Seine Dauerkritik an den deutschen Militärausgaben wiederholte Trump nur in sehr milder Form. Deutschland sei "ein bisschen unter dem Limit" des Nato-Ziels von zwei Prozent der Wirtschaftskraft.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg lobte die Ergebnisse des Gipfels, darunter ein neuer Aktionsplan gegen Terrorismus und die Feststellung, dass die Nato-Ziele zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft erreicht seien. Die gegenseitige Beistandspflicht der Bündnispartner sei felsenfest, sagte Stoltenberg.
Tatsächlich bekräftigten die Nato-Staaten die Beistandsklausel in Artikel 5 des Gründungsvertrags noch einmal feierlich in einer "Londoner Erklärung". Diese verweist auch erstmals auf mögliche Gefahren durch den Aufstieg der Militärmacht China.
Die Nato war 1949 von zwölf Ländern gegründet worden: USA, Kanada, Großbritannien, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien, Luxemburg, Portugal, Norwegen, Dänemark und Island. Die Bundesrepublik ist seit 1955 dabei. Nach mehreren Erweiterungsrunden sind es heute 29 Länder, darunter die meisten EU-Staaten.
Stoltenberg beruhigte, Differenzen seien nicht neu, aber: "Was wir bewiesen haben und auch heute zeigen, ist, dass die Nato in der Lage ist, diese Differenzen zu überwinden." Der Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin bezweifelte das allerdings. Auch nach dem Gipfel sei die Nato in einer existenziellen Krise, sagte Trittin der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag).
Neben Macron hatten auch Alleingänge des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zuletzt viel Kritik in der Nato ausgelöst - darunter die nicht abgestimmte Militärintervention in Nordsyrien und der Kauf russischer Abwehrraketen. Ein Streitpunkt wurde immerhin in Watford ausgeräumt: Die Türkei gab ihre Blockade gegen die Weiterentwicklung von Verteidigungsplänen für Osteuropa auf, wie Stoltenberg bekannt gab.
Erdogan hatte im Gegenzug mehr Unterstützung von Bündnispartnern im Kampf gegen militante Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gefordert. Stoltenberg ließ die Frage offen, ob die Türkei eine Gegenleistung bekommen habe.