Urlaub daheim Wandern, wo andere malen gehen

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WAISCHENFELD. Felsen, Bäche und Burgen laden in der Fränkischen Schweiz zu wunderschönen Wanderungen ein. Hier lassen sich spannende Landschaften erneut entdecken.

 
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Geradezu trotzig reckt sich oberhalb von Waischenfeld der Steinerne Beutel empor. Daneben ragen die kantigen Mauern der Burg aus der grünen Hügellandschaft. Gegenüber begrenzen schroffe, bewaldete Felsen das Tal. Zu Füßen des Wanderers wälzt sich gemächlich die Wiesent nach Süden. Unweit von hier, im nicht weniger idyllischen Oberailsfeld, lebt die Malerin Eva Thiele.

Auf einem Felsen, hoch oberhalb des Dorfes. „Eins sein mit der Natur - das steckt ganz tief in mir drin“, sagt sie. Seit mehr als 40 Jahren malt sie ihre Umgebung. Mehr als 500 Ölgemälde, Aquarelle, Radierungen, Gouachen und Zeichnungen entstanden auf diese Weise. In den vergangenen Jahren vermittelte die Kunsterzieherin auch Dutzenden von Neugierigen und wahrscheinlich Hunderten von Schüler, wie man die spektakuläre Natur ins Bild setzt. Die tiefgestaffelten Ansichten wirken wie Bühnenbilder. Von einer mächtigen Hand geschaffen. Hinter jeder Anhöhe wartet schon das nächste Arrangement. Das macht die Fränkische Schweiz so reizvoll für Maler, Fotografen, Naturfreunde und die Wanderer.
Eva Thiele kennt die schönsten Plätze in der Fränkischen Schweiz. „Wir leben doch hier in einem Paradies“, kommt sie ins Schwärmen. Und sie weiß, wovon sie spricht. Ihre Zulassungsarbeit für das Erste Staatsexamen an der Akademie für bildende Künste München hat sie über die Fränkische Schweiz geschrieben. Dafür zog sie kreuz und quer durch den Landstrich mit dem rauen Charme.
Bereits 1793 entdeckten die Schriftsteller Wilhelm Heinrich Wackenroder und Ludwig Tieck aus Berlin die ungewöhnliche Landschaft im Dreieck zwischen Nürnberg, Bayreuth und Bamberg. Die Fränkische Schweiz dürfte also zu den ältesten Urlaubsregionen Deutschlands gehören. Für nicht wenige ist sie sogar die Wiege der Romantik. Der Schriftsteller Josef Heller aus Bamberg gab der Region mit ihren Hügeln und tiefen Tälern 1829 ihren Namen. Er schrieb: „Was die Schweiz im Großen gibt, findet man hier im verjüngten Maßstab, und oft für das Auge angenehmer.“ Der Landstrich mit den Wacholderhängen hat seinen Zauber nicht verloren.

Eva Thiele kehrt immer wieder gern zu ihren Lieblingsplätzen zurück, wie sie sagt. Ihr bevorzugtes Ziel: die Hohe Leite bei Haßlach, Stadt Pottenstein. Schwärmen kann sie auch für das Lochautal mit Weinberg bei Plankenfels und die Weiße Marter bei Moschendorf, Markt Gößweinstein. Besondere Anziehungskraft hat der Weiher bei Eichenbirkig. Immer wenn sie malt, tritt die Künstlerin in ein Zwiegespräch mit der Landschaft. Sie spürt Strukturen auf und fängt die Stimmungen ein. Ihre Lieblingsorte sind für Eva Thiele aber auch Gelegenheiten für Muße und Entspannung. Dort sammelt sie Kraft. „Wir laufen allzu oft mit einem Brett vor dem Kopf durch die Gegend. Vieles nehmen wir gar nicht mehr wahr“, sagt die Malerin mit dem Auge für die Natur.

Ähnlich geht es Edmund Meidenbauer aus Nankendorf. Seit 15 Jahren führt er Wanderer gruppenweise durch die Fränkische Schweiz, von Brauerei zu Brauerei. Da bekommt er mit, was Auswärtige empfinden, wenn sie in Tälern und auf Höhen zwischen Wald und senkrechten Kalkfelsen an Burgen vorbei unterwegs sind. „Ihr habt es hier so schön“, höre er immer wieder, schildert der Wanderführer nach etlichen Plaudereien mit Gästen unterwegs. „Aber wir sehen das schon gar nicht mehr“, sagt Meidenbauer über die ungewöhnliche Landschaft, die ihn umgibt. „Wir haben Urlauber, die waren schon zehn-, 20- oder gar 25-mal hier“, sagt er. Schließlich gebe es mit dem Fliegenfischen und Kanufahren Angebote, die man sonst nicht so leicht finde. Und das Bier, das in jedem Ort anders schmecke.

Auch Edmund Meidenbauer hat einen Lieblingsplatz. Das ist der Hirschensprung, ein freier, hoch liegender Platz auf einem Felsen südlich von Nankendorf. Hoch oberhalb von Wiesent und Landstraße. So hoch, dass der Motorenlärm kaum hinauf reicht. Von dort aus sieht man Nankendorf mit der St.-Martin-Kirche und die Wetterfahne. Auf dem Hirschsprung geht Edmund Meidenbauer, wenn er den Alltag hinter sich lassen will.

Urlaub daheim ist auch eine Gelegenheit, die Fränkische Schweiz mit anderen Augen zu erleben. Waischenfeld bietet neben dem Steinernen Beutel, Burgen und Brauereien auch Ausstellungen des Kunstforums und ein weitläufiges Freibad. Wer mit Kind auf Tour geht, dem empfiehlt sich in Nankendorf ein Abstecher auf den Spielplatz. Er liegt im Ort hinter dem Torbogen. Wer mehr will, den erwarten fast 170 weitere mittelalterliche Burgen und über 1000 große und kleine geheimnisvolle Höhlen, die in den zuweilen heißen Sommermonaten Abkühlung bieten.

Die Wegewarte haben in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet. Wer in der Fränkischen wandern will, findet dort ein gut ausgeschildertes Wegenetz vor. Und so laden romantische Täler, gesäumt von senkrechten Kalkfelsen und zahlreiche Burgen die Urlauber ein. Der Wanderer findet alles, was er sucht. Und nicht selten stößt er auf eine der zahlreichen Kleinbrauereien. Das Landbier ist der Stolz der Menschen in der Fränkischen Schweiz.

Info: Die Malerin Eva Thiele betreibt ein digitales Atelier im Internet. Ihre Bilder sind bei www.evathiele.de zu sehen.


Als Najgschmäggda

Das ist schon viele Jahre her, aber unvergessen: Anfang der 1980er Jahre saßen wir Studenten in Heckenhof im Wirtshaus. Leicht angeheitert vom dunklen Bier und begeistert von der Brotzeit. Nach einer Weile setzte sich eine alte Dame an unsern Tisch. Freundlich begann sie zu plaudern und verabschiedete sich zufrieden, als sie von jedem wusste, woher er kam und was er in Bayreuth so macht. Erst Tage später erfuhr ich, dass es die Kathi war. Erst Jahre später begriff ich, welch hohes Ansehen die Kathi in der ganzen Region genoss. Mehr als Bier und Brotzeit war es sie, die mich neugierig gemacht hat auf die Fränkische Schweiz. Inzwischen empfinde ich Dankbarkeit, wenn ich mit Einheimischen wie Eva Thiele und Edmund Meidenbauer ins Gespräch über die Fränkische Schweiz komme und meine Gedanken teilen kann.

Fast 40 Jahre lebe ich nun als najgschmäggda Preiß‘ in Bayreuth. Und genieße Felsen, Bäche, Bier und Brotzeit vor der Haustür. Wahrscheinlich so wie kein Einheimischer, weil all das für mich immer noch etwas Neues ist. Steile Kalkfelsen, Bachläufe und enge Täler gibt es sonst wohl nirgendwo so konzentriert wie bei uns.

Vor Jahren saß ich mit vier Schönheiten aus der näheren Umgebung bei Wein und Käse auf der Neubürg. Der Tafelberg ist bekanntlich ein Ort der Muße und der Kraft. Auch die Malerin Eva Thiele und der Wanderführer Edmund Meidenbauer kennen das Gefühl: Dort oben fällt einem die Unrast aus den Gliedern. Wenn die Sonne im Westen versinkt, ist das ein grandioser Moment. Oben auf der Neubürg, dem Alltag entrückt, wirken ein paar Stunden Ruhe ganz erfrischend. Die Vielfalt der Landschaft kann sich der Wanderer leicht zunutze machen. Insbesondere nach den langen, lichtarmen Wintermonaten. Meine Lieblingsstrecke beginnt in Oberhauenstein und führt ins Puttlachtal an den hohen Felswänden entlang. Dann biegen wir Richtung Osten ab und laufen wenige Hundert Meter Richtung Hollenberg, um rechts abzubiegen. Am Hang hinauf geht es dann Richtung Elbersberg. Oben auf der Höhe angelangt, genießen wir die Weite und tanken Sonne. Wir lassen den Kapellenhof links liegen und wandern am Aussichtsturm vorbei Richtung Burg Pottenstein. Je nach Laune und Jahreszeit biegen wir manchmal rechts ab und steigen hinunter zur Püttlach, um zurück nach Oberhauenstein zu kommen.


Einkehrtipps

Bei Elbersberg (Stadt Pottenstein) befindet sich der Gasthof Kapellenhof. Dort gibt es einen schattigen Garten und einen Kinderspielplatz.

In Nankendorf befindet sich die Brauereigaststätte Schroll. Dort gibt es exzellentes Dunkles und Brotzeiten.

In Breitenlesau liegt der Brauereigasthof Krug. Dort gibt es ein süffiges Bier und eine umfangreiche Speisekarte mit bürgerlicher Küche.

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