VdK-Kampagne in Bayreuth Stille Demo für pflegende Angehörige

Peter Rauscher
Was pflegende Angehörige bewegt: Auf 200 Schildern sollen Sätze wie diese am 21. Juni auf dem Bayreuther Stadtparkett auf die Situation einer besonders belasteten Personengruppe aufmerksam machen. VdK-Kreisgeschäftsführer Christian Hartmann und VdK-Bezirksgeschäftsführerin Andrea Stühler-Holzheimer stellten die Kampagne vor. Foto: Peter Rauscher

Pflegende Angehörige werden nach Ansicht des VdK von der Politik sträflich vernachlässigt. Der Sozialverband fordert deshalb Entlastungen für die häusliche Pflege und hat die Kampagne #naechstenpflege gestartet. Am Dienstag, 21 Juni, sollen seine Forderungen bei der zentralen „stillen Demo“ für Oberfranken auf dem Stadtparkett in Bayreuth sichtbar werden.

 
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Jutta Bühl kümmert sich seit mehr als eineinhalb Jahren um ihren Vater, der an Alzheimer leidet. Sie ist voll erwerbstätig, lässt sich unterstützen von Essen auf Rädern und einer Putzhilfe. „Wir wollen, dass er zu Hause bleibt, solange es geht“, sagt sie. Sie vermisst aber ausreichende Unterstützung, wenn sie ihrem Vater zuliebe öfter mal der Arbeit fern bleiben müsste.

Zu wenig als Entlastung

Michaela Ziegler kümmert sich um ihre schwerstbehinderte Tochter, die wegen spastischer Lähmungen auf den Rollstuhl und auf Hilfen in fast allen Bereichen angewiesen ist. Für die Verhinderungspflege zahlt die Kasse nur sechs Stunden im Monat einen Pflegedienst – wenn sie in Bayreuth überhaupt einen findet. Das ist zu wenig als Entlastung, sagt sie. „Vergangenes Jahr reichte es gerade für vier Tage Urlaub an der Ostsee.“ Sie will sich um ihre Tochter kümmern, aber rund um die Uhr für sie da zu sein, sei eine starke emotionale und körperliche Belastung.

Keine Zeit für Demos

Fälle wie diese gibt es viele. Mehr als 70 Prozent der pflegebedürftigen Menschen werden von den Angehörigen zuhause versorgt, fast jeder zweite sogar ausschließlich von Angehörigen, sagt Andrea Stühler-Holzheimer, die neue VdK-Bezirksgeschäftsführerin für Oberfranken. Pflegende Angehörige hätten keine Zeit, für ihre Anliegen zu demonstrieren. Deshalb habe sich der VdK ihrer angenommen und im Mai die bundesweite Kampagne #naechstenpflege gestartet.

Was der VdK fordert

Darin fordert der VdK unter anderem:

Ein Zusammenlegen von Entlastungsleistungen, Verhinderungs- und Kurzzeitpflegeleistungen in ein Budget, das dann flexibler eingesetzt werden kann.

genügend Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflegeplätze

unabhängige Pflegeberatungen

eine eigene finanzielle Leistung für pflegende Angehörige

Rückkehrrecht in den Beruf

Rentenpunkte wie für Kindererziehung, auch wenn die Pflegenden schon selber in Rente sind.

Pflegedienste kaum zu bekommen

Ambulante Pflegedienste seien in Bayreuth immer schwerer zu bekommen, in Pegnitz habe gerade eine Sozialstation wegen Fachkräftemangels geschlossen, sagt VdK-Kreisgeschäftsführer Christian Hartmann. Auffangen würden den Personalmangel immer mehr die Angehörigen. „Das ist der größte Pflegedienst Deutschlands.“ Mehr als ein Drittel dieser Menschen fühlt sich aber extrem belastet und kann die Pflege kaum noch bewältigen, ergab eine Studie der Hochschule Osnabrück im Auftrag des VdK. Der Pflegenotstand zwinge dazu, die Dinge neu zu denken.

Stille Demo

Um auf das Anliegen aufmerksam zu machen, werden am 21. Juni von 10 bis 17 Uhr auf dem Stadtparkett in Bayreuth 200 Schilder auf einer „stillen Demo“ zu sehen sein, auf denen pflegende Angehörige zum Ausdruck bringen, was sie belastet und was sie empfinden. Stühler-Holzheimer: „ Jedes Schild steht für einen pflegenden Angehörigen, der nicht selbst kommen kann.“

Mehr Infos unter www.vdk-naechstenpflege.de

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