Warum Rehe jetzt Hilfe brauchen

Von Renate Stiefl

Wildtiere zu füttern ist nicht das gleiche wie unsere Haustiere zu füttern“, sagt Jäger Rainer Müller, 55 Jahre. Seine Aufgabe als Jagdaufseher im Gemeinschaftsjagdrevier Untersteinach bei Kulmbach ist das Gleichgewicht des Waldes durch die Jagd zu erhalten. Besonders im Winter steht außerdem die Hege der Waldbewohner im Vordergrund. „Wenn man seiner Katze oder seinem Hund etwas in den Futternapf gibt“, fährt Rainer Müller fort, „kann man dabei zusehen, wie sie freudig darauf warten, um sich dann sofort darauf zu stürzen. Ganz anders ist das bei Waldtieren.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kein Reh und auch kein Hase wird gleich angelaufen kommen, wenn man ihnen Futter hinstellt. Sie sind sehr scheu und warten lieber, bis die Luft rein ist. Dann kommen sie aus ihrer Deckung, um in aller Ruhe Nahrung aufzunehmen oder zu äsen, wie man bei Rehen sagt. Die Wildfütterung ist aber nicht dafür gedacht, diese Tiere satt zu bekommen oder sogar zu mästen, wie unsere Enten, Gänse und Schweine. Es soll nur eine kleine Futterergänzung sein – in Zeiten, in denen das natürliche Nahrungsangebot zunehmend knapper wird.“

Füttern nur in der Notzeit

Die Notzeit ist ein feststehender Begriff in der Jägersprache. Sie beginnt schon im späten Herbst, wenn die letzten Felder abgeerntet sind. Regengüsse, starker Schneefall mit Frost und Eis können folgen, so dass die Waldtiere kaum noch an ihre natürliche Nahrung gelangen. Das kann regional sehr unterschiedlich sein. In höher gelegenen Gebieten, wie dem Fichtelgebirge, ist mit Frost und Schnee schon viel früher und länger zu rechnen, als in den Tälern. In Bayern ist die Winterfütterung der Wildtiere eine Pflicht des Jägers. Er entscheidet dann selbst, wann und ob die Waldtiere in seinem Revier eine Futterzugabe benötigen.

Kleine Mengen natürliches Futter

Die Wildfütterung kann eine kleine Futterzugabe in Form von Getreidekörnern (kein Weizen, der quillt auf!), Äpfeln oder Karotten sein. Kraftfutter mit besonderen Zusätzen ist schlecht für die Tiere. Dieses Futter schadet eher, als dass es hilft. Rehe, zum Beispiel, können diese Nahrung in der kargen Jahreszeit schlecht verdauen. Und eigentlich sind sie ja wahre Feinschmecker. Am liebsten fressen sie zarte Gräser, Kräuter und Knospen – ein wenig hier und ein bisschen dort.

Futter in einem geschützten Kasten

Bei der Wildfütterung wird nur eine kleine Menge Futter in ein vor Schnee und Witterung geschütztes Behältnis gefüllt. Früher hatte man diese Kästen voll gemacht, damit das Wild immer Zugang zu Futter hatte. Doch die zunehmende Anzahl an Wildschweinen in unseren Wäldern lässt dies nicht mehr zu. Sie können einen gefüllten Kasten in einer Nacht leer fressen. Deshalb lieber deutlich weniger ausbringen, dafür dies häufiger tun.

Futter im freien Feld

Im Winter erkennt man besonders gut die Spuren und Fährten der Waldtiere im Schnee. Wie in einem Buch kann der Jäger lesen, wo sich Rehe oft und gerne versammeln. An diese Stellen gibt er ebenfalls eine kleine Menge Futter.

Waldtiere im Winter nicht stören

Den ganzen Sommer lang fressen sich Reh, Hase und Co eine Fettschicht an, von der sie im Winter zehren können. Damit sie über die kalte Jahreszeit kommen, bewegen sie sich daher sehr wenig. Die meiste Zeit liegen sie im Dickicht des Waldes. Dabei darf man die Tiere nicht stören, denn das würde Flucht bedeuten und somit einen riesigen Energieverbrauch. Also beim Schlittenfahren und dem Spaziergang durch den Wald immer auf den ausgewiesenen Wegen bleiben. Auch sollten Hunde im Wald nicht frei laufen, damit die Wildtiere nicht aufgeschreckt werden. 

Bilder