Was war vor 70, 80 und 90 Jahren drin? Schultüten-Erlebnisse von Senioren

Frank Heidler
Die frühere Pegnitzer Lehrerin Irmgard Ross mit der Schultüte, die von allen fünf eigenen Töchtern und von zwei Cousins am ersten Schultag benutzt wurde (linkes Foto). Das rechte Bild zeigt Foto:  

Erster Schultag nach Kriegsende und in den 1930er Jahren – Schmucke Tüte mehrfach im Einsatz

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Pegnitz - Damals wie heute: Der erste Schultag ist für viele Abc-Schützen der aufregendste Tag in ihrem bisher jungen Leben. Aber schon bei den äußeren Umständen der Einschulung und dem Dauerbrenner „Schultüten“ gab es im Laufe der Zeit erhebliche Unterschiede, wie unsere keineswegs repräsentative Umfrage ergab.

Bereits weit in der Vorkriegszeit erlebte Margarata Häckel ihren Einschulungstag. Bevor sie das exakte Einschulungsjahr nennt, erklärt sie am Reporter-Telefon: „Ich werde in acht Tagen 96.“ Für die „September-Geborene“ ergab sich damals das Einschulungsjahr 1931. Die Schultüte sei „nicht nur ein kleines Guckala“ gewesen, wie die Hochbetagte in bestem Alt-Pegnitzerisch erklärt.

Von der optischen Ausstattung her sei die Schultüte „nicht so bombastisch wie die Schultüten heute“ gewesen. Der Inhalt bestand nur aus Plätzchen. „Vielleicht noch aus Schokolode.“ Die damalige Sechsjährige war jedenfalls von den „Köstlichkeiten“ ganz entzückt.

Und „stolz darauf“, dass sie den „weiten Schulweg“ vom Alten Postamt in der Bahnhofstraße („mein Vater war Hausmeister, wir wohnten dort“) bis zur Grundschule in der Hauptstraße alleine gehen durfte. Der erste Schultag der Pegnitzer Seniorin war „ganz normal“ im Monat März.

Auch Kurt Schiller kann mit außergewöhnlichen Einschulungsjahreszahlen aufwarten. „Das war 1945, am 1. Dezember.“ Schnee fiel allerdings keiner. Der Schulbeginn in Lindenhardt hatte sich verzögert, weil „die mussten erst noch Lehrer finden.“ So mancher Pädagoge aus der NS-Zeit musste erst noch entnazifiziert werden, weiß Schiller noch heute. „Unsere erste Lehrerin kam aus München.“

Unterricht verlief teilweise chaotisch

Der erste Schultag nach Kriegsende und der oft improvisierte Unterricht seien teilweise „chaotisch“ verlaufen. Den Menschen fehlte es in diesen ersten Nachkriegsmonaten an allem. „Wir hatten keine Schultüten.“ Kurt Schiller hatte das Glück, dass er „Gottseidank“ den noch brauchbaren Lederschulranzen von einem Verwandten verwenden durfte. „Wir hatten Flüchtlingskinder in der Klasse, die hatten gar nichts.“ Nicht einmal eine Schiefertafel, die auch noch zur Ausstattung des solcherart privilegierten kleinen Kurt gehörte. „Die hatten eine schwarze Papptafel, auf der sie mit weißen Milchstiften geschrieben haben.“ Rückblickend erklärt der schon lange in Pegnitz lebende Senior: „Es war eine wilde Zeit.“ Trotz allen Mangels war das allgemeine Lebensgefühl: „Alle waren nach dem Krieg heilfroh, dass sie über die Runden gekommen waren.“

Nur wenige Jahre später wurde Karl Ross eingeschult. „Das war 1953 im Herbst.“ An die Schultüte hat er keine exakte Erinnerung mehr: „Ich denke, die war wie alle aus Pappe und mit Glitzerpapier umwickelt.“ Zum Inhalt weiß er nur noch: „Das waren keinesfalls Unmengen an Schokolode, wie später manchmal üblich.“ Das Einschulungsfoto entstand wie bei vielen nachfolgenden Schülergenerationen „auf den Treppen der Alten Volksschule“, dem heutigen Bürgerzentrum.

Drei Jahre später wurde seine heutige Ehefrau Irmgard Ross ebenfalls in der Pegnitzer Grundschule eingeschult. Bei ihrer Einschulung wurde damals noch in Schwarz- Weiß fotografiert, „bei meinem jüngeren Bruder Ernst Müller konnten sie damals bereits in Farbe fotografieren.“

Bei allen fünf Töchtern der Familie Ross und bei zwei Cousins wurde ein und dieselbe Schultüte verwendet. Ohne große Suchaktion förderte Irmgard Ross das gute Familien-Erbstück noch heute problemlos zutage.

Mit Aufregungen verbunden war der Einschulungstag für Brigitte Kießling im September 1959. „Ich hatte die größte Schultüte in der Klasse.“ Eingewickelt in grünem Glanzpapier mit einem Aufkleber, das waren zwei spielende Kinder.“ Ihre Mutter hatte sich dabei besondere Mühe gegeben: „Da war eine Weintraube in der Spitze.“ Diese war durch eine kleine Zwischenwand vom restlichen Tüteninhalt getrennt, „damit sie nicht zerquetscht wird“. Der Tüten-Inhalt: „Obst und Naschwaren.“ Diese Leckereien stammten aus dem Gemischtwarenladen der eigenen Oma in Elbersberg.

Wegen des glatten Fußbodens im Klassenzimmer fiel aber die Schultüte in den Mittelgang, erzählt Kießling vom unvergesslichen ersten Schultag. „Heute lacht man drüber.“ Aber als Erstklässlerin war das ein kleines Drama. Dennoch: „Ein toller Tag.“

Glücksmoment der Oma Kießling in diesem Jahr: „Heuer werden meine Enkel eingeschult.“

Verstärke Kontrollen“ hat die Pegnitzer Polizeichefin Verena Wörlein für die komplette Schulanfangswoche angekündigt. Diese beträfen nicht nur den Nahbereich der beiden Grundschulen in der Stadtmitte und in der Lohesiedlung, sondern auch die jeweiligen Zufahrten. Wann und wo die Kontrollen genau stattfanden, wollte die Inspektionsleiterin vor den beabsichtigten Tempomessungen nicht ankündigen.

Im Visier der geplanten Kontrollen seien auch die Schulbushaltestellen am Wiesweiher und in der Lohesiedlung. Wörlein: „Dabei geht es auch darum, ob die Busse korrekt gekennzeichnet sind.“An die Eltern von Schulanfängern appellierte der Auerbacher Verkehrserzieher und Mitarbeiter Verkehr, Stefan Schwarz: „Achten Sie auf die Sicherheit ihrer Kinder.“ Diese sollten grundsätzlich reflektierende Kleidung tragen. Außerdem sollten Eltern mit ihren Kindern vor dem Start ins Schuljahr „den Weg zusammen ablaufen“.

Aus der Praxis beim Schulanfang früherer Jahre weiß Schwarz: „Viele Eltern bringen ihre Kinder im Auto zur Schule.“ Eindringlich warnte er davor, am Schulanfangstag kreuz und quer zu parken. „Was uns oft Probleme macht, ist die Parkerei.“ Verstöße würden gleich geahndet. Lieber ist dem Polizisten aber die Aufklärung von Schülern und Eltern. fh

Bilder