Wahl nie bereut - "Bayreuth ist offener geworden" Michelle Mayer, Miss Volksfest 1991, blickt zurück

Von Norbert Heimbeck

Kult oder Fleischbeschau? Die Meinungen zur Wahl der Miss Volksfest gehen auseinander. Eine Miss, die es zu bundesweiter Berühmtheit brachte, blickt auf das Spektakel zurück: Michelle Mayer errang 1991 die Krone im Bierzelt. Damals war sie noch ein Mann.

 
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Vor fast 25 Jahren war es ein kleiner Skandal im sonst so langweiligen Bayreuth: Die Miss war als Michael Mayer zur Welt gekommen, war als Bub jedoch nie richtig zufrieden und fand irgendwann heraus: Ich bin eine Frau, die in einem falschen Körper leben muss.

Michelle Mayer erzählt: „Ich war damals 21 Jahre alt und habe schon als Friseurin gearbeitet. Es war eine Spinnerei unter Kolleginnen, dass ich mich zur Wahl angemeldet habe.“ Große Gedanken über den Auftritt hat sie sich nicht gemacht, allerdings findet sie es im Rückblick „angenehm, dass wir in Straßenkleidung aufgetreten sind. Heute ist die Wahl schon sehr deutlich auf Fleischbeschau reduziert.“ 1991 trug die Miss Leggins und ein Oberteil, das ein bisschen Bauch frei ließ. Auch die anderen Kandidatinnen zeigten wenig Haut.

Bereut hat sie es nie, bei dem Spektakel mitgemacht zu haben: „Durch meine Wahl zur Miss kam ein Stein ins Rollen. Seither ist die Welt offener geworden“. Die Wandlung von Michael zu Michelle hat Mayer konsequent realisiert, veröffentlichte ihre Lebensgeschichte als Buch, unterstützte Selbsthilfegruppen und machte die Situation Transsexueller zum öffentlich diskutierten Thema. 1994 heiratete sie. Heute betreibt sie in Erlangen erfolgreich einen Friseursalon und arbeitet als Kosmetiklehrerin im dortigen Berufsbildungszentrum bfz.

Manche Reaktion nach der Miss-Wahl hat Michelle Mayer belastet: „Es gab schon welche, die mich als Freundin haben wollten, mich nach dem Outing aber nicht mehr kannten.“ Auch beim damaligen Fremdenverkehrsdirektor Jo Schumacher sei die Geschichte nicht gut angekommen. Sie selbst sagt: „Ich akzeptiere jeden Menschen, wie er ist. Ich würde nie über andere herziehen.“ Deshalb geht sie heute entspannt mit der damaligen Aufregung um: „Der Skandal war ja eigentlich nicht meine Wahl, sondern, dass ich mich im Bikini vor dem Festspielhaus habe fotografieren lassen.“

Nach über 20 Jahren hat Michelle Mayer noch Freunde und Freundinnen in Bayreuth. Obwohl ihr Lebensmittelpunkt inzwischen in Erlangen ist, kommt sich immer wieder zu Besuch: „Auch Städte entwickeln sich. Bayreuth ist viel offener geworden. Bestes Beispiel dafür ist der Erfolg der Aids-Gala.“

Info: Die erste Misswahl war im Jahre 1971. Das damalige Motto war „Miss Hot Pants“. Danach wurde die Wahl in „Miss Bayreuth“ umbenannt. Anfang der 90er Jahre wurde die Veranstaltung zur Wahl der „Miss Volksfest“.

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