Verein Casayohana So hilft eine Creußenerin Gewaltopfern in Peru

In Andahuaylas, Peru, hat Sabine Vogel (rechts) eine zweite Heimat gefunden: Die meisten Peruaner, sagt sie, wollen ein besseren Leben. Foto: Casayohana

Peruanische Frauen sind häufig von häuslicher Gewalt betroffen. Einen Neuanfang bekommen sie bei der Krankenschwester Sabine Vogel. Sie verließ vor zwölf Jahren ihre Heimat Creußen, um zu helfen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Eine Krankenschwester aus Creußen engagiert sich in Peru für Gewaltopfer. Dafür gab sie ihren Job an der Uniklinik Erlangen auf. Sabine Vogel arbeitet seit zwölf Jahren in Andahuaylas. Die Stadt liegt auf 3000 Metern in den Anden, die Region ist geprägt von Armut und Tagelöhnern.

Noemi, Ester, Luz Marina, Guadalupe, Lupe di Rut, Mariella, Esperanza. Die ersten sieben Mädchen wohnen seit vergangenem Jahr im Vereinszentrum von Casayohana. Deutsche und peruanische Physiotherapeuten kümmern sich um die Frauen, zwei Psychologen und vier Lehrer helfen mit.

„Der einzige Weg wie Frauen und Jugendliche aus den gewalttätigen Familien herauskommen, ist Bildung“, sagt Sabine. Weil Frauen noch vom Einkommen der Männer abhängig wären. In Peru gebe es keine klassischen Lehrberufe wie in Deutschland. „Schreiner und Maurer lernst du vom Vater“, sagt Sabine. Alles andere müsse man studieren. Jugendliche aus dem Hochland kommen nach Andahuaylas und suchen sich einen Mini-Job in der Gastronomie, um Zimmer und Studiengebühren zu zahlen. Diese Jobs fielen mit Corona weg. Sie mussten zurück in ihre Dörfer. „Und im Dorf herrscht eine strenge Familienhierarchie“, sagt Sabine, „Wer nicht hört, bekommt Gewalt zu spüren und wird beleidigt.“

Sabine kennt zwei Studentinnen, die versuchten, sich deswegen das Leben zu nehmen. Eine von ihnen hat es nicht überlebt.

Der Verein betreut noch mehr Kinder, die in den Dörfern im Hochland leben. Sabine gab ihnen Handys, damit die Casayohana-Lehrer engen Kontakt hielten. 25 Mitarbeiter hat der Verein, immer wieder kommen Freiwillige nach Peru. In Deutschland unterhält der Verein eine Stiftung, der Spenden sammelt. 30 Ehrenamtliche engagieren sich hier.

Einmal in der Woche veranstaltet der Verein die „Lebensschule“: Jugendliche und Frauen lernen, wie sie selbstständiger werden, wie sie mit Geld umgehen sollen und reden darüber, was sie mit ihrem Leben machen wollen.

Ergebnisse sehe Sabine jeden Tag: „Unglaublich, wie sich ein Mensch verändert, wenn er merkt, er hat einen Wert.“ Dabei habe sich die Situation zu Hause noch kaum verändert. Sabine kam mit 40 Jahren nach Peru. In ihrem „deutschen Leben“ hatte sie immer aufs Geld geschaut. Die Peruaner machten das nicht. „Je höher die Dörfer und je ärmer die Leute werden, desto großzügiger sind sie mit dir“, sagt sie. Sie ist zwar 1,70 Meter groß, werde aber von den zierlichen Peruanern „Binesita“ genannt, also Bienchen. Bei jedem Besuch bekommt sie einen Tee oder ein ganzes Mahl aufgetischt: „Das, was die Leute mit dir teilen, fehlt ihnen dann.“

Sabine ist in Creußen aufgewachsen. Ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Kirchengemeinde war sie immer wichtig. „Wenn du Menschen hast, die an dich glauben, schaffst du ganz viel“, sagt sie. Aus Dankbarkeit wollte sie sich engagieren. Weil Menschen in ärmeren Ländern nicht dieses Glück haben: „Die Gewalt, die Armut kommt nicht von allein. Die Wenigsten haben Schuld an ihrer Situation.“

An der Uniklinik Erlangen hörte sie von einem Missionskrankenhaus in den Hochanden von Peru. Und bewarb sich. Zwei Jahre lang war sie die Leiterin der Intensivstation und der Notaufnahme. Sie sah ihre Patienten entblättert auf dem Behandlungstisch. Viele Frauen und Kinder hatten Narben, Blutergüsse, Knochenbrüche. „Die hatten sie von den Misshandlungen daheim“, erzählt Sabine. Sie wollte helfen. Und obwohl die Uniklinik ihr eine Stelle freigehalten hat, „konnte ich einfach nicht zurückgehen.“

2014 gründete sie den Verein Casayohana. In Andahuaylas traf sie sich mit Kirchenmitgliedern, Politikern und Freiwilligen. Sie sah: Viele Familien sind dysfunktional. Armut, Alkoholismus und Gewalt seien alltäglich. 2016 erhob der peruanische Staat eine Studie: 79,1 Prozent sei die Rate für häusliche Gewalt gegen Frauen im Bundesstaat Apurímac, wo Sabine heute lebt.


Info-Veranstaltung in der Christus-Gemeinde Creußen:

Am Sonntag, 3. April 2022, erzählt Sabine Vogel im Zuge des Gottesdienstes der Christus-Gemeinde Creußen von den peruanischen Studentinnen, der Lebensschule und der Gastfreundschaft der Peruaner. Ab 14.30 Uhr zeigt die Casayohana-Leiterin Bilder von der vorwiegend indigenen Bevölkerung.

Weil Gewalt ein zentrales Thema sein wird, bieten die Verantwortlichen eine Kinderbetreuung an. Die Anmeldung dafür erfolgt unter der Telefonnummer 0 92 70/15 49.

Spenden kann man unter: Weber-Bank, IBAN DE08 1012 0100 1700 0173, Verwendungszweck: 21-0 oder „Casayohana“. Aktuelle Informationen gibt es auf www.casayohana.org.

Autor

Bilder