Verkehrswende Auf die letzte Meile kommt es an

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Symbolfoto: dpa Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Abgase, Feinstaub, Lärm – eine Verkehrswende weg vom Auto hin zu alternativen Verkehrsmitteln tut not. Was allerdings gerade im ländlichen Raum zahlreiche Probleme aufwirft. Wie es um die Mobilität in Oberfranken bestellt ist, welche Möglichkeiten zur Vernetzung von Verkehrsträgern es gibt und wie Kommunen und Bürger profitieren können, darüber diskutierten Entscheidungsträger aus dem Verkehrsbereich zusammen mit Bürgermeistern aus der Region auf einer Mobilitätskonferenz in Bayreuth.

 
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Eingeladen hatte das Eisenbahnverkehrsunternehmen Agilis. Deren betrieblicher Geschäftsführer Axel Henninghausen betonte, dass das Zugfahren im Trend unserer Zeit liege. Immer mehr Menschen würden die Mobilität hinterfragen und zum Schluss kommen, dass die Kosten des Automobils zu hoch sind – für den Einzelnen, aber auch für den Planeten.

In Oberfranken gibt es noch ein vergleichsweise gut ausgebautes Eisenbahnnetz, auf dem ein Stundentakt angeboten werden kann, „das Mindestmaß dessen, was man unter einem Taktverkehr versteht“. Nur müsse, anders als vielleicht in Großstädten mit einem Fünf-Minuten-Takt, die Reisekette auch stimmen, die Anschlüsse müssen passen, sonst verliere der öffentliche Verkehr sehr schnell an Attraktivität, werde die Reise zeitlich unzumutbar.

Der Schienenpersonennahverkehr hat sich laut Henninghausen in den Jahren nach der Bahnreform ziemlich dynamisch entwickelt. Immer mehr Fahrgäste würden die Bahn benutzen, als Ergänzung zum Auto. Der entscheidende Punkt sei allerdings die sogenannte letzte Meile, also der Weg vom Bahnhof zum eigentlichen Reiseziel. Von Bahnhof zu Bahnhof gesehen könne die Bahn in Oberfranken mit dem Auto recht gut mithalten. Allerdings zähle beim Auto die Zeit vom Start zum Ziel. Die interessante Frage sei, ob es gelingt, mit der Verknüpfung der Verkehrsträger die ganze Reisekette gleichwertig zum Auto herzustellen. Hier sei in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch einiges zu tun.

Als Kernthema für die Zukunftsfähigkeit unserer Region sieht Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz das Thema Mobilität. Für die Bevölkerung, die Touristen und die Wirtschaft brauche man zuverlässige, umweltfreundliche und gut ausgebaute Verkehrsmittel.

Ausbau der Fahrradabstellanlage in Bayreuth

Wichtige Bausteine seien der Anschluss der noch fehlenden oberfränkischen Landkreise an den Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN), die Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale, Stärkung der Bahnanbindung Bayreuths und der Ausbau des Radwegenetzes. „Sicher ist allerdings“, so Piwernetz, „dass im ländlichen Raum das Auto unverzichtbar bleiben wird.“ Hybrid- und Elektrofahrzeuge, autonomes Fahren und die Wasserstofftechnologie stünden aktuell im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.

Auf die Digitalisierung des Verkehrsbereiches, ob öffentlich oder individuell, setzt die Bayreuther Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Die Vernetzung wird optimiert, Reisewege effektiver gestaltet. Reisende wollen ihre Reisezeit nicht nur verkürzen, sondern auch besser nutzen.

Die verbesserte Verknüpfung der öffentlichen und individuellen Verkehrsträger ist laut Merk-Erbe eine der wichtigen Herausforderungen der kommenden Jahre. Auch die Stadt Bayreuth leiste hierzu ihren Beitrag: „Noch in diesem Jahr wollen wir mit dem Ausbau der Fahrradabstellanlagen am Hauptbahnhof beginnen, um so zur Attraktivitätssteigerung beizutragen.“

„Sie sind in einer besonderen Bahnregion“, wies Günter Finzel, der Leiter der Stabsstelle Strukturentwicklung der Stadt Bayreuth, die Konferenzgäste hin: „Wir haben in Oberfranken eine der größten Dieselinseln in Deutschland. Millionen Kilometer werden im Jahr mit Dieselfahrzeugen gefahren.“ Und das, obwohl die Bahn das beste Verkehrsmittel in Sachen Elektromobilität sei. Die Bayreuther Realität sei die Eingleisigkeit ohne Fahrdraht. Allerdings habe man in Bayreuth derzeit, so Finzel, „den besten Fahrplan aller Zeiten“, mit Halbstundentakt nach Nürnberg und abgestimmten Anschlüssen.

Eintrittskarte nach Nürnberg

Finzels Thesen: Auch für den ländlichen Raum hat die Schiene Zukunft; die Bahn ist das Rückgrat der neuen Mobilität. Allerdings funktioniere die Mobilität der Zukunft nicht, wenn die Mobilität der Gegenwart nicht modernisiert werde. Und: Alternative Antriebe wie Wasserstoff können beispielsweise bei kleinen Stichbahnen zum Einsatz kommen, das beste System bleibe allerdings der Fahrdraht.

Veränderungen gehen nicht alleine, sondern seien eine Gemeinschaftsaufgabe. Ein gut vernetzter und günstiger öffentlicher Personennahverkehr könne auch einer weiteren Herausforderung der Region, dem Bevölkerungsschwund und der Abwanderung junger Menschen in die Ballungsräume entgegenwirken. Daher streben derzeit einige oberfränkische Kommunen wie Kulmbach, Hof, Coburg, Kronach und Wunsiedel den Beitritt zum Verkehrsverbund VGN an. Die Krux dabei: Den Vorteilen des VGN stehen hohe Kosten entgegen.

Für Günter Finzel von der Stadt Bayreuth ist das VGN-Ticket auch eine Eintrittskarte in den Verdichtungsraum Nürnberg. Bayreuth sei mit dem Umland mit der Bahn, den Umland- und Stadtbussen sowie den Anruftaxis multimodal gut verknüpft. Die Frage sei allerdings, ob das Angebot auch in Zukunft angesichts steigender Mobilitätsbedürfnisse ausreicht. „Wir müssen uns weiter entwickeln von einem Tarifverbund hin zu einem Mobilitätsverbund.“ Am Ende sei es entscheidend, dass die Menschen gelernt haben, die einzelnen Verkehrsträger auch zu nutzen und zu verknüpfen und die Möglichkeit haben, die für sie beste Reisekette zu wählen. „Und für die Region ist es am schönsten, wenn diese Reisekette elektrisch ist.“

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