Den Grünen warf Söder ständiges Belehren und Besserwissen vor - und den Wunsch, Deutschland und Bayern umerziehen zu wollen. Er hielt ihnen vor, den Weg der Mitte zu verlassen und wieder nach links zu gehen. Herausforderer um Platz eins und beim Kampf ums Kanzleramt würden die Grünen. Doch die Union wolle die Nummer eins in Bayern und im Bund bleiben: "Wir setzen auf Sieg und nicht auf Platz."
Den Rechtspopulisten von der AfD sprach Söder ab, bürgerlich zu sein. Er rief: "Die AfD ist die neue NPD." Nach dem rechtsextremistischen Terroranschlag von Halle mit zwei Toten und mehreren Verletzten attackierte er vor allem den Rechtsaußen-"Flügel" der Partei um Björn Höcke. Das seien "Brandstifter", sagte der CSU-Chef. "Dieser Flügel ist eine verfassungsfeindliche Organisation." Erst ohne Höcke sei mit der AfD "ein normaler demokratischer Dialog wieder möglich".
Der bayerische Ministerpräsident rief die SPD als Partner im Bund dazu auf, sich nach der Wahl der neuen Vorsitzenden endlich für oder gegen den Fortbestand der großen Koalition zu entscheiden. Das ständige Hin und Her müsse rasch ein Ende finden. Deutschland brauche eine stabile Regierung und Europa ein stabiles Deutschland.
Er selbst habe keine Angst vor einer raschen Neuwahl im Bund. Die CSU wolle Stabilität, "aber nicht um jeden Preis", betonte der Parteichef mit Blick auf die anstehende Zwischenbilanz der großen Koalition, die auch mit über den Bestand der Bundesregierung entscheiden soll.
Söder war am 19. Januar erstmals an die Spitze der CSU gewählt worden - als Nachfolger von Horst Seehofer, der das Amt nach massivem internen Druck an seinen langjährigen Rivalen abgeben musste. Bereits im März 2018 hatte Söder Seehofer als bayerischer Ministerpräsident abgelöst. In der Regel wählt die CSU alle zwei Jahre einen neuen Vorstand.
Neun Monate nach seiner Wahl zum CSU-Chef zog Söder einer positive Zwischenbilanz. Noch vor einem Jahr sei die Partei in der Existenzkrise gewesen. Heute sei die Lage anders: Das Ansehen sei gewachsen. Die CSU sei zudem der Anker der Koalition in Berlin. "Wir sind auf dem richtigen Weg." Söder betonte allerdings: "Wir sind erstarkt, aber wir sind lange noch nicht da, wo wir hinwollen."
Auch die fünf künftigen Stellvertreter Söders stehen fest: Die meisten Stimmen bekam der EVP-Fraktionschef im Europaparlament, Manfred Weber: Er wurde mit 93,4 Prozent im Amt bestätigt. Auch Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml wurde mit 84,7 Prozent wiedergewählt. Die Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europaparlament, Angelika Niebler, erhielt 82,5 Prozent.
Neu als Vize gewählt wurde der Augsburger Landrat Martin Sailer mit 83,9 Prozent - er ist der einzige Neue in der Riege der Stellvertreter. Dorothee Bär, die Digital-Staatsministerin im Kanzleramt ist, fuhr mit 71,6 Prozent der Stimmen das eindeutig schlechteste Ergebnis unter den CSU-Vizes ein.
Am Samstag, dem zweiten Tag des Parteitags, will die CSU eine große Parteireform beschließen. Ziel ist, die CSU moderner, jünger, weiblicher und zur führenden Digitalpartei in Deutschland zu machen.
Am Freitagabend lehnte der Parteitag die Forderung nach einer Urwahl des nächsten Unions-Kanzlerkandidaten ab. Die Junge Union (JU) Bayern hatte genau das in einem Antrag verlangt und sich damit gegen Söder und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gestellt, die beide die bisherige Praxis vorziehen, bei der sich die Parteichefs auf einen Kandidaten einigen. Söder selber hatte vor der Abstimmung über den Antrag das Wort ergriffen und um dessen Ablehnung gebeten.
Vor einer Woche hatte die JU auf Bundesebene gefordert, den Kanzlerkandidaten von CDU und CSU per Urwahl zu bestimmen. Darin sehen viele in der Union den Versuch, eine Kandidatur der auch intern umstrittenen Kramp-Karrenbauer zu verhindern. Die Verteidigungsministerin wird an diesem Samstag in München erwartet.