Aufsichtsrat tagt Rechnungshof fordert mehr Kontrolle der Bahn

Ein Zug des britischen Verkehrsunternehmens Arriva. Das Unternehmen ist eine Auslandstochter der Deutschen Bahn. Foto: Peter Byrne Foto: dpa

Neue Gleise, mehr Fahrzeuge, mehr Kunden: Damit mehr Menschen Zug fahren, pumpt der Bund Milliarden in die Bahn. Muss er dem größten Staatskonzern auch genauer auf die Finger gucken?

 
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Berlin - Der Bund muss aus Sicht des Bundesrechnungshofs strenger kontrollieren, was die Bahn mit den Milliarden aus der Staatskasse macht.

Der wirtschaftliche Einsatz der Mittel sei "nicht abgesichert", heißt es in einem neuen Bericht der Finanzkontrolleure. Vor Kurzem erst hatte die Behörde auf die schwierige Finanzlage des größten deutschen Staatskonzerns aufmerksam gemacht.

Die Bahn hat allein in diesem Jahr eine Finanzlücke von drei Milliarden Euro - trotz steigender Fahrgastzahlen. Allein im Fernverkehr mit ICE und Intercity fuhren laut Statistischem Bundesamt im ersten Halbjahr 2019 rund 72,3 Millionen Reisende, 1,7 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Der Aufsichtsrat sucht neue Geldquellen. So sollen bis zu zwei Milliarden Euro über eine neue Anleihe eingesammelt werden, wie aus dem Umfeld des Gremiums zu hören war. Weitere Milliarden für die Eisenbahn in Deutschland könnte der geplante Verkauf der Auslandstochter DB Arriva bringen. Dafür werden dem Vernehmen nach in den nächsten Wochen bindende Angebote erwartet.

Die Kritik des Rechnungshofs wies die Bahn zurück. "Er fordert vor allem eins: einen überbordenden Wust an Bürokratie." Man lege schon heute jährlich einen detaillierten Bericht zum Zustand des Netzes vor, der dem Bund zur Kontrolle des Mitteleinsatzes diene.

Bund und Bahn hatten vereinbart, deutlich mehr Geld in Erhalt und Instandsetzung der Schienenwege zu investieren. Ein immenser Sanierungsstau ist abarbeiten, weil viele Gleise, Weichen und Brücken marode sind. Für zehn Jahre sind dafür 86 Milliarden Euro vorgesehen, davon 24 Milliarden von der Bahn. Zuvor waren diese Vereinbarungen für fünf Jahre geschlossen worden.

Der Rechnungshof warnte vor der Gefahr, dass bei dieser geplanten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn "systemische Mängel" für ein Jahrzehnt konserviert blieben. Die Bahn erwiderte, die von der Politik gewünschte Verdoppelung der Fahrgastzahlen sei nur mit langfristig geplanten und finanziell abgesicherten Programmen umzusetzen.

Würden die Budgets für das Gleisnetz wie vom Rechnungshof gefordert in Zwei-Jahres-Scheiben zur Verfügung gestellt, müsste der Bund noch tiefer in die Tasche greifen. Baupreise würden explodieren, Planungen würden nicht über mehrere Jahre vorangetrieben und Baufirmen könnten nicht die notwendigen Kapazitäten bereitstellen, warnte die Bahn.

Der Bundesrechnungshof hatte auch empfohlen, dass sich die Bahn Gedanken darüber macht, die internationale Logistiktochter Schenker zu verkaufen - was der Vorstand bislang ablehnt. Die Verkaufspläne konzentrieren sich auf Arriva; die Bus- und Bahntochter ist in 14 europäischen Ländern aktiv.

Klappt ein Komplettverkauf nicht, soll Arriva an die Börse gehen, zunächst mit einem Minderheitsanteil, später auch komplett. Seine Schuldenobergrenze hat der Konzern schon erreicht, inklusive Leasingverbindlichkeiten sind es rund 25 Milliarden Euro.

Der Aufsichtsrat beriet zudem über Sachstandsberichte zum schwierigen Bauprojekt Stuttgart 21. Erwartet wurde auch ein Prüfbericht der Gesellschaft EY, die fragwürdige Beraterverträge mit Ex-Bahn-Managern aus den Jahren 2010 bis 2018 unter die Lupe genommen hatte.

Wie in Aufsichtsratskreisen zu hören war, wollte der Konzern die Möglichkeit prüfen, frühere Vorstände zur Kasse zu bitten. Auch Abmahnungen oder Rügen für Verantwortliche waren zuletzt im Gespräch. Nach Informationen des Redaktionsnetzwerks Deutschland könnte beschlossen werden, Beraterverträge mit Politikern und Ex-Vorständen zu beschränken und nur noch in Ausnahmefällen zu ermöglichen.

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