Vor 40 Jahren: Erstmals erste Liga

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Bayreuths erste Bundesliga-Mannschaft (stehend von links): Klaus „Käsi“ Schweizer, Ulrich Kamm, Jonathan Chapman, Gottfried Oliwa, Trainer Peter Müller, Werner Mösch, (vorne von links) Werner „Pablo“ Hartmann, Wolfram Kämpf, Hans Kämpf, Karl-Heinz Graf, Georg Kämpf, Thomas Kämpf. Foto: Gottfried Oliwa Foto: red

1989. Das ist wahrscheinlich die häufigste Antwort auf die Frage nach dem wichtigsten Jahr der Bayreuther Basketball-Geschichte. Wie in jeder Evolution wäre dieser Höhepunkt der Entwicklung mit dem Gewinn von Meisterschaft und Pokal aber unmöglich ohne den Ursprung. So gesehen, jährt sich in diesen Tagen zum 40. Mal nicht weniger als der Urknall des Bayreuther Basketball-Universums: der erstmalige Aufstieg in die Bundesliga.

 
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Die Keimzelle war eine vollkommen bodenständige Mannschaft, die für den Post-SV spielte. Nicht einmal einen auswärtigen Trainer leistete sie sich bei ihrem Vormarsch bis in die damals zweitklassige Regionalliga. Das änderte sich erst mit dem Bamberger Peter Müller, der damals als Coach der bayerischen Jugendauswahl auch ein hoffnungsvolles Bayreuther Nachwuchstalent namens Georg Kämpf betreute.

Mit Jonathan Chapman wurde es professioneller

Als dann auch noch die ersten Amerikaner dazu kamen, ging es weiter aufwärts: Wesley Kilgore, mit dem 1975 der letzte Qualifikationsplatz für die neu geschaffene 2. Bundesliga Süd erobert wurde, stand als in Bayreuth stationierter Militärpolizist noch eher zufällig zur Verfügung.

In der folgenden Saison hielt dann aber die Professionalität Einzug, und zwar in Person von Jonathan Chapman. Der vielseitige Amerikaner brachte nicht nur eine damals in Bayreuth ungewöhnliche Körpergröße mit (1,98 m), sondern vor allem auch schon Erstliga-Erfahrung (Koblenz).

Mit dieser Verstärkung auf der damals einzigen zugelassenen Ausländerstelle gelang auf Anhieb der Durchmarsch durch die neue zweithöchste Spielklasse. Da passend zu diesem Höhenflug das Sportzentrum als neue Spielstätte eingeweiht wurde, nahm der Basketball-Boom seinen Lauf. Bald musste man nach der Zuschauerzahl in der heutigen Nebenhalle nicht mehr fragen, denn aus feuerpolizeilichen Gründen war sie offiziell immer gleich: 918 – ausverkauft!

Mit dem Taxi zum Spiel

Allerdings hing der Aufstieg in die Eliteliga trotz allem am seidenen Faden. „Mit einer Niederlage beim Hauptkonkurrenten Möhringen glaubten wir, unsere Chance schon verspielt zu haben“, erinnert sich Georg Kämpf, der damals als 19-Jähriger schon zu den erfolgreichsten Korbschützen gehörte.

„Schuld war eine Buspanne. Wir haben Taxis gerufen, um die restliche Strecke zu fahren. Noch in den Autos haben wir uns umgezogen und sind ohne Aufwärmen ins Spiel gegangen. Wir waren so voll mit Adrenalin, dass wir trotzdem in der ersten Halbzeit sogar noch gut spielten, aber letztlich ging das Spiel verloren.“ Erst unerwartete Ausrutscher des Titelrivalen ebneten später doch den Weg in die Bundesliga.

Bayreuther bestaunen den Gegner

Auf diesem Neuland bewegten sich die Bayreuther dann zunächst mit ziemlich großen Augen. „Als erster Gast kamen gleich die damals dominierenden Leverkusener zu uns – lauter große Namen“, berichtet Kämpf. „Ich weiß noch, dass wir das Aufwärmen für ein paar Minuten unterbrochen haben, um denen zuzusehen. Die haben Dunkings gemacht – Wahnsinn! Auch im Spiel sind uns dann Dinge begegnet, die wir gar nicht kannten – wechselnde Abwehrsysteme zum Beispiel.“

Folglich konnte es für die Bayreuther in den ersten Jahren nicht um mehr als den Klassenerhalt gehen: „Wir waren immer die Kampfschweine. Schon allein wegen unserer geringen Körpergröße mussten wir sehr aggressiv spielen. Ich glaube, in Bayreuth hat kein Gegner gern gespielt.“ Manchmal musste auch etwas Glück mithelfen. „Der Modus wurde häufig geändert, aber irgendwie spielte uns das immer in die Karten“, erinnert sich Kämpf. „Wenn wir relativ viele Punkte in der Hauptrunde gewonnen hatten, wurden sie in die Abstiegsrunde übernommen; wenn es wenige waren, wurden sie gestrichen.“

Rivalität zu Bamberg entwickelt sich

Da sich Bamberg zu dieser Zeit in ähnlichen Tabellenregionen bewegte, entstand in den Derbys die bis heute leidenschaftlich gepflegte Rivalität. Beliebtes Gesprächsthema unter langjährigen Bayreuther Anhängern blieb vor allem immer das letzte Spiel der Saison 1978/79: Bayreuth gegen Bamberg – der Gewinner schafft den Klassenerhalt, der Verlierer steigt ab. Bayreuth gewann 81:79 durch einen Korb in allerletzter Sekunde, und zwar ausgerechnet durch den Bamberger Manfred Voigt, der in seiner Heimatstadt keinen Platz mehr im Kader gefunden hatte.

Wenn am Sonntag die Brose Baskets als amtierender Deutscher Meister zur Neuauflage des traditionsreichen Derbys in Bayreuth antreten, sind die Voraussetzungen bekanntlich etwas anders. Vergleiche über vier Jahrzehnte hinweg sind für Georg Kämpf aber ohnehin nicht sinnvoll: „Ich bin damals vom Studium in Würzburg aus zum Training gefahren und danach wieder zurück. Das sind andere Voraussetzungen als für die heutigen Profis, die zweimal täglich trainieren.“

Nicht so viel Athletik, dafür mehr Taktik

Mehr Körpergröße, mehr Athletik, höherer Ausländeranteil – um die Entwicklung der Bundesliga in diesen Punkten zu sehen, muss man kein Experte sein. Der 59-jährige Ex-Nationalspieler und spätere Trainer (außer Bayreuth auch in Ludwigsburg, Tübingen, Oberwart, St. Pölten, München) sieht aber noch einen weiteren Unterschied in der Spielweise: „Heute wird das Spiel mehr von Individualisten geprägt, eher in Anlehnung an die NBA. Damals hat dagegen das Coaching noch eine größere Rolle gespielt.“

Die früher längere Angriffszeit von 30 Sekunden habe dazu beigetragen und auch das größere Leistungsgefälle in den Mannschaften: „Es waren Trainer mit Ideen gefragt, wie man die besten Spieler zur Geltung bringt und andere ein wenig verstecken kann.“

So sei es zu erklären, dass früher die Topscorer nicht selten 40 Punkte in einem Spiel gesammelt haben: „Da mussten alle anderen nur schauen, wie man den in Szene setzt.“ Aus eigener Erfahrung nennt er Tom Schneeman als so einen Trainertyp: „Bei ihm hatten wir unterschiedliche Abwehrsysteme, je nach dem, wo der Gegner den Einwurf ausführte.“ Trotz aller Entwicklung der physischen Anforderungen sagt Georg Kämpf daher mit einem Augenzwinkern: „Für den Kopf war das Spiel damals anstrengender als jetzt.“

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