"Aus der Zeit gefallen und einfach sinnlos"
Die Stadt sei vielfältiger, kleinteiliger geworden. Die vorhandenen Massenverkehrsmittel - U-Bahn, S-Bahn und Straßenbahn - reichten für diese Verkehre völlig aus, betont Knie. "Die Idee, jetzt einen ganz neuen Verkehrsträger zu bauen in einer hochverdichteten, hochversiegelten Stadt, ist aus der Zeit gefallen und einfach sinnlos." Es dränge sich der Verdacht auf, dass die Regierungsfraktion mit dem Vorschlag von den wirklich wichtigen Problemen der Berliner Verkehrspolitik ablenken wolle - allen voran vom Konflikt rund um die Aufteilung des öffentlichen Straßenraums.
Noch schärfere Kritik kam vom Berliner Landesverband im Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Insbesondere der Vorschlag, die Magnetbahn aus dem Berliner Klima-Sonderfonds zu finanzieren, sei "eine absolute Verhöhnung aller Menschen, die ernsthaft den Klimaschutz schnell voranbringen wollen", teilte der Verband mit. "Die Klimakrise ist zu bedrohlich, um mit ihr nach Art einer Spaßpartei umzugehen. Phantasieprojekte aus Beton leisten keinen Beitrag für die Klimaschutzziele."
Schnell, leise und effizient
Dabei haben Magnetschwebebahnen prinzipiell einen guten Ruf. Angetrieben werden sie nicht von Motoren, sondern von Magnetfeldern entlang der Trasse. Sie haben auch keine Räder, sondern schweben einige Zentimeter über der Schiene. Magnetschwebebahnen gelten als schnell, leise und effizient. Die Technik gibt es seit Jahrzehnten.
Das in Deutschland bekannteste Verkehrssystem dieser Art ist der hierzulande von Siemens und Thyssenkrupp entwickelte Transrapid. Im Einsatz ist er in Deutschland allerdings nirgendwo. Das liegt auch an der tragischen Geschichte: Im Jahr 2006 verunglückte ein Transrapid auf einer Versuchsstrecke im Emsland. Mit rund 170 Stundenkilometern und mehr als 30 Fahrgästen an Bord raste der Zug auf ein Wartungsfahrzeug auf der Strecke. 23 Menschen starben.
Dass sich die Technik in Deutschland nicht durchgesetzt hat, hat laut Verkehrsforscher Knie aber auch andere Gründe: "Magnetschwebebahnen als Verkehrsmittel machen nur Sinn auf Entfernungen von mehreren hundert Kilometern", sagt er. "Das führt in einem hochverdichteten Land wie Deutschland immer zu Problemen. Da ist Deutschland der falsche Ort für."
Sinnvoll im transeuropäischen Eisenbahnverkehr?
Insbesondere in Westeuropa und den meisten Industriestaaten sei die vorhandene Zuginfrastruktur zudem so weit ausgebaut, dass eine völlige Neukonzeption mit Magnetschwebebahnen wenig Sinn ergebe. Zumal die modernen Hochgeschwindigkeitszüge, was das Tempo angeht, inzwischen durchaus konkurrenzfähig seien.
Infrage kämen Magnetschwebebahnen hingegen bei Planungen für den transeuropäischen Eisenbahnverkehr, insbesondere in Richtung Osteuropa. "Ob nach Warschau, Kiew oder irgendwann auch mal wieder Moskau: Überall dort, wo die Schieneninfrastruktur nicht gut ist, wo wir aber hinwollen, macht die Fernverkehrstechnologie Sinn", sagt Knie.
Nun bleibt abzuwarten, wie es in Berlin weiter geht. Es gibt weder einen Senatsbeschluss noch sind im aktuellen Haushalt konkrete Mittel dafür vorgesehen. Die Idee an sich ist allerdings nicht neu. In der Diskussion war auch schon eine Strecke vom Stadtrand bis zum Hauptstadtflughafen BER. Ob diese Strecke wie einst in München vorgesehen innerhalb von zehn Minuten zu bewältigen wäre, dazu gibt es in der Hauptstadt bislang keine öffentlich geäußerten Schätzungen.